GI-Radar 362: Talenterkennung durch KI?

 

Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe können Sie minutiös nachlesen, wie ein Sicherheitsupdate Flughäfen, Geschäfte, Krankenhäuser und weiteres lahmgelegt hat. Sie können sich weiterhin darüber informieren, wie Infrastrukturen auch politisch geplant werden. Darüber hinaus geht es um die Sicht von Teams und Leitungen zum Thema Effizienz der Softwareentwicklung. Auch über die Sorgen der Länder zum Thema Digitalpakt in der Schule berichten wir. Das Thema im Fokus beleuchtet, inwieweit KI dabei helfen kann, Talente und Begabungen zu entdecken. In den GI-Mitteilungen erfahren Sie, dass Past President Heinrich C. Mayr mit dem Peter P. Chan-Award ausgezeichnet wird, können sich Tickets kaufen für die Abendveranstaltung auf unserem Informatik Festival und sich, sofern Sie zwischen 14 und 30 sind, für das Common Grounds Forum anmelden. Das Fundstück ist eine Ausstellung über unser Ehrenmitglied Joseph Weizenbaum.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe.

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Diensteausfall + Infrastrukturen + KI in der Softwareentwicklung + Zukunft des Digitalpaktes + Talenterkennung durch den Einsatz von KI + Peter P. Chen-Award für Heinrich C. Mayr + Tickets für Festabend auf dem Informatikfestival + Common Grounds Forum + Weizenbaum-Ausstellung

KURZMITTEILUNGEN

Protokoll: wie ein Update weltweit Infrastrukturen lahmgelegt (Spiegel). In der vergangenen Woche ging an manchen Flughäfen, in Krankenhäusern und in Supermärkten gar nichts mehr. Während zu Beginn über alles Mögliche spekuliert wurde, stellte sich bald heraus, dass es an einem fehlerhaften Update gelegen hat. Was genau wem wo passiert ist, können Sie hier nachlesen.  weiterlesen

Historische Betrachtungen zu Monopolen: Infrastrukturvorgänger von technischen Systemen (ZEIT). Derzeit denkt man bei Infrastruktur wahrscheinlich als erstes an die Bahn und an Straßen. Für Informatikfachleute zählt natürlich auch die IT-Infrastruktur dazu. Wie Strukturen in der Vergangenheit gedacht und politisch erbaut und erzählt wurden, fasst eine Betrachtung zusammen.  weiterlesen

Studie zum Einsatz von KI bei der Softwareentwicklung (heise). Vieles wird – oder soll – künftig durch den Einsatz von KI-Technologie effizienter werden. Nun sind Softwareentwicklungs-Teams und deren Vorgesetzte dazu befragt worden. Während die Leitungsebene der Meinung ist, der Einsatz von KI steigere die Effektivität, sieht die Umsetzungsebene dies ein bisschen anders.  weiterlesen

Haushaltsentwurf 2025: Fortsetzung des Digitalpaktes für die Schulen unklar (Forschung und Lehre). Im Entwurf des Haushaltsplans 2025 scheint es keine Mittel für einen Digitalpakt 2.0 zu geben. Die Kultusministerien weisen dafür darauf hin, dass die Fortsetzung des Digitalpaktes zugesagt war und mahnen zusätzliche Mittel an. weiterlesen

THEMA IM FOKUS

Warum Vertrauen in KI in der Bildung wichtig ist und wie es Talente stärken kann. Die Dringlichkeit der Herausforderungen in der Bildung wird durch aktuelle Studien deutlich. Laut Gallup-Institut 2023 (gallup.com) ist ein erheblicher Teil der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aktiv auf der Suche nach neuen beruflichen Möglichkeiten oder Herausforderungen. Ein Drittel der Studierenden bricht das Studium ab oder wechselt die Fachrichtung, so der DZHW-Bericht 2024 (dzhw.eu). Das könnte unter anderem daran liegen, dass viele Menschen nicht wissen, worin sie besonders gut sind oder was sie wirklich wollen. Zudem gelingt es den bestehenden Bildungsinstitutionen nicht, Zukunftskompetenzen flächendeckend auszubilden (stifterverband.org), obwohl der Bedarf in der Wirtschaft seit Jahren bekannt ist und die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit perspektivisch wächst (kienbaum.com).

