"Facebook ist und bleibt kostenlos." Nach den Enthüllungen um Cambridge Analytica ist dieser Satz, der weiterhin groß auf der Anmeldeseite des sozialen Netzwerks steht, ein politisches Statement. Auch vor dem US-amerikanischen Kongress verteidigte Mark Zuckerberg seine "Mission", die ganze Welt zu vernetzen. Kostenfreiheit scheint ihm dafür essenziell, "weil wir einen kostenlosen (free) Dienst anbieten wollen, den sich jeder leisten kann". Wenn man aber, wie es zutreffend heißt, "mit seinen Daten bezahlt", darf Facebook dann überhaupt von sich behaupten, kostenlos zu sein? Und könnte es auch kostenlos bleiben, wenn es demnächst gezwungen würde, viel strengeren Datenschutzregeln zu genügen?


Über Ersteres hat kürzlich das Landgericht Berlin entschieden. Der Bundesverband Verbraucherzentrale hatte unter anderem geklagt, die Aussage "Facebook ist kostenlos" sei unlautere Werbung. Zwar befanden die Berliner, dass einige Voreinstellungen zum Datenschutz auf Facebook rechtswidrig sind. Die Klage gegen die Selbstbeschreibung als kostenloser Dienst wurde jedoch zurückgewiesen. Die Formulierung "kostenlos" sei im Gesetz erkennbar auf Sachverhalte bezogen, "in denen tatsächlich versteckte 'Kosten' im Sinne mittel- oder unmittelbarer Zahlungspflichten bzw. 'pekuniäre' Belastungen für den Verbraucher entstehen", hieß es in der Begründung der Richter. Und Geld zahlen die Nutzer bei Facebook ja gerade nicht, obwohl sie, wie die Richter feststellen, eine "'Gegenleistung' in Form der Datenübertragung" liefern.

Datenschutz gegen Gebühr

Das Urteil bleibt einem monetären Verständnis von Kosten verhaftet, erkennt aber an, dass zwischen Facebook und seinen Nutzern ein Leistungsaustausch stattfindet, der "immaterielle Rechte" Letzterer beeinträchtigt. Ihre Daten werden ausgewertet und zur Personalisierung von Werbung benutzt, das ist das Geschäftsmodell des Überwachungskapitalismus. Wäre es da nicht besser, man würde für Facebook bezahlen und erhielte im Gegenzug einen umfassenderen Datenschutz?

Eine solche Cash-Option hat die Techniksoziologin Zeynep Tüfekçi bereits vor ein paar Jahren vorgeschlagen. Nachdem sie sich lange dagegen sperrte, scheint die Führung von Facebook diese Möglichkeit nun zumindest nicht mehr kategorisch auszuschließen. 
Zuckerberg betonte bei der Anhörung vor dem US-Senat am vergangenen Mittwoch zwar, dass es immer eine kostenlose Version von Facebook geben werde. Aber er deutete zumindest an, dass es eine kostenpflichtige Premiummitgliedschaft – ähnlich einer Paywall bei einer Zeitung – zumindest geben könnte. Auch Facebook-Managerin Sheryl Sandberg kündigte ein zahlungspflichtiges Opt-out-Modell, bei dem man für etwas mehr Privatsphäre bezahlt.

Oder Lohn für Daten?

Ein anderer Weg, Facebooks Geschäftsmodell gerechter zu machen, könnte darin bestehen, dass die kalifornische Firma ihre Nutzer für die Preisgabe ihrer Daten entlohnt. Wenn wir schon weite Teile unserer Privatsphäre aufgeben, warum sollten wir dann nicht dafür bezahlt werden? In einem vergangenen Dezember veröffentlichten Paper (Should We Treat Data as Labor? Moving Beyond "Free", American Economic Association Papers & Proceedings, 1/1) diskutieren der Computerpionier Jaron Lanier und vier Co-Autoren die wirtschaftstheoretische Frage, ob Datenemission als Arbeit angesehen werden sollte. Bisher, sagen die Autoren, werden Daten eher als Kapital behandelt. Datenemission gilt als ein Nebeneffekt von Konsum, weswegen der Mehrwert, der sich aus Daten gewinnen lässt, beim Plattformbetreiber verbleibt. Der Plattformbetreiber agiert wie ein "Lehnsherr" in einem neofeudalen System, schreiben Lanier et al.

Würde man Daten als Arbeit interpretieren, dann läge das Verwertungsrecht zunächst beim Nutzer, der sie emittiert. Die Idee der Autoren ist, den Begriff von Arbeit zu erweitern und darunter auch die Generierung von Daten zu subsumieren. Denkt man diese Vorstellung weiter, dann sind soziale Netzwerke eine Art Datenarbeitsmarkt, auf dem die Nutzer für ihre "Datenarbeit" entlohnt werden. 
Auch aus liberaler Warte kann man für ein solches Modell argumentieren. Der Liberalismus geht von der Freiheit und Selbstbestimmung des Individuums aus. Die Talente und Fähigkeiten, die es hat, gehören ihm selbst. Folglich müsste auch ein Teil des wirtschaftlichen Mehrwerts, der aus seinen Daten gewonnen wird, zu ihm zurückfließen.