GI-Radar 181: Gefährliche Sensationslust

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

nach der Erstausgabe des neuen GI-Radars haben wir viel Zuspruch erhalten. Darüber haben wir uns sehr gefreut, vielen Dank! Es gab auch einige Verbesserungsvorschläge, über deren Umsetzung wir nun nachdenken. Bitte bleiben Sie so kritisch! Künftig geben wir hinter allen Links die Lesezeit an, wenn diese mehr als fünf Minuten beträgt. Außerdem gibt es für eilige Leser eine Stichwortliste mit den Themen.

Zum Inhalt: Der Sensationslust vieler Medien ist es geschuldet, dass es zuletzt viel Verwirrung um die Sicherheit des populären Dienstes WhatsApp gab. Wir haben für diese Ausgabe ganz unaufgeregt die Fakten gesammelt und wünschen nun viel Freude mit der Lektüre.

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ePrivacy-Richtlinie + Moore's Law + Open Source Playbook + 10 Jahre iPhone + WhatsApp: Backdoor? + Android und iOS: Updates + Videos: Intelligente Systeme + GI-Junior-Fellows + GI-Bahn-Ticket + INFORMATIK 2017 + Befragung: digitale Souveränität

KURZMITTEILUNGEN

ePrivacy-Richtlinie nicht konsequent genug (netzpolitik, 11 min). Die EU-Kommission hat ihren Vorschlag für die Neufassung der ePrivacy-Richtlinie vorgestellt. Diese Richtlinie konkretisiert die EU-Datenschutz-Grundverordnung, etwa beim Schutz vor Tracking. Viele Datenschützer sind mit dem Vorschlag allerdings unzufrieden. Offenbar wurden die Vorgaben auf Druck der Industrie entschärft.  weiterlesen

Moore's Law ist am Ende (Spiegel Online, 6 min). Gordon Moore beobachtete vor 50 Jahren, dass sich die Anzahl der Komponenten auf einem Schaltkreis jedes Jahr ungefähr verdoppelt. Nun stößt die Miniaturisierung an physikalische Grenzen. Die Chip-Hersteller verfolgen daher neue Ansätze, etwa das Stapeln vieler Schichten.  weiterlesen

US-Außenministerium propagiert Open-Source-Lizenzen (netzpolitik). Die scheidende Obama-Regierung hat ein Bekenntnis zur Verwendung von Open-Source-Software in Bundesbehörden herausgegeben.  weiterlesen

Vor 10 Jahren wurde das erste iPhone vorgestellt (engadget). Sein Touchscreen-Bedienkonzept hat die Welt verändert. Heute erscheint dieses Design naheliegend. Den Entwicklern fiel die Entscheidung dafür aber nicht leicht. Interne Videos von Apple zeigen ein alternatives iPhone, das man mit einem Clickwheel steuert.  weiterlesen

THEMEN IM FOKUS

WhatsApp: Sicherheit versus Benutzbarkeit. Unter sehr besonderen Voraussetzungen können die Server-Betreiber von WhatsApp einen Teil der ausgetauschten Nachrichten mitlesen. Die Presse machte daraus eine Sensation. Plötzlich hieß es, dies sei eine (absichtlich eingebaute) „Backdoor“ für Ermittlungsbehörden (zuerst im Guardian, 6 min). Experten kritisierten diese Panikmache, auch weil Nutzer daraufhin zu deutlich unsichereren Alternativen wie SMS und Facebook Messenger abwanderten (techsociology.org, 10 min). Tatsächlich ist das Problem schon lange bekannt. WhatsApp hat eine durchaus nachvollziehbare Design-Entscheidung getroffen und der besseren Benutzbarkeit den Vorzug gegeben. Aktiviert man die „Sicherheits-Benachrichtigungen“, wird man als Absender einer Nachricht bei (genauer: nach) einem solchen Angriff informiert (heise). Andere Apps wie Wire und Telegram bieten deutlich schlechteren Schutz (ausführliche Analyse bei Medium, 11 min). Nicht betroffen ist hingegen die auch von Edward Snowden empfohlene App „Signal“. Dennoch sollte WhatsApp jetzt nachbessern (Kommentar bei Medium, 6 min).

Kritische Sicherheitsupdates für Android und iOS. Zum Jahresanfang gibt es Sicherheitsupdates für Smartphones, die zahlreiche als kritisch eingestufte Lücken beheben. Alle Anwender sollten diese umgehend einspielen. Leider sind die Hersteller vieler Android-Geräte seit Jahren sehr nachlässig. Sie verteilen Updates nur mit großer Verzögerung oder überhaupt nicht (Kritik und Empfehlungen bei der FAZ). Auch das aktuelle Update auf iOS 10.2.1 behebt zahlreiche kritische Sicherheitslücken (Wired). Absolut sicher ist also auch iOS nicht, aber die Updates erreichen die Nutzer schneller. Eine fundamentale Kritik an der aktuellen Praxis findet sich bei der ZEIT.