Für Lehrende ist es schwierig, Begabungen zu erkennen. Es gibt außerdem mitunter Menschen, die eine starke Abneigung gegenüber Hochbegabten empfinden (springer.com). Medizinische Fachkräfte sind zudem selten in der Lage, Hochbegabung und Hochsensibilität zu erkennen, was zu fehlerhaften Diagnosen führen kann (dargebotenepfote.ch; positivedisintegration.com). Diese Fehleinschätzungen und Fehlbehandlungen haben weitreichende wirtschaftliche und soziale Folgen.

KI mit ihrem Potenzial, Missverständnisse, Diskriminierungen und Fehleinschätzungen aufzudecken oder sogar Talente frühzeitig zu erkennen, ist ein Hoffnungsträger für die Lebens- und Berufsplanung junger Erwachsener (doi.org). Es stellt sich also die Frage, warum KI nicht genutzt werden sollte, um das Potenzial bzw. die Begabungen von Lernenden zu erschließen?

Dies erfordert das Vertrauen des Staates, der Lehrenden und der Lernenden in die KI und in die Menschen, die dahinterstehen. Das Bildungswesen in der EU ist jedoch stark reguliert (europa.eu). Damit Menschen der KI vertrauen können, müssen laut Wissenschaft verschiedene kognitive Faktoren erfüllt sein:

Eine empathische Antwort der KI wirkt sich positiv auf die Qualität der Kommunikation aus. Und eine qualitativ hochwertige Kommunikation erhöht das Vertrauen in die KI (wiley.com).

Die Kommunikation über KI sollte proaktiv und konkret mit greifbaren Informationen bzw. Nutzungsvorteilen sein (sciencedirect.com).

Visuelle Erklärungen führen zu einem angemesseneren Vertrauensniveau (sciencedirect.com).

Um das Vertrauen in KI zu erhöhen sind demokratische Entwicklungsprozesse notwendig (sciencedirect.com).

Faire, erklärbare, überprüfbare und sichere (FEAS, fair, explainable, auditable and secure) Technologien müssen in verschiedenen, miteinander verknüpften Phasen des Lebenszyklus eines KI-Systems berücksichtigt werden, wobei jede Phase Teil einer Vertrauenskette ist (arxiv.org).

Die Anzeige des Konfidenzwerts kann zur Kalibrierung des Vertrauens von Menschen in ein KI-Modell beitragen. Die Kalibrierung des Vertrauens allein reicht jedoch nicht aus, um die KI-gestützte Entscheidungsfindung zu verbessern, was auch davon abhängen kann, ob der Mensch genügend einzigartiges Wissen einbringen kann, um die Fehler der KI zu ergänzen (arxiv.org).

Die Form der KI-Darstellung (Roboter, virtuell und eingebettet) und der Grad ihrer maschinellen Intelligenz (d.h. ihrer Fähigkeiten) sind wichtige Vorbedingungen für die Entwicklung von Vertrauen in KI (colorado.edu).

Menschenzentrierte KI wird als der sich abzeichnende, übergreifende Werterahmen der KI-Ethik angesehen (cell.com).

KI kann im Bildungskontext nur dann erfolgreich sein, wenn die Menschen verstehen, wie sie funktioniert, und in der Lage sind, den Grad des Vertrauens in der Interaktion mit ihr zu kalibrieren. Daher müssen neben den kognitiven auch emotionale Faktoren berücksichtigt werden. Diese müssen jedoch so gestaltet sein, dass der Unterschied zwischen Mensch und Maschine erhalten bleibt, sich aber beide positiv verstärken.

