Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B9-0246/2019Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B9-0246/2019

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Lage der Uiguren in China (vor dem Hintergrund der „China Cables“)

17.12.2019 - (2019/2945(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 132 Absätze 2 und 4 der Geschäftsordnung
anstelle der folgenden Entschließungsanträge:
B9-0246/2019 (S&D)
B9-0247/2019 (ECR)
B9-0248/2019 (Verts/ALE)
B9-0249/2019 (Renew)
B9-0250/2019 (PPE)

Michael Gahler, Isabel Wiseler-Lima, Željana Zovko, David Lega, Sandra Kalniete
im Namen der PPE-Fraktion
Kati Piri, Evelyne Gebhardt, Isabel Santos, Raphaël Glucksmann
im Namen der S&D-Fraktion
Phil Bennion, Abir Al-Sahlani, Petras Auštrevičius, Malik Azmani, José Ramón Bauzá Díaz, Izaskun Bilbao Barandica, Gilles Boyer, Sylvie Brunet, Olivier Chastel, Katalin Cseh, Jérémy Decerle, Anna Júlia Donáth, Engin Eroglu, Klemen Grošelj, Christophe Grudler, Bernard Guetta, Antony Hook, Ivars Ijabs, Moritz Körner, Ondřej Kovařík, Ilhan Kyuchyuk, Karen Melchior, Ulrike Müller, Javier Nart, Jan-Christoph Oetjen, Dragoş Pîslaru, Frédérique Ries, María Soraya Rodríguez Ramos, Stéphane Séjourné, Monica Semedo, Susana Solís Pérez, Ramona Strugariu, Irène Tolleret, Yana Toom, Hilde Vautmans, Marie-Pierre Vedrenne, Chrysoula Zacharopoulou
im Namen der Renew-Fraktion
Reinhard Bütikofer, Saskia Bricmont, Heidi Hautala
im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Anna Fotyga
im Namen der ECR-Fraktion
Fabio Massimo Castaldo


Verfahren : 2019/2945(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B9-0246/2019
Eingereichte Texte :
RC-B9-0246/2019
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Lage der Uiguren in China (vor dem Hintergrund der „China Cables“)

(2019/2945(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in China, insbesondere vom 18. April 2019 zu China und insbesondere zur Lage religiöser und ethnischer Minderheiten[1], vom 4. Oktober 2018 zu willkürlichen Massenfestnahmen von Uiguren und Kasachen im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang[2], vom 12. September 2018 zu dem Stand der Beziehungen zwischen der EU und China[3], vom 15. Dezember 2016 zum Fall der tibetisch-buddhistischen Larung-Gar-Akademie und zum Fall Ilham Tohti[4], vom 10. März 2011 zu der Lage und dem Kulturerbe in Kaschgar (Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang, VR China)[5] und vom 26. November 2009 zu dem Thema „China: Minderheitenrechte und Anwendung der Todesstrafe“[6],

 unter Hinweis auf seinen Beschluss, Ilham Tohti, einem uigurischen Wirtschaftswissenschaftler, der sich für die Rechte der uigurischen Minderheit Chinas einsetzt, den Sacharow-Preis 2019 zu verleihen,

 unter Hinweis auf die auf dem 21. Gipfeltreffen EU-China vom 9. April 2019 abgegebene gemeinsame Erklärung,

 unter Hinweis auf den 37. Menschenrechtsdialog zwischen der EU und China, der am 1. und 2. April 2019 in Brüssel stattfand,

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 12. März 2019 mit dem Titel „EU-China – Strategische Perspektiven“ (JOIN(2019)0005),

 unter Hinweis auf die am 24. Juni 2013 vom Rat (Auswärtige Angelegenheiten) angenommenen Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

 unter Hinweis auf die Erklärung der Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 26. Oktober 2018 zur Lage in Xinjiang,

 unter Hinweis auf den Beschluss des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 9. Dezember 2019, Arbeiten zur Vorbereitung einer Regelung für mögliche bereichsübergreifende Sanktionen einzuleiten, mit denen auf schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen reagiert werden soll,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2019 zu einer europäischen Regelung für Sanktionen bei Verstößen gegen die Menschenrechte[7],

