Im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie haben sich die Innenminister von Bund und Ländern für eine Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Mithilfe einer Mindestspeicherverpflichtung sollen die Ermittlungen in diesem Bereich vorangebracht werden, hieß es nach dreitägigen Beratungen der Innenminister in Erfurt. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden Anbieter gesetzlich verpflichtet, die Telefon- und Internetverbindungsdaten der Nutzer zu speichern, sodass Ermittler später darauf zugreifen können.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, man müsse mit aller Härte gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch vorgehen. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte, es brauche eine Mindestspeicherpflicht, da ansonsten wichtige Informationen und Bestandsdaten verloren gehen würden. Man müsse bei schwersten Straftaten schnell zugreifen können.

Bislang gab es innerhalb der Koalitionsfraktionen lediglich auf der Seite der Union Forderungen, eine Vorratsdatenspeicherung im Bereich Kindesmissbrauch zu ermöglichen, um die Ermittlungen zu erleichtern. Doch zwischenzeitlich zeigte sich auch Familienministerin Franziska Giffey (SPD) offen für Vorratsdatenspeicherung im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie. Man sei an einem Punkt angekommen, wo man alles, was nötig und möglich sei, prüfen und tun müsse, um diese Dinge aufzuklären, sagte Giffey in der ZDF-Sendung Maybrit Illner. "Und wenn die Vorratsdatenspeicherung ein Punkt ist, der dazugehört, dann müssen wir uns den ansehen, und dann müssen wir das auch machen." Daraufhin twitterte ihre Parteivorsitzende Saskia Esken: "Ich bleibe bei meiner Ablehnung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, und ich gehe davon aus, dass sowohl das BVerfG als auch der EuGH an ihrer Rechtsprechung festhalten: Eine anlasslose VDS ist mit den europäischen Grundrechten unvereinbar."

Einen Tag später ließ dann auch Giffey über ihr Ministerium mitteilen: "Bei der anlasslosen und flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung für alle gibt es große Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und der Wirksamkeit. Mehrfach haben Gerichte entschieden, dass diese nicht im Einklang mit dem Grundgesetz steht. Das gilt."

FDP fordert Speicherung nur im Verdachtsfall

Die FDP bezeichnete das Verfahren als das falsche Instrument im Kampf gegen Kindesmissbrauch. "Statt die Daten von Millionen Bundesbürgern zu speichern, sollte man eine Regelung schaffen, mit der anlassbezogen und bei bestimmten Verdachtsmomenten eine Speicherung erfolgt", sagte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle.

Über das Thema wird seit Jahren vor allem mit Blick auf den Datenschutz gestritten. Der Europäische Gerichtshof hatte 2016 entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit EU-Recht nicht vereinbar ist.

Mehr sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet in Corona-Krise

Die Debatte um eine Strafverschärfung bei Kindesmissbrauch und Kinderpornografie wird wieder verstärkt geführt, nachdem vor Kurzem ein Missbrauchsfall in Münster bekannt geworden war. Zudem veröffentlichte Europol einen Bericht, der einen Anstieg von sexuellem Missbrauch während der Corona-Krise belegt. Insbesondere in der Isolation während des Lockdowns seien Kinder gefährdet. Während bei Europol sonst im Monat etwa 100.000 Fälle von sexueller Ausbeutung gemeldet werden, schnellte die Zahl im März auf eine Million. Im Mai sei die Zahl jedoch wieder gesunken.