Edit Policy: Verschärfungen bei der Urheberrechtsreform in Deutschland

Bei Umsetzung der Urheberrechtsreform sollen die Uploads in Echtzeit auf Verstöße geprüft werden. Die Bundesregierung setzt nun doch auf Upload-Filter.

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Edit Policy: Urheberrechtsreform in Deutschland

(Bild: GreenTech / Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Felix Reda
Inhaltsverzeichnis

Die Bundesregierung setzt bei der Urheberrechtsreform nun doch verstärkt auf Uploadfilter. Ein erster, im Juni veröffentlichter Diskussionsentwurf zur Umsetzung des umstrittenen Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie fiel recht gemäßigt aus. Dieser erlaubte Nutzer:innen, ihre hochgeladenen Inhalte vorsorglich als erlaubt zu kennzeichnen und so vor einer vollautomatischen Sperrung zu schützen, beispielsweise wenn sie legale Zitate oder Inhalte unter Creative Commons-Lizenzen enthalten. Der nun bekannt gewordene Referentenentwurf rückt vom Prinzip des Pre-Flagging ab. Nur noch in wenigen Ausnahmefällen kann eine Sperrung von legalen Inhalten durch Uploadfilter verhindert werden.

Kolumne: Edit Policy

(Bild: 

Volker Conradus, CC BY 4.0

)

In der Kolumne Edit Policy kommentiert der ehemalige Europaabgeordnete Felix Reda Entwicklungen in der europäischen und globalen Digitalpolitik. Dabei möchte er aufzeigen, dass europäische und globale netzpolitische Entwicklungen veränderbar sind, und zum politischen Engagement anregen.

Nach den neuen Plänen des Justizministeriums sollen Plattformen verpflichtet werden, Inhalte bereits während des Uploads in Echtzeit auf Urheberrechtsverletzungen zu überprüfen. Nur wenn in dieser Echtzeitprüfung ein urheberrechtlich geschützter Inhalt erkannt wird, für den die Plattform keine Lizenz erworben hat, wird Nutzer:innen die Möglichkeit gegeben, den Inhalt entweder als erlaubt zu kennzeichnen oder den Uploadvorgang abzubrechen. Potentielle Urheberrechtsverletzungen sollen so gar nicht erst veröffentlicht werden.

Diese Vorgehensweise wird unweigerlich zur rechtswidrigen Sperrung zahlreicher legaler Inhalte führen. Oftmals melden Rechteinhaber Werke nämlich erst nachträglich zur Sperrung an, die bereits auf der Plattform genutzt werden. Kürzlich wurde beispielsweise die Streaming-Plattform Twitch mit einer Fülle neuer Copyright Claims überflutet, die zur plötzlichen Sperrung von Videos führte, die sich bereits seit Jahren auf der Plattform befanden.

In solchen Situationen bietet der neue Gesetzesentwurf keinerlei Schutz vor fälschlichen Sperrungen. Wer etwa ein legales Zitat oder eine Parodie hochlädt, kann sich durch den Wegfall der Möglichkeit, Uploads vorsorglich als legal zu kennzeichnen, nicht mehr gegen zukünftige Sperrverlangen von Rechteinhabern schützen. Erst wenn ein Inhalt bereits gesperrt wurde, können Nutzer:innen sich im Nachhinein beschweren. Diese Vorgehensweise genügt aber nicht einmal den Vorgaben von Artikel 17 selbst, der verlangt, dass legale Inhalte gar nicht erst gesperrt werden.

Die Nutzung freier Inhalte, die urheberrechtlich nicht geschützt sind oder unter einer Creative Commons-Lizenz stehen, wird durch das neue System ebenfalls erschwert. Falsche Copyright Claims rühren hier oft daher, dass verschiedene Personen den gleichen freien Inhalt legal nutzen, Uploadfilter wie YouTubes ContentID jedoch die eine Nutzung fälschlicherweise als illegale Kopie der anderen Nutzung erkennen.

Oftmals liegt die Schuld dafür bei Rechteinhabern, die alle ihre Veröffentlichungen zur Sperrung via ContentID melden, ohne hierbei zu differenzieren, ob sie überhaupt über Exklusivrechte an den entsprechenden Werken verfügen. So kommt es regelmäßig zur Sperrung von gemeinfreien NASA-Aufnahmen oder von Werken klassischer Musik, deren Urheberrechtsschutz längst abgelaufen ist.

Wer gemeinfreie Inhalte regelmäßig auf Plattformen wie YouTube nutzt, kennt dieses Problem aus eigener schmerzlicher Erfahrung und wäre gut in der Lage, durch Pre-Flagging solchen erwartbaren falschen Sperrungen zuvorzukommen. Da Pre-Flagging aber nach dem Referentenentwurf nur noch dann möglich sein soll, wenn bereits während des Uploads in Echtzeit eine angebliche Urheberrechtsverletzung erkannt wird, gibt es keine Möglichkeit mehr, sich vor zukünftigen falschen Copyright Claims zu schützen. Diese sind bei frei nutzbaren Inhalten aber besonders häufig.