Verantwortungsvoller Umgang mit intelligenten Systemen. Intelligenten Systemen gehört die Zukunft, heißt es. Bei der Entwicklung solcher Systeme müssen wir jedoch verhindern, dass die Maschinen schleichend die Kontrolle über uns gewinnen. Initiativen wie AlgorithmWatch.org (die u.a. von GI-Junior-Fellow Katharina Anna Zweig initiiert wurde) gewinnen daher an Bedeutung. In einer sehenswerten Sammlung von Videos sprechen einige Vordenker nun über die zentralen Herausforderungen (Link bei netzpolitik). Diese Debatte müssen wir schon jetzt führen, auch wenn bisherige Systeme wie Amazon Alexa, Google Home und Siri noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen haben (Praxistest bei der FAZ, 8 min).

GI-MELDUNGEN

Junior-Fellows 2017: Nominierung und Bewerbung bis 30. April 2017. Mit dieser Auszeichnung ermutigt die GI junge Persönlichkeiten, sich für die weitere Entwicklung der Informatik und in der GI zu engagieren. Die Ausschreibung richtet sich sowohl an Praktiker als auch an Wissenschaftler.  weiterlesen

Bessere Konditionen beim GI-Bahn-Ticket. Ab jetzt können Sie zu GI-Veranstaltungen in der 2. Klasse für einen Pauschalpreis von 49,50 Euro (2. Klasse mit Zugbindung, einfache Fahrt, nur gültig mit Einladung bzw. Eintrittskarte) reisen – selbst wenn es keinen Sparpreis mehr gibt. Auch ohne Zugbindung und für Vielfahrer mit BahnCard 50 lohnt sich das GI-Bahn-Ticket auf längeren Strecken.  weiterlesen

38 Workshops auf der INFORMATIK 2017. Das Programm enthält dieses Jahr neben wissenschaftlichen Formaten auch viele praxisrelevante Workshops, etwa über „Digitaler Journalismus in postfaktischen Zeiten“, „Informatik-Begeisterung“ sowie zu Forensik-Tools für polizeiliche Ermittlungen. Beiträge können bis 30. April 2017 eingereicht werden.  weiterlesen

Befragung: Kompetenzen für eine digitale Souveränität. Das FZI Forschungszentrum Informatik führt im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums eine Studie zu Schlüsseltechnologien und -kompetenzen für eine digitale Souveränität in Deutschland durch. Die Studie soll die wissenschaftliche Grundlage für einen Strategieprozess bilden, an dessen Ende eine strategische Technologie- und Kompetenz-Agenda steht. Die GI begleitet diesen Prozess beratend und unterstützt eine Befragung, die derzeit durchgeführt wird. Über die Teilnahme und zehn Minuten Ihrer Zeit freuen wir uns. Alle Angaben werden vertraulich behandelt und nur in anonymisierter Form ausgewertet.  teilnehmen

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FUNDSTÜCK

So war das nicht gedacht. Schritt 1: Der Wissenschaftler Michal Kosinski findet heraus, dass sich aus Facebook-Likes Rückschlüsse auf Persönlichkeitsmerkmale ziehen lassen. Schritt 2: Eine Firma wendet dieses Wissen an, um unentschlossene Wähler gezielt zu beeinflussen. Schritt 3: Donald Trump gewinnt die Wahl – unter anderem deswegen. Hannes Grassegger und Mikael Krogerus haben mit dem Mann gesprochen, der am Anfang dieser Kette steht und nun zusehen muss, wie seine Erkenntnisse zur Manipulation von Menschen eingesetzt werden.  Weiterlesen bei dasmagazin.ch (18 min).

Vielen Dank an Hubert Leiwes, der dieses Fundstück eingesendet hat. Mittlerweile hat sich an diesem Beitrag eine Debatte um die Macht von Big Data entzündet. Lesenswert finden wir die Einordnung des SZ-Feuilletonisten Johann Schloemann (Süddeutsche Zeitung, 7 min).

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Dies war Ausgabe 181 des GI-Radars. Wir machen uns jetzt auf den Weg zur Präsidiumssitzung nach Bonn, wo wir darüber diskutieren, wie sich die GI weiterentwickeln soll. Im nächsten GI-Radar berichten wir darüber. Die Themen dieser Ausgabe hat GI-Junior-Fellow Dominik Herrmann aufbereitet. Bei der Themenauswahl wurde er von GI-Junior-Fellow Johannes Schöning unterstützt. Die GI-Mitteilungen hat GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter zusammengestellt. Das nächste GI-Radar erscheint am 10. Februar 2017.

Ihre Meinung ist gefragt! Das neue GI-Radar sieht anders aus und setzt andere Schwerpunkte. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Daher bitten wir Sie auch diese Woche noch einmal herzlich, uns drei kurze Fragen zu beantworten:

Zur Umfrage bei SurveyMonkey

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr (redaktion@gi-radar.de). Ihre Links und Texte können Sie uns auch auf Twitter (@informatikradar) oder Facebook zukommen lassen.