GI-Radar 379. Selbstbestimmung in der Digitalen Gesellschaft

 

Liebe Leserinnen und Leser,

die Kurzmitteilungen thematisieren in diesem Radar Schwarzmarktarbeit beim KI-Training, Datenschutzbeschwerden, Kontosperrung als Sanktion, Identitätsklau und digitalen Schutz. Dann treibt uns Folgendes um: Die zunehmende Flut an Daten und deren systematische Verwertung kann Menschen in vielen Bereichen unterstützen, aber auch ihre Selbstbestimmung gefährden. Daher reicht es nicht mehr, auf die qualitativ neuen Herausforderungen durch KI und ihre Folgen für Mensch und Gesellschaft nur zu reagieren. Im heutigen Thema im Fokus diskutieren wir eine der neuen Grand Challenges der GI: Wie sollte Technik gesellschaftlich wünschenswert gestaltet werden, um die Selbstbestimmung der Nutzenden zu bewahren, ihre kritische Kompetenz zu stärken und gleichzeitig datengetriebene Technologien weiterzuentwickeln? In den GI-Mitteilungen geht es um eine Kooperation zur Stärkung der Informatik in der Primarstufe, das Regionalgruppentreffen 2025 und Ihre Großzügigkeit.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe.

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Schwarzmarkt + Datenschutzbeschwerden + Kontosperrung + Identitätsklau + digitaler Schutz + Digitale Selbstbestimmung in der Gesellschaft + Informatik in der Primarstufe + Regionalgruppentreffen + Spenden + Bilderflut im Netz

KURZMITTEILUNGEN

KI-Training auf dem Schwarzmarkt (taz). Tech-Riesen wie Google brauchen billige Arbeits­kräfte, die ihre KI-Programme trainieren. Die Personal­rekrutierung lagern sie aus. Im Netz floriert der Schwarzmarkt.  weiterlesen

Hessen: Datenschutzbeauftragter erhält mehr Beschwerden (Frankfurter Rundschau). Der hessische Datenschutzbeauftragte (und GI-Fellow) Alexander Roßnagel hat seinen Bericht für 2024 vorgestellt. Der enthält teils sehr skurrile Verstöße gegen die geltenden Regeln.  weiterlesen

Microsoft sperrt E-Mail-Konto: US-Sanktionen behindern Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs (golem). Durch die von US-Präsident Donald Trump verhängten Sanktionen verliert der Chefermittler des IStGH den Zugriff auf seine E-Mails und Bankkonten.  weiterlesen

Immer mehr Identitätsklau auf Social Media (Tagesschau). Fake-Profile und Identitätsklau im Netz: Immer mehr Prominente sind davon betroffen, immer häufiger auch Journalistinnen und Experten. Sich zu wehren ist schwierig.  weiterlesen

Digitaler Schutz auf Basis analoger Erfahrungen (Plattform Privatheit). Wissenschaftler:innen erforschen, wie Kinder, Senior:innen und Menschen mit Behinderung beim Schutz ihrer Privatsphäre online unterstützt werden können. Dabei greifen die Forscher:innen auf Alltagserfahrungen aus der analogen Welt zurück.  weiterlesen

THEMA IM FOKUS

Selbstbestimmung in der Digitalen Gesellschaft. Im Fokus dieser Ausgabe steht die individuelle und kollektive Selbstbestimmung in der Digitalen Gesellschaft. Wesentlich geht es hier um das Spannungsfeld zwischen Chancen und Gefährdung von demokratischen Werten wie Selbstbestimmung und Privatheit in der Datenökonomie und die Verantwortung der Informatik. Vor diesem Hintergrund hat die Gesellschaft für Informatik e.V. das Thema auf Vorschlag des Wissenschaftlichen Zentrums für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) der Universität Kassel als eine der fünf Grand Challenges 2025 identifiziert, die die Forschung in der Informatik und in ihrem Umfeld maßgeblich prägen werden. 

Die Verbreitung digitaler Technologien in nahezu allen Lebensbereichen führt zu einer zunehmenden Vielzahl an Daten. Diese Masse an Daten und deren systematische Verwertung bringt Vorteile und Potenziale mit sich. So ermöglichen sie die Individualisierung unterschiedlicher digitaler Prozesse in der Aus- und Weiterbildung, der Unterhaltung oder dienen als Basis für moderne KI-basierte Assistenzsysteme wie ChatGPT, die Menschen auf vielseitige Weise unterstützen können. 

Die Kehrseite ist jedoch die Gefährdung von Privatheit und Selbstbestimmung. Dies ist etwa der Fall, wenn digitale Lösungen ohne Erlaubnis personenspezifische Profile erstellen, Nutzende mit Empfehlungen und Nudges in ihrem Verhalten beeinflussen oder ihr Handeln sogar einschränken. Individuen und Gesellschaft dürfen auch nicht von einzelnen Techniken und Anbietern so abhängig sein, dass sie erpressbar werden und nicht mehr selbstbestimmt ihre – an ihren Werten orientierte – Entwicklung bestimmen können.

