Die Netzpolitik der Bundesregierung sah in den vergangenen vier Jahren, verkürzt gesagt, so aus: Die Vorratsdatenspeicherung wurde wieder eingeführt, aber gerichtlich für unzulässig erklärt. Staatstrojaner wurden legalisiert. Das Gesetz zur Förderung offener WLAN-Hotspots ist auch nach mehreren Anläufen nur beinahe rechtssicher geworden. An die versprochene Evaluierung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger will das Justizministerium lieber nicht erinnert werden. Die angekündigte flächendeckende Internetversorgung "mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s" bis 2018 ist mittlerweile so etwas wie ein Breitband-Weihnachtsmann – nur wenige glauben noch daran.

Willkommen in Neuland.

Und was passiert nach der Wahl am 24. September? Ein Vergleich der wichtigsten netzpolitischen Punkte in den Wahlprogrammen von Union, SPD, Linken, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD offenbart zumindest absehbare Schwerpunkte.

1. Organisation

"Digitalisierung ist Chefsache", heißt es im Regierungsprogramm von CDU und CSU für die kommende Legislaturperiode. "Deshalb wird im Bundeskanzleramt die Position eines Staatsministers für Digitalpolitik neu geschaffen." Den Neulandminister also. Man kann das als Versprechen oder als Drohung verstehen. Oder als Eingeständnis, dass es wenig zielführend war, die Zuständigkeit für die verschiedenen Digitalisierungsbaustellen in der großen Koalition auf die Ministerien für Wirtschaft, Verkehr und Inneres zu verteilen.

Außer CDU und CSU fordert nur noch die FDP einen Digitalminister. Die SPD-Netzpolitikerin Saskia Esken hingegen hält den Vorschlag für "sowas von 80er" und hätte nur gerne mehr "Führung und Koordination" zwischen den derzeit mit der Digitalisierung befassten Ministerien.

2. Digitale Infrastruktur

Breitbandausbau: Weil das Ziel von flächendeckenden 50 Mbit/s kaum noch erreichbar ist, steht im Regierungsprogramm von CDU und CSU folgerichtig ein noch ambitionierteres: Die Union will "flächendeckenden Ausbau von modernsten Glasfasernetzen vorantreiben und bis 2025 realisieren".

Und auch die SPD will bis 2025 "mehr als 90 Prozent aller Gebäude" ans Gigabitnetz anschließen. Wenigstens fügt sie noch hinzu, die dafür nötigen Investitionen fördern zu wollen. Die Union lässt völlig offen, wer ihre Vision bezahlen soll. Das kritisiert Stefan Heumann von der Stiftung Neue Verantwortung, einem überparteilichen netzpolitischen Think Tank in Berlin: "Der Glasfaserausbau lässt sich nur mit einer radikalen Kursänderung in der Breitbandausbaupolitik erreichen. Dazu findet sich allerdings im CDU-Programm nicht ein Wort."

Volker Tripp von der Bürgerrechtsbewegung Digitale Gesellschaft (Digiges) hält den angekündigten Zeitraum für schlecht gewählt: "Wenn abrechenbare Ergebnisse erst für das Ende der übernächsten Wahlperiode versprochen werden, ist ein zügiger Ausbau in den kommenden vier Jahren kaum zu erwarten." Tripp kritisiert auch, "dass der Breitbandausbau schon in den vergangenen vier Jahren äußerst schleppend vorangegangen ist und die jetzigen Finanzierungskonzepte – namentlich Investitionsförderung und die Versteigerung von Funkfrequenzen – sich nicht von denen in der vergangenen Legislaturperiode unterscheiden".

Die Linke fordert "ein Anrecht auf einen bezahlbaren, schnellen Breitbandinternetanschluss" für jeden Haushalt, ohne Zahlen zu nennen. Es seien aber staatliche Investitionen in Milliardenhöhe notwendig, "die direkt durch öffentliche Träger ausgeführt werden sollen". Die Internetinfrastruktur solle "am Gemeinwohl und nicht am Profit ausgerichtet werden".