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Pressemitteilung

Recht auf Verschlüsselung statt Generalschlüssel für Chat-Kommunikation

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) fordert die deutsche Ratspräsidentschaft, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament auf, sich dem Versuch, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzuweichen, vehement entgegenzustellen.

Die Regierungen der EU-Staaten bereiten im Ministerrat eine Resolution vor, die Anbieter von Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation zwingen soll, einen „Generalschlüssel“ vorzuhalten. Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) fordert die Bundesregierung als derzeitige Ratsvorsitzende, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament auf, sich diesem Vorschlag vehement entgegenzustellen und sich stattdessen für ein europäisches „Recht auf Verschlüsselung“ einzusetzen.

GI-Präsident Prof. Dr. Hannes Federrath: „Der Vorstoß gefährdet nicht nur die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Unternehmen. Indem sämtliche Bemühungen um rechtsverbindliche Unternehmenskommunikation durch eine Aufweichung von Verschlüsselung unterlaufen werden, wird letztlich die notwendige Digitalisierung der europäischen Wirtschaft behindert. Auch für die politische Willensbildung und Gestaltung einer freien Gesellschaft brauchen wir eine verlässlich vertrauliche Kommunikation.

Das Grundrecht auf Verschlüsselung ist wichtig für unsere Demokratie – so wie es das Postgeheimnis in der analogen Welt war. Geheime Kommunikation lässt sich weder mit einem Generalschlüssel noch mit einem Verschlüsselungsverbot wirksam verhindern. Kriminelle könnten etwa auf unbeobachtbare Kommunikation mit Steganographie ausweichen.“

Die geplante Aufweichung von Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation wird mit Verweis auf aktuelle Terror-Angriffe in Frankreich und Österreich begründet, obwohl verschlüsselte Kommunikation nach bisherigem Erkenntnisstand weder bei der Vorbereitung noch bei der Aufklärung der Taten eine Rolle spielt.

Die Bundesregierung sollte sich daher auf ihr Bekenntnis „Wir stärken vertrauenswürdige Kommunikation insbesondere durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aus der Charta zur Stärkung der vertrauenswürdigen Kommunikation von 2015/2016 besinnen. Auch in BT-Drucks. 18/5144 beteuerte die Bundesregierung: „Die Entwicklung und durchgängige Verwendung vertrauenswürdiger IT-Sicherheitstechnologien ist von entscheidender Bedeutung für Unternehmen, Verwaltung und Bürger in unserer heutigen Informationsgesellschaft. Daher wird die gezielte Schwächung oder Regulierung von Verschlüsselungstechniken von der Bundesregierung nicht verfolgt.“

Die GI fordert die Bundesregierung auf, ihre aktuelle Rolle als Vorsitzende der EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen, um diesen Schnellschuss des Ministerrates wieder einzufangen.

Auch die Europäische Kommission und das Parlament sind gefordert, sich für den europäischen Datenschutz stark zu machen. Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat es die Union in den vergangenen Jahren geschafft, einen Standortvorteil für die europäische Digitalwirtschaft zu schaffen und die Grundlagen für ihre technologische Souveränität gelegt. So verpflichtet DSGVO Art. 32 explizit zur „Verschlüsselung personenbezogener Daten“.

Ein „Generalschlüssel“, wie vom Ministerrat gefordert, unterminiert das Vertrauen in solche Verschlüsselung und gefährdet das Wachstum der europäischen IT-Wirtschaft sowie das