Gerade durch die Verbreitung und Nutzung von KI reicht es heute nicht mehr, auf die Folgen technologischer Entwicklung für Mensch und Gesellschaft nur zu reagieren. Um selbstbestimmt entscheiden zu können, braucht es neben Alternativen zur Auswahl auch Kompetenz und Wissen über diese, sowie ein Umfeld und technische Infrastrukturen, die die Wahl praktisch ermöglichen.  

Zukunftsgerichtete Technikentwicklung muss folglich die Selbstbestimmung der Nutzenden und der Demokratie bewahren, ihre kritische Kompetenz stärken und gleichzeitig datengetriebene Technologien nutzen. Dafür dürfen nicht nur partikulare, sondern müssen alle Facetten individueller und gesellschaftlicher Interessen berücksichtigt werden. Um Selbstbestimmung zu erhalten und zu stärken, braucht es einen Weg zwischen unkontrolliertem Datenkapitalismus und datengestützter Kontrolle der gesamten Gesellschaft. 

Um die Chancen und Risiken für Selbstbestimmung in der digitalen Gesellschaft zu erkennen und praktikable Vorschläge für eine freiheits- und demokratiefördernde Technikentwicklung zu erarbeiten, ist noch mehr Forschung zur gesellschaftlich wünschenswerten Technikgestaltung notwendig. An solchen Forschungen arbeitet das ITeG seit 20 Jahren (weiterlesen).

Diesen Beitrag hat das Wissenschaftliche Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung der Universität Kassel beigesteuert. Vielen Dank. 

GI-MELDUNGEN

Jahrestreffen der GI-GChACM-Regionalgruppen an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) Gießen. Unsere Regionalgruppen bringen Informatik in die Breite: zu Vorträgen und in Netzwerktreffen finden sich Interessierte regional zusammen und tauschen sich aus. Die Leitungen haben sich Anfang Mai auf Einladung von Rüdiger Wüst und Dietmar Bienhaus in Gießen getroffen, um über die Strategie der Regionalgruppen zu sprechen.  weiterlesen

Informatische Bildung in der Grundschule – Kooperation mit Kinder forschen. Die GI und die Stiftung „Kinder forschen“ werden künftig zusammenarbeiten, um das Thema informatische Bildung in der Primarstufe voranzubringen. Im Rahmen der Informatikallianz haben die beiden Partner eine Kooperation vereinbart.  weiterlesen

Unterstützen Sie die GI – Spendenbescheinigung inklusive. Sie alle halten die Arbeit der GI für wertvoll und im besten Fall auch nutzbringend für sich selbst - sonst wären Sie nicht Mitglied bei uns. Das freut uns sehr. Heute bitten wir Sie zu überlegen, ob Sie uns über Ihre Mitgliedschaft hinaus auch finanziell fördern möchten. Mit Ihrer Spende könnten wir über unsere „normale“ Arbeit hinaus weitere Projekte anstoßen, beispielsweise in der Nachwuchsförderung oder dem Service für unsere Ehrenamtlichen. Spenden geht ganz leicht. Vielen Dank.  weiterlesen

 

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues oder auch ältere Fundstücke.

FUNDSTÜCK

And The King Said, What A Fantastic Machine. „Was für eine fantastische Maschine!“, soll der britische König Edward VII. (1841–1910) ausgerufen haben, als er den inszenierten Film über seine eigene Krönung sah. In ihrem Dokumentarfilm „And the King said: What a fantastic machine!“ erzählen die schwedischen Filmemacher Axel Danielson und Maximilien van Aertryck die Geschichte der bewegten Bilder – von der Camera Obscura bis zur digitalen Bilderschwemme auf den Smartphones von heute. Dabei verknüpfen sie historische Aufnahmen, Pressebilder, Amateurvideos und Livestream-Material zu einer Collage, die den Wahnwitz der ungefilterten Bilderflut spürbar macht.   Zum Fundstück (ardmediathek.de)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 379 des GI-Radars vom 30.05.2025. Zusammengestellt hat diese Ausgabe das Wissenschaftliche Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) der Universität Kassel, das sich fragt, wie IT gesellschaftlich wünschenswert gestaltet werden kann. GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter hat die Mitteilungen zusammengetragen und Dominik Herrmann hat das Radar auf den Weg zu Ihnen geschickt. Das nächste Radar erscheint am Freitag, dem 13. Juni. Und – ist jemand abergläubisch?

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch via X unter @informatikradar zukommen lassen.