Die erste Corona-Rundmail der Universität Frankfurt, die an alle 60.000 Studierenden und Uni-Angestellten ging, brauchte zwei Tage, bis sie in jedem Postfach angekommen war. In der ersten Semesterwoche im April brach dann auch noch der Videoserver zusammen, als Tausende Studierende gleichzeitig darauf zugriffen. Die Uni kaufte darum für alle Mitarbeiterinnen eine Zoom-Lizenz und fuhr die eigenen Serverleistungen massiv hoch.

Nach anderthalb Wochen Semesterbetrieb im Ausnahmezustand zieht die Uni-Präsidentin Birgitta Wolff eine erste Bilanz. Die 54-Jährige klingt stolz, wenn sie über den Kraftakt spricht, die Uni in wenigen Wochen in einen digitalen Lernort zu verwandeln.

Am 20. April begann an den meisten Hochschulen in Deutschland das erste komplett digitale Semester. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, sind die Hochschulen seit Wochen geschlossen und haben sich darauf eingestellt, dieses Semester von zu Hause aus zu unterrichten. Die Goethe-Uni in Frankfurt ist eine der größten Universitäten Deutschlands. Was die Umstellung auf E-Learning anbelangt, geht es ihr so wie vielen anderen Hochschulen: Sie befindet sich in einem riesigen Experiment. Die Uni eignet sich darum gut, um einmal hineinzuzoomen in die neue E-Learning-Welt und zu fragen: Wie gelingt solch eine große Umstellung in so kurzer Zeit? Die Antwort: Man darf keine Angst vor Technik haben. Und Geduld hilft auch.

Das Corona-Semester hat die Uni bisher rund eine halbe Million Euro gekostet.

Eine Universität komplett auf digital umzustellen, ist aufwendig. An der Goethe-Uni in Frankfurt hat das IT-Team das komplette Osterwochenende durchgearbeitet. Schon vor der Corona-Krise gab es eine Lernplattform an der Uni, es gab eigens eingerichtete Server für Video-Streams von Vorlesungen und digitale Konferenzen. "Wir haben zwar seit 2017 ein Leitbild digitale Lehre", sagt Uni-Präsidentin Birgitta Wolff bei einem Zoom-Call, "aber wir waren nicht darauf vorbereitet, plötzlich die komplette Lehre auf diesem Weg bestreiten zu müssen."

Allein für die 2.000 Zoom-Lizenzen habe die Uni mehr als 100.000 Euro ausgegeben, sagt Präsidentin Wolff. Insgesamt schätzt sie die Mehrausgaben für das Corona-Semester bisher auf rund eine halbe Million Euro, denn auch die Server mussten aufgerüstet werden. Geld, das nicht erst beim Wissenschaftsministerium beantragt wurde, sondern kurzerhand aus den Mitteln der Uni zur Verfügung gestellt worden sei.

"Für langwierige Antragsverfahren fehlt uns gerade schlicht die Zeit", sagt Wolff. Wer wie Birgitta Wolff eine Hochschule leitet, muss in diesen Tagen pragmatisch sein und vielleicht auch kreative Wege finden, um in sehr kurzer Zeit eine Infrastruktur übers Knie zu brechen.

Die Uni hat außerdem die Studien- und Prüfungsordnung dem Corona-Semester angepasst: Bei Prüfungen gibt es jetzt mehr Freiversuche, die Teilnahme-Nachweise sind ausgesetzt, Abgabefristen wurden verlängert und für einen Credit Point braucht es nur noch 25 statt 30 Arbeitsstunden. 

Asynchron oder synchron?

Nicht nur die Verwaltung, auch der komplette Lehrkörper musste umplanen. Eigentlich hätte Franziska Baier am Mittwoch vergangene Woche im Seminarraum 1.G192 im psychologischen Institut gestanden und hätte ihre Studierenden zum Seminar Diagnostizieren und Unterrichten in heterogenen Lerngruppen begrüßt. Dann hätte sie eine Vorstellungsrunde gemacht. Stattdessen gibt es jetzt auf Moodle, der Lernplattform der Universität, ein Forum für das Seminar. Darin ein Ordner mit dem Titel Vorstellungsrunde. Klickt man auf das kleine Symbol aus zwei Sprechblasen, steht da: "Aufgabe: Schreibe einen kurzen Beitrag (zwei Sätze) in das Forum, in dem du dich kurz vorstellst und beschreibst, was du gerne im Seminar lernen möchtest."

Knapp zwei Wochen vor Semesterbeginn kam per Mail die Ansage an alle Dozierenden: Die Uni müsse online stattfinden, Corona lasse keine andere Möglichkeit. Die Umsetzung der Seminare und Vorlesungen liege bei den Dozierenden, das Ziel sei nur: keine Veranstaltungen abzusagen.