ChatGPT für Seminar- und Abschlussarbeiten – wie Universitäten damit umgehen

Schreiben oder schreiben lassen? ChatGPT verfasst auf Befehl scheinbar gute Texte zu allen möglichen Themen. Wie wollen Unis in Berlin damit umgehen?

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(Bild: CHUAN CHUAN/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Gisela Gross
  • dpa
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Er formuliert schnell und flüssig, das Ergebnis wirkt wie von Menschen geschrieben: Die wachsenden Fähigkeiten von Textgeneratoren wie ChatGPT lassen auch Universitäten in Berlin aufhorchen. Eine Sorge ist, dass der Nachweis von Täuschungen immer schwieriger wird, etwa bei Hausarbeiten. Es werden aber auch Chancen gesehen, wie Anfragen der Deutschen Presse-Agentur bei den drei großen Universitäten der Hauptstadt und bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft ergeben haben.

Insbesondere der seit Ende November 2022 kostenfrei zugängliche Chatbot ChatGPT des Entwicklers OpenAI hat in den vergangenen Wochen viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Nach einer Registrierung können Nutzer sich unter anderem auf Kommando binnen Sekunden Texte generieren lassen. Der Bot liefert – zumindest auf den ersten Blick – intelligente Antworten. Egal, ob man zum Beispiel nach der Zusammenfassung eines literarischen Werks, der Biografie eines Politikers oder nach der Sicherheit von Impfstoffen fragt.

"Es wird schon längst benutzt. Es ist so. Gerade Leute unter Zeitdruck greifen darauf zurück", sagte die Berliner Informatikerin und Plagiatsexpertin Debora Weber-Wulff von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) kürzlich dem "Spiegel". Die Schwierigkeit bei ChatGPT sei, dass die Maschine einzigartige Texte produziere, die von Suchmaschinen nicht gefunden würden.

"Aus meiner Sicht müssen wir proaktiv mit solchen Softwarelösungen umgehen", sagte Christian Schröder, Vizepräsident für Studium und Lehre der Technischen Universität (TU). Man müsse wissen, was sie können und sie auch aktiv einsetzen. "Totschweigen und verbieten geht nicht und ist auch nicht sinnvoll." Digitale Prüfungen würden wohl weniger von zu Hause, sondern eher in speziellen Zentren erbracht, wo die Geräte kontrolliert würden. Schwierig werde es bei Arbeiten ohne direkte Aufsicht, wie etwa Hausarbeiten. "Hier muss gegebenenfalls völlig neu gedacht werden."

Die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz (KI) sehe man "nicht (nur) als Bedrohung, sondern auch als Chance", hieß es von der Humboldt-Universität (HU). Man überlege, wie Lehr- und Prüfungsformen unter Berücksichtigung von KI gestaltet werden können und sollten. "Komplett verhindern lassen wird sich der Einsatz von textgenerierender KI zum Beispiel bei Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten in der Praxis kaum – es wird darum gehen, gemeinsam an reflektierten Einsatzszenarien zu arbeiten."

"An der Freien Universität wird derzeit darüber diskutiert, wie die Hochschule mit dem Einsatz von beispielsweise ChatGPT in Lehre und Forschung umgeht", teilte die FU auf Anfrage mit. Prüfungsrechtlich würde ein solches Vorgehen als Täuschung eingeordnet, zentral sei an der FU aber kein solcher Fall bekannt.

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Berlins Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) sagte kürzlich im Ausschuss für Wissenschaft und Forschung des Abgeordnetenhauses, dass es seitens der Hochschulen bislang keine Problem- oder Warnanzeigen zu dem Thema gegeben habe. Sie müsse derzeit keine dezidierten Vorgaben machen und vertraue auf die Autonomie der Hochschulen. Diese beschäftigten sich intensiv mit dem Thema.

IT-Weiterentwicklungen hätten auch schon in der Vergangenheit zu Weiterentwicklungen in Forschung und Lehre geführt, sagte Gote weiter. Als Beispiel nannte sie etwa die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Eine Lösungsmöglichkeit seien kombinierte Prüfungen aus schriftlicher Arbeit und mündlicher Verteidigung. Lehrende und Studierende sollten sich kennen.

Auch wenn die neuen Möglichkeiten verlockend klingen: Noch handelt es sich bei ChatGPT um ein Versuchsprojekt, das hinzulernen soll. Die Software wurde bereits mit großen Informationsmengen trainiert. Kritiker geben auch zu bedenken, dass sie Vorurteile und Fehler verbreiten könnte, die sich aus ihrer Datenbasis ergeben.

Fakten prüfen und Sinnvolles von Unsinnigem trennen – das muss bislang noch der Nutzer selbst. Ein Beispiel: Angela Merkel ist für das Programm noch Bundeskanzlerin in Deutschland. Denn der Wissensstand ist bislang nicht auf der Höhe der Zeit.

Das Programm bedeute zwar einen "bedeutenden Fortschritt", sagte Oliver Brock, Professor am Robotics and Biology Laboratory der TU Berlin, am Donnerstag. Derzeit sehe man aber nur das, was funktioniere. "Momentan ist ein Enthusiasmus da, der die Fähigkeiten von ChatGPT überschätzt."

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(bme)