Anreiz durch Gamification: Duschen mit Habeck und Konfetti

Umweltbewusstes und klimaschonendes Verhalten wird im realen Leben viel zu selten direkt belohnt. Zum Glück gibt es die Digitalisierung.

Ein Kind lacht beim Zähneputzen.

Zähneputzen kann Spaß machen! Foto: imago

Die Erlösung naht. Na gut, nicht für alle natürlich. Aber zumindest für Eltern, die sich morgens und abends in einer Zeitschleife aus Diskussionen über das Zähneputzen wähnen. Ja, zwei Minuten sind zweimal 60 Sekunden. Ja, innen und oben und außen, jedes Mal. Und auch jedes Mal rechts und links, und zwar bewegen, nicht kauen.

Die Lösung? Natürlich die Digitalisierung. Hier in Gestalt einer elektrischen Zahnbürste. Mit den Putzbewegungen steuern die Kinder Figuren in einem Computerspiel, das in der App läuft. Gamification in Perfektion.

Gut, jetzt kommen alle, die schon in dritter Generation ihre Zähne ganz wunderbar mit einer Bambuszahnbürste sauber halten, und prangern die überflüssige Technik an, die viel zu schnell zu Elektronikschrott wird. Ja, korrekt. Und Glückwunsch zum Superheld:innen-Zahnschmelz. Nur sieht die Realität leider bei vielen anders aus. Und mal ehrlich: Wäre ein bisschen mehr Gamification, also spielerisches Element im Alltag, nicht für uns alle ganz gut, so ab und an?

Denn wenn man ehrlich ist: Soziales, ökologisches, klimafreundliches, gesundheitsförderndes Verhalten wird viel zu selten auf natürliche Art und Weise belohnt. Und schon gar nicht unmittelbar. Wer die Treppe steigt, ist deutlich später im achten Stock als die Kolleg:innen, die den Fahrstuhl genommen haben. Und außerdem ziemlich außer Puste. Wer Rad fährt, wird nass und von Lkws geschnitten. Die morgendliche U-Bahnfahrt wird zum unfreiwilligen Training im Vollkontaktsport, während die Au­to­fah­re­r:in­nen zwar ab und an im Stau stehen, aber von der Witterung und anderen Unannehmlichkeiten verschont bleiben. Wer das vegane Gericht wählt, darf sich auf eine mittagessenlange Diskussion über Vitamin-B12-Supplementierung freuen und wer im Sommer literweise Wasser zum Straßenbaum schleppt über eine Sehnenscheidenentzündung.

„Jippieh, Igel gerettet“

Warum also darf nicht der Baum via App Danke sagen fürs Gießen? Genauso wie die Lunge, die dort jedes Mal ein bisschen Volumen dazugewinnt, wenn wieder ein rauchfreier Tag geschafft ist. Bei der Duschzeit tritt man mit Po­li­ti­ke­r:in­nen in den Wettkampf – na, heute schon besser als Kubicki, nächste Woche ist auch Habeck geknackt, und dann regnet es Konfetti. Digital natürlich, wer will schon einen Haufen bunter Papierschnipsel aus der Dusche beseitigen müssen? Und wenn das Auto stehen bleibt, ist ein virtueller Igel gerettet. Oder so. Schummeln ist nicht, schließlich wissen Smartphones schon heute fast alles über uns und können aus den Sensoren beispielsweise erkennen, mit welchem Verkehrsmittel wir uns gerade fortbewegen.

Was nicht zuletzt dann auch noch wichtig ist: eine App, die es belohnt, wenn man das Smartphone beiseitelegt. Davon gibt es natürlich längst einen ganzen Haufen, auch inklusive Gamification. Zum Beispiel eine, die bei Bildschirm-Abstinenz Bäume wachsen lässt. Virtuell, klar. Bloß nicht noch eine Sehnenscheidenentzündung.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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