Die deutschen Sicherheitsbehörden nutzen vermehrt Handydaten, um Verdächtige ausfindig zu machen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die dem Handelsblatt vorliegt. Demnach verschickt der Verfassungsschutz sehr viel mehr sogenannte stille SMS, um Personen zu orten. Demnach hat der deutsche Inlandsgeheimdienst allein im zweiten Halbjahr 2017 rund 180.000 solcher heimlichen Nachrichten an Mobiltelefone von Verdächtigen versandt. Im Vorjahreszeitraum setzte die Behörde dieses Ermittlungsinstrument etwa 144.000 Mal ein.

Mithilfe stiller SMS können Sicherheitsbehörden sehr genau herausfinden, wo sich Mobiltelefone befinden und Bewegungsprofile erstellen. Die Nachrichten werden auf dem Display des Empfängers nicht angezeigt, das Telefon bestätigt jedoch unbemerkt den Eingang der SMS. Auch das Bundeskriminalamt (BKA) nutzt die Fahndungsmethode dem Bericht zufolge stärker: Das BKA habe in den vergangenen sechs Monaten des Jahres 2017 fast 22.000 solcher Kurzmitteilungen versandt – mehr als viermal so viel als noch im Vorjahreszeitraum. 

Auch bei Funkzellenabfragen ist die Überwachung dem Bericht zufolge ausgedehnt worden. Der Netzbetreiber gibt dabei auf Anfrage alle Handynummern heraus, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Funkzelle eingebucht waren. Das BKA habe in der zweiten Jahreshälfte 2017 insgesamt 376 Mal davon Gebrauch gemacht, im Jahr zuvor nur einmal. Die Bundespolizei nutze den sogenannten Imsi-Catcher zum Abhören von Telefongesprächen besonders häufig – 61 Mal kam das Überwachungsinstrument zuletzt zum Einsatz, knapp achtmal so häufig wie 2016.

Der Linke-Abgeordnete Andrej Hunko, der die Kleine Anfrage gestellt hatte, zeigte sich dem Handelsblatt gegenüber beunruhigt. "Handys sind zum Telefonieren da, nicht um deren Besitzer heimlich zu verfolgen." Das Vorgehen der Behörden vermindere das Vertrauen in die digitale Privatsphäre immens. Außerdem sei die "digitale Spitzelei" kaum kontrollierbar.

Die Polizeigewerkschaften sehen in der stärkeren Nutzung digitaler Überwachungstechnik eine normale Entwicklung angesichts der Herausforderung, vor der die Sicherheitsbehörden angesichts Globalisierung, Migration, Digitalisierung und digitaler Vernetzung stehen. "Es gibt heute fast keine Straftat mehr, bei der Telekommunikation keine Rolle spielen würde", sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, dem Handelsblatt. Täter nutzten demnach heute nicht nur ein Handy, oft tauschten sie täglich ihre SIM-Karten oder Handys aus.