Es gibt viele Möglichkeiten, wie KI bei der Identifizierung und Entwicklung von Begabungen helfen kann, z. B. durch die frühzeitige Erkennung von Talenten auf der Grundlage von Verhaltensdaten und durch personalisierte Beratung oder Feedback zur erfolgreichen Entwicklung. Diese beiden Aspekte machen deutlich, wie KI durch datengestützte Erkenntnisse und personalisierte Unterstützung einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung und Entwicklung von Talenten und Begabungen leisten kann.

Der Beitrag wurde von Prof. Dr. Sabrina Schork, Forschungsprofessorin an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, beigesteuert. Wenn Sie der Inhalt des Beitrags anspricht und Sie sich an dem Forschungsprojekt beteiligen möchten, wenden Sie sich bitte direkt an sabrina.schork@th-ab.de.

GI-MELDUNGEN

GI-Past President H.C. Mayr mit Peter P. Chen-Award ausgezeichnet. Als dritter Deutscher wird GI-Past President Heinrich C. Mayr mit dem Peter P. Chen-Award ausgezeichnet. Mit diesem Preis ehrt die Informatik-Gemeinschaft gemeinsam mit dem Elsevier-Verlag Personen, die in ihrer wissenschaftlichen Karriere herausragende Beiträge zum Conceptual Modeling geleistet haben. Wir gratulieren!  weiterlesen

Informatikfestival 2024: Ticketverkauf für Festveranstaltung gestartet. In 60 Tagen startet das diesjährige Informatik Festival in Wiesbaden. Neben hochkarätigen Vorträgen bieten wir Abendveranstaltungen an attraktiven Orten an. Für das Dinner am Haupttag ist jetzt der Ticketverkauf gestartet. Die Karten sind limitiert; Sie sollten sich hier also schnell Ihren Platz sichern  weiterlesen

Common Grounds Forum der GI bringt die Anliegen der jungen Generation auf den Digital-Gipfel. Welche Fähigkeiten braucht die Zivilgesellschaft der Zukunft? Das GI-Projekt „Common Grounds Forum – Future Skills for Active Citizens“ bringt junge Menschen und ihre bildungspolitischen Forderungen auf den Digital-Gipfel der Bundesregierung. Wer zwischen 14 und 30 Jahren ist, kann sich noch bis zum 25. August um die Teilnahme bewerben.  weiterlesen

 

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues oder auch ältere Fundstücke.

FUNDSTÜCK

100 Jahre Joseph Weizenbaum: was war, was ist, was bleibt? Die Welt ist aus den Fugen, und das nicht nur in der Politik. Viele Dinge entwickeln sich unglaublich schnell, vieles können wir in der ganzen Breite gar nicht einschätzen. Joseph Weizenbaum, Universalwissenschaftler, Philosoph, Mahner, Vordenker und Ehrenmitglied der GI hätte uns sicher viel zu sagen heute, insbesondere im Hinblick auf die rasanten Entwicklungen in der Informatik. Anlässlich seines 100. Geburtstags im Jahr 2023 hat das Weizenbaum Institut in Berlin eine virtuelle Ausstellung über das Leben und Wirken von Joseph Weizenbaum erstellt. Neben seinem Lebenslauf finden sich dort viele seiner Gedanken zum Fortschritt, zur Technik und zu ethischen Fragen. Üppig bebildert und mit vielen Quellen versehen, kann man noch eine ganze Menge lernen.  Zum Fundstück (weizenbaum-institut.de.)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 362 des GI-Radars vom 26.07.2024. Zusammengestellt hat diese Ausgabe Dominik Herrmann. GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter hat die Mitteilungen und Meldungen zusammengetragen. Das Team vom GI-Radar verabschiedet sich nun in den Sommerurlaub. Gut ausgeruht melden wir uns danach wieder. Das nächste Radar erscheint am 6. September.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch via X unter @informatikradar zukommen lassen.