 unter Hinweis auf die mündlichen Erklärungen der EU zu Tagesordnungspunkt 4 der 39. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vom 18. September 2018 und die Erklärungen des Vereinigten Königreichs, Deutschlands, Frankreichs, Finnlands und Kanadas, in denen Besorgnis über die willkürliche Internierung von Uiguren in Lagern in Xinjiang zum Ausdruck gebracht wurde‚

 unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung zu Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, die der Ständige Vertreter des Vereinigten Königreichs bei den Vereinten Nationen im Namen von 23 Staaten, darunter 14 EU-Mitgliedstaaten, am 29. Oktober 2019 vor dem Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung abgegeben hat,

 unter Hinweis auf Artikel 36 der Verfassung der Volksrepublik China, in dem allen Bürgern das Recht auf Religionsfreiheit garantiert wird, und auf Artikel 4, in dem die Rechte der nationalen Minderheiten verankert sind,

 unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966, den China 1998 unterzeichnet, aber bislang nicht ratifiziert hat,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

 unter Hinweis auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011,

 unter Hinweis auf die abschließenden Bemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung zum Bericht über China,

 gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass Förderung und Achtung der universellen Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit auch künftig im Mittelpunkt der Politik der EU gegenüber China stehen sollten, was mit der Verpflichtung der EU, ebendiesen Werten in ihrem auswärtigen Handeln Rechnung zu tragen, und mit Chinas Zusage, diese Werte im Rahmen seiner eigenen Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Zusammenarbeit zu achten, im Einklang steht;

B. in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage in China seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping im März 2013 weiter verschlechtert hat, in der Erwägung, dass die chinesische Regierung eine zunehmend feindselige Haltung gegenüber dem gewaltfreien Ausdruck abweichender Meinungen, der Meinungs- und Religionsfreiheit und der Rechtsstaatlichkeit einnimmt; in der Erwägung, dass die chinesischen Staatsorgane Hunderte von Menschenrechtsverteidigern, Rechtsanwälten und Journalisten festgenommen und vor Gericht gestellt haben;

C. in der Erwägung, dass sich die Lage im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang Xinjiang (Sinkiang), der Heimat von mehr als zehn Millionen Uiguren und Kasachen muslimischen Glaubens, in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert hat, da spätestens seit der Kampagne namens „Harter Schlag gegen gewaltsamen Terrorismus“ von 2014 die Kontrolle über Xinjiang zur obersten Priorität erhoben wurde, was durch die angeblich von Uiguren ausgehende Instabilität und Sicherheitsbedrohung befördert wurde und auch auf die strategische Bedeutung Xinjiangs für die Initiative der neuen Seidenstraße mit ihren hochgesteckten zukünftigen Produktionszielen für Textilien und andere arbeitsintensive Industrieerzeugnisse zurückzuführen ist; in der Erwägung, dass der von der chinesischen Regierung geführte Krieg gegen den Terror in Xinjiang zunehmend zu einem Krieg gegen Religion und ethnische Zugehörigkeit wird; in der Erwägung, dass Informationen darauf hindeuten, dass das in und für Xinjiang entwickelte Lagersystem auch auf andere Teile Chinas ausgeweitet worden sein soll;

D. in der Erwägung, dass die chinesischen Staatsorgane eine Kampagne von zunehmender Intensität führen, die auf Masseninternierung, einschneidende Überwachungsmaßnahmen (einschließlich Gesichtserkennungsverfahren und Datenerfassung), die politische Indoktrinierung und eine erzwungene kulturelle Assimilation ausgerichtet ist; in der Erwägung, dass verlässliche Informationen vorliegen, wonach Uiguren und andere hauptsächlich muslimische ethnische Minderheiten im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang willkürlichen Festnahmen, Folter, ungeheuerlichen Einschränkungen der Religionsausübung und Kultur und einem allgegenwärtigen digitalisierten Überwachungssystem unterzogen werden, dass durch Kameras mit Gesichtserkennung, Auslesen von Mobiltelefonen, DNS-Erfassung und eine umfassende und die Privatsphäre durchdringende Polizeipräsenz jeder Aspekt des täglichen Lebens überwacht wird;

E. in der Erwägung, dass laut vielen glaubwürdigen Schätzungen bis zu einer Million Menschen unter dem Vorwand der Bekämpfung des Terrorismus und des religiösen Extremismus in sogenannten Einrichtungen zur „politischen Umerziehung“ auf unbestimmte Zeit willkürlich inhaftiert sind; in der Erwägung, dass diese Umerziehungseinrichtungen auch als „Berufsausbildungszentren“ bezeichnet werden; in der Erwägung, dass dies derzeit die weltweit größte Masseninternierung einer ethnischen Minderheitsbevölkerung ist; in der Erwägung, dass nach Angaben einiger ehemaliger Häftlinge die Behandlung und die Bedingungen in diesen Lagern unter anderem durch Überfüllung und unhygienische Zustände, Nahrungsmangel, Schläge und sexuellen Missbrauch gekennzeichnet sind; in der Erwägung, dass Berichten zufolge kleine Kinder in staatliche Waisenhäuser geschickt werden, wenn auch nur ein Elternteil in einem der Lager interniert ist; in der Erwägung, dass es Berichten zufolge in einigen Umerziehungslagern Fabriken gibt, in denen Güter für den Export hergestellt werden;

F. in der Erwägung, dass die unter der Bezeichnung „China Cables“ im November 2019 veröffentlichten Enthüllungen auf einer Untersuchung der Überwachung und Masseninternierung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in der chinesischen Provinz Xinjiang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren beruhen, der durchgesickerte, als Verschlusssache eingestufte chinesische Regierungsdokumenten zugrunde liegen; in der Erwägung, dass die geheimen Dokumente dem Internationalen Netzwerk investigativer Journalisten über eine Kette von Exil-Uiguren zugespielt wurden und dass deren Echtheit mehrere führende Fachleute bestätigt haben; in der Erwägung, dass bei der Veröffentlichung dieser Dokumente zum ersten Mal vertrauliche Informationen der chinesischen Regierung offengelegt wurden, in dem die innere Funktionsweise der Lager beschrieben und offenbart wird, welch harte Bedingungen hinter den Zäunen herrschen und wie durch die dort geltenden unmenschlichen Vorschriften der Tagesablauf der Häftlinge geregelt wird; in der Erwägung, dass durch die Dokumente enthüllt worden ist, wie China in einem Netz von Hochsicherheitsstraflagern eine systematische Gehirnwäsche an Hunderttausenden von Muslimen betreibt und wie die Mechanismen des Systems der Massenüberwachung und vorausschauenden Polizeiarbeit in Xinjiang funktionieren, wodurch die Erkenntnisse von Sachverständigen bestätigt wurden, die sich auf in den letzten Jahren veröffentlichte Satellitenbilder, Daten und Augenzeugenberichten stützten; in der Erwägung, dass die chinesische Regierung stets behauptet, dass die Lager der freiwilligen allgemeinen und beruflichen Bildung dienten; in der Erwägung, dass die „China-Cables“-Enthüllungen bislang nicht gekannte Beweise dafür ans Licht gebracht hat, dass die Grundlage für die repressiven Maßnahmen gegen Uiguren, Kasachstan und andere bereits im April 2014 auf höchster politischer Ebene geschaffen wurde;

G. in der Erwägung, dass sich durch die Internierung und Verfolgung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in Xinjiang viele gezwungen sahen, aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen durch die staatlichen Stellen den Kontakt zu ihren Familienangehörigen und Freunden im Ausland, darunter auch in Europa, abzubrechen;

H. in der Erwägung, dass durch die im Februar 2018 in Kraft getretenen Vorschriften über Religionsangelegenheiten die Repressionen stark zugenommen haben, da dadurch die Betätigung religiöser Gruppierungen eingeschränkt wird und sie gezwungen werden, ihr Handeln noch stärker als bisher an der Parteilinie auszurichten; in der Erwägung, dass öffentliche und selbst private Bekundungen der religiösen und kulturellen Zugehörigkeit gemäß diesen Vorschriften als Extremismus eingestuft werden können; in der Erwägung, dass sich die neuen Vorschriften gegen Personen richten, die mit Religionsgemeinschaften in Verbindung stehen, die in dem Land ohne gesetzlichen Status sind; in der Erwägung, dass Religionsgemeinschaften in China zunehmender Repression ausgesetzt sind, weshalb das Land eine der höchsten Zahl an Gefangenen aus religiösen Gründen aufweist;

I. in der Erwägung, dass der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung im August 2018 die Regierung der Volksrepublik China wegen missbräuchlichen Handlungen in Xinjiang, einschließlich der Errichtung von Lagern für willkürliche Masseninternierungen, ermahnte; in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Michelle Bachelet, im September 2018 in ihrer ersten Rede in dieser Funktion auf den zutiefst beunruhigenden Vorwurf der willkürlichen Masseninternierung von Uiguren und anderen muslimischen Gemeinschaften in sogenannten Umerziehungslagern in ganz Xinjiang hinwies; in der Erwägung, dass die chinesische Regierung zahlreiche Anträge abgelehnt hat, die von der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zur Frage des Verschwindenlassens von Personen, vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und im Rahmen der Mandate für andere Sonderverfahren der Vereinten Nationen gestellt wurden und darauf abzielten, unabhängige Ermittler nach Xinjiang zu entsenden und ihnen Zugang zu den Lagern zu gewähren;

J. in der Erwägung, dass die Zahl der Internierungslager in Xinjiang seit der Ernennung von Chen Quanguo zum Gouverneur des Autonomen Gebiets im August 2016 rasch erhöht hat; in der Erwägung, dass den Angaben des Gouverneurs von Xinjiang, Shöhret Zakir, vom Dezember 2019 zufolge, die 1,5 Millionen Menschen aus den Umerziehungs- und Internierungslagern wieder „in die Gesellschaft integriert“ worden seien, ohne dass dafür Belege vorgelegt wurden;

K. in der Erwägung, dass aus China stammende in der EU ansässige Minderheiten von den chinesischen Staatsorganen schikaniert werden; in der Erwägung, dass Uiguren im Ausland unter Druck gesetzt werden, nach China zurückzukehren; in der Erwägung, dass in den im Rahmen von „China Cables“ durchgesickerten Dokumenten ausdrückliche Anordnungen zur Festnahme von Uiguren mit ausländischer Staatsbürgerschaft sowie zum Aufspüren von im Ausland lebenden Uiguren aus Xinjiang aufgeführt sind, von denen einige auf Anordnung von autoritären Regierungen wieder nach China verbracht wurden; in der Erwägung, dass aus den Unterlagen hervorgeht, dass chinesische Botschaften bei dieser Praxis eine entscheidende Rolle spielen;

L. in der Erwägung, dass der US-Kongress am 4. Dezember 2019 den sogenannten „Uyghur Human Rights Policy Act“ verabschiedet hat, einen Rechtsakt, mit dem der US-Außenminister nachdrücklich aufgefordert wird, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte zu ergreifen und die Verhängung eines Einreiseverbots sowie von Wirtschaftssanktionen in Anlehnung an den „Global Magnitsky Act“ gegen chinesische Amtsträger, die für Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang verantwortlich sind, in Erwägung zu ziehen und gleichzeitig die in den Vereinigten Staaten ansässigen Uiguren vor Drangsalierung und Verfolgung durch China zu schützen;

M. in der Erwägung, dass der Sacharow-Preis für geistige Freiheit 2019 dem uigurischen Wirtschaftsprofessor Ilham Tohti verliehen wurde, der am 23. September 2014 nach seiner Verhaftung im Januar desselben Jahres wegen angeblichem Separatismus zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist; in der Erwägung, dass sieben seiner ehemaligen Studenten unter dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit Ilham Tohti ebenfalls festgenommen und zu Freiheitsstrafen zwischen drei und acht Jahren verurteilt wurden; in der Erwägung, dass Ilham Tohti Separatismus und Gewalt stets abgelehnt hat und für Versöhnung auf der Grundlage der Achtung der uigurischen Kultur eingetreten ist;

N. in der Erwägung, dass die EU in ihrem Strategischen Rahmen für Menschenrechte und Demokratie erklärte, die EU werde ihre Anstrengungen verstärken, die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte in allen Bereichen ihres auswärtigen Handelns zu fördern und die Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer Beziehungen zu sämtlichen Drittländern, einschließlich ihrer strategischen Partner, zu stellen;

1. bringt seine tiefe Besorgnis über das zunehmend repressive System zum Ausdruck, mit dem Uiguren und andere muslimische ethnische Minderheiten konfrontiert sind, und fordert die staatlichen Stellen auf, deren Grundfreiheiten zu achten, wie dies in glaubwürdigen Berichten empfohlen wird; verurteilt aufs Schärfste, dass auf der Grundlage eines Systems der „vorausschauenden Polizeiarbeit“ Hunderttausende Uiguren und Kasachen in „Lager für politische Umerziehung“ eingewiesen werden, zum Teil auch aus dem Grund, weil sie ins Ausland gereist sind oder als „zu fromm“ eingestuft werden; fordert die chinesischen Staatsorgane in Xinjiang auf, Informationen über den Aufenthaltsort und den Gesundheitszustand der inhaftierten Personen bereitzustellen; fordert die chinesische Regierung nachdrücklich auf, die Praxis der willkürlichen Internierung von Angehörigen der Minderheiten der Uiguren und der Kasachen, ohne dass sie angeklagt, vor Gericht gestellt oder wegen einer Straftat verurteilt werden, umgehend einzustellen, alle Lager und Hafteinrichtungen zu schließen und die inhaftierten Personen sofort und bedingungslos freizulassen; betont, dass jegliche Internierung, die unter Verstoß gegen grundlegende völkerrechtliche Bestimmungen erfolgt, die Verfolgung bestimmter Personen oder Gruppen aus ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen und andere unmenschliche Handlungen, die großes Leid verursachen oder mit schweren Verletzungen einhergehen, wenn sie im Zuge eines umfassenden bzw. systematischen Angriffs auf Teile der Zivilbevölkerung erfolgen, in Anbetracht des internationalen Rechtsrahmens nicht hinnehmbar sind;

2. fordert die staatlichen Stellen Chinas auf, den uigurischen Wissenschaftler Ilham Tohti und alle anderen Menschenrechtsverteidiger, politisch engagierten Bürger, Rechtsanwälte, Journalisten und Bürger, die sich mit Eingaben an die Regierung gewandt haben und die allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurden, sofort und bedingungslos freizulassen und das anhaltende massive Vorgehen mit den Mitteln der Inhaftierung und der Drangsalierung und Einschüchterung durch die Justiz einzustellen; fordert die chinesische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Inhaftierten regelmäßigen und ungehinderten Kontakt zu ihren Familien und Rechtsanwälten ihrer Wahl aufnehmen können und dass weder sie noch ihre Familienangehörigen und Anwälte misshandelt oder gefoltert werden; dringt darauf, dass die Haftbedingungen aller Inhaftierten den im mit der Resolution 43/173 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1988 verabschiedeten „Grundsatzkatalog für den Schutz aller irgendeiner Form von Haft oder Strafgefangenschaft unterworfenen Personen“ festgelegten Standards entsprechen, auch was den Zugang zu ärztlicher Behandlung angeht; fordert eine unverzügliche, wirksame und unparteiische Untersuchung der mutmaßlichen Folterung von Ilham Tohti und fordert, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;

3. fordert die chinesischen Staatsorgane auf, Journalisten und internationalen Beobachtern, einschließlich des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte und der Mandatsträger der Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen, freien, effektiven und ungehinderten Zugang zum Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang zu gewähren; stellt ein Ungleichgewicht beim Zugang für die Presse und bei der Pressefreiheit zwischen der EU und China fest; fordert China auf, Medienunternehmen aus der EU die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu gewähren, die chinesischen Medienunternehmen in den Mitgliedstaaten der EU eingeräumt werden; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, auf der nächsten Tagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen die Initiative zu einer Resolution zwecks Entsendung einer Erkundungsmission nach Xinjiang zu ergreifen;

4. ist zutiefst besorgt angesichts der Berichte über die Drangsalierung von Uiguren im Ausland durch die chinesischen Staatsorgane, wodurch sie – zum Teil durch die Festnahme von Familienangehörigen – gezwungen werden sollen, andere Uiguren auszuspionieren, nach Xinjiang zurückzukehren oder über die dortigen Zustände Stillschweigen zu bewahren; fordert die Kommission und alle EU-Mitgliedstaaten auf, diese Berichte umgehend zu prüfen, mit gezielten Maßnahmen den Schutz von Mitgliedern der Diaspora aus Xinjiang in ihren jeweiligen Ländern sicherzustellen und die Asylanträge von Uiguren und anderen turkstämmigen Muslimen beschleunigt zu bearbeiten; begrüßt die von einigen Mitgliedstaaten getroffene Entscheidung, die Rückführung aller aus China stammenden Uiguren, Kasachen oder anderen turkstämmigen Muslime dorthin angesichts der Gefahr willkürlicher Internierung, von Folter oder anderer Misshandlung auszusetzen; fordert die übrigen Mitgliedstaaten auf, ebenso zu verfahren;

5. stellt mit Besorgnis fest, dass die entscheidende Bedeutung der „langfristigen Stabilität“ in Xinjiang für den Erfolg der Initiative der neuen Seidenstraße dazu geführt hat, dass althergebrachte Kontrollstrategien intensiviert wurden, erweitert um eine Vielzahl technischer Innovationen, einen rapiden Anstieg der Ausgaben für innere Sicherheit und Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung, mit denen abweichende Meinungen und Dissidenten mittels einer sehr weit gefassten Definition von Terrorismus kriminalisiert werden; ist besorgt über die staatlichen Maßnahmen Chinas zur Sicherstellung der „umfassenden Überwachung“ von Xinjiang durch die Installation von „Skynet“ zur elektronischen Überwachung in großen Ballungsräumen und von GPS-Trackern in allen Kraftfahrzeugen, den Einsatz von Scannern zur Gesichtserkennung an Kontrollpunkten, Bahnhöfen und Tankstellen und die Kampagne der Polizei von Xinjiang für die Sammlung von Blutproben zur Erweiterung der DNS-Datenbank Chinas; ist ferner besorgt darüber, dass China solche Technologien in autoritäre Regime auf der ganzen Welt exportiert;

6. ist zutiefst besorgt über Berichte darüber, dass in der Lieferkette von internationalen Unternehmen mit Geschäftstätigkeiten in Xinjiang möglicherweise Zwangsarbeit aus Internierungslagern genutzt wird, sowie über Berichte über die Zusammenarbeit mit chinesischen Einrichtungen, die an der Massenüberwachung oder -internierung von Angehörigen der uigurischen Bevölkerung beteiligt sind; betont, dass Akteure des privaten Sektors ihre Tätigkeit in Xinjiang mitsamt ihrer Lieferketten einer eingehenden Prüfung unterziehen sollten, damit sichergestellt ist, dass sie an Menschenrechtsverletzungen nicht beteiligt sind; fordert sie auf, zu dem Zweck auch ein belastbares System der Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Menschenrechte einzurichten und damit sicherzustellen, dass sie weder mit Zwangsarbeit etwas zu tun haben, noch an Repressalien gegen die Volksgruppe der Uiguren mitschuldig sind; betont, dass in Umerziehungslagern hergestellte Produkte vom EU-Markt ausgeschlossen werden sollten;

7. fordert die chinesische Regierung nachdrücklich auf, umgehend eine Liste aller inhaftierten und aller freigelassenen Personen zu veröffentlichen und die Familien der in Xinjiang verschwundenen Personen umfassend über deren Schicksal zu informieren;

8. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die chinesische Regierung davon zu überzeugen, die Lager zu schließen, allen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang ein Ende zu setzen und die sprachlichen, kulturellen, religiösen und anderen Grundrechte der Uiguren zu wahren; fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den EAD und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die besorgniserregenden Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte in Xinjiang, einschließlich der zunehmenden staatlichen Unterdrückung und Überwachung, aufmerksamer zu verfolgen und Menschenrechtsverletzungen in China sowohl im privaten als auch im öffentlichen Rahmen anzuprangern; äußert seine Enttäuschung darüber, dass die 37. Runde des Menschenrechtsdialogs EU-China zu keinen wesentlichen Ergebnissen geführt hat, obwohl die EU das System der Lager zur politischen Umerziehung als eine besorgniserregende Entwicklung zur Sprache gebracht hat; bedauert, dass der bislang gewählte Ansatz und die bislang eingesetzten Instrumente der EU nicht zu greifbaren Fortschritten bei der Menschenrechtsbilanz Chinas geführt haben, die sich in den letzten zehn Jahren ausschließlich verschlechtert hat; fordert den Vizepräsidenten und Hohen Vertreter auf, darauf zu bestehen, dass eine unabhängige Untersuchung zum Ausmaß und Charakter des Internierungslagersystems und zur großen Anzahl mutmaßlicher ernsthafter und systematischer Menschenrechtsverletzungen durchgeführt wird; fordert die neue Kommission nachdrücklich auf, eine ganzheitliche EU-Strategie auszuarbeiten und umzusetzen, mit dem Ziel, echte Fortschritte bei den Menschenrechten in China zu erreichen;

9. betont, dass die EU und China in ihrer gemeinsamen Erklärung nach dem 21. Gipfeltreffen EU-China bekräftigten, dass alle Menschenrechte universell und unteilbar sind, sich gegenseitig bedingen und miteinander verknüpft sind; weist darauf hin, dass die Förderung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit ein Kernanliegen der EU bei der Zusammenarbeit mit China sein muss;

10. fordert die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, zu erwägen, wie durch einen wirksamen Rückgriff auf angemessene Ausfuhrkontrollmechanismen alle Exporte und Technologietransfers von Gütern und Dienstleistungen unterbunden werden können, mit denen China seine technischen Fähigkeiten zur digitalen Überwachung erweitert und verbessert; fordert die Mitgesetzgeber in diesem Zusammenhang auf, sich aufgrund von Erwägungen der nationalen Sicherheit und der Menschenrechte auf einen gemeinsamen Standpunkt zur Reform der Verordnung über Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu verständigen; betont, dass das Parlament den Vorschlag der Kommission zur Aufnahme strenger Ausfuhrkontrollen für verzeichnete und nicht verzeichnete Technologien der digitalen Überwachung weiterentwickelt und verschärft hat;

11. weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass die EU im Einklang mit ihrer Verpflichtung, gegenüber China mit einer Stimme zu sprechen und ihre Standpunkte klar und nachdrücklich zu vertreten, das Thema der Menschenrechtsverletzungen in China, insbesondere jener, die die Minderheiten in Xinjiang betreffen, bei jedem politischen Dialog und Menschenrechtsdialog mit den chinesischen Staatsorganen weiterhin zur Sprache bringt; weist erneut darauf hin, dass sich China im Zuge seines fortschreitenden Reformprozesses und seines zunehmenden globalen Engagements dem internationalen Rechtsrahmen für die Menschenrechte angeschlossen hat, indem es zahlreiche Menschenrechtsabkommen unterzeichnete; fordert daher die Aufnahme eines Dialogs mit China, um das Land darin zu bestärken, den entsprechenden Verpflichtungen nachzukommen; fordert China nachdrücklich auf, mit den nationalen Reformen fortzufahren, die für die Ratifizierung des 1998 unterzeichneten Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte erforderlich sind, und den Empfehlungen von für Menschenrechte zuständigen Gremien der Vereinten Nationen nachzukommen;

12. begrüßt die Verabschiedung des „Uyghur Human Rights Policy Act“ durch den US-Kongress und den jüngsten Beschluss des Rates (Auswärtige Angelegenheiten), mit der Arbeit an einem weltweit geltenden EU-Regelwerk von Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen zu beginnen; fordert den Rat auf, gezielte Sanktionen und das Einfrieren von Vermögenswerten zu beschließen, sollte dies gegenüber chinesischen Amtsträgern als angemessen und wirkungsvoll erachtet werden, die für die Gestaltung und Umsetzung der Politik der Masseninternierung von Uiguren und anderen turkstämmigen Muslimen in Xinjiang sowie für die massive gewaltsame Unterdrückung der Religionsfreiheit, der Bewegungsfreiheit und anderer Grundrechte in der Region verantwortlich sind;

13. fordert den EAD auf, die bewährten Verfahren des interreligiösen Dialogs als ein Instrument in seine Kommunikationsstrategie gegenüber Drittländern aufzunehmen und die Vermittlung in Konfliktsituationen zum Schutz religiöser Minderheiten und der Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu fördern;

14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China zu übermitteln.

Letzte Aktualisierung: 18. Dezember 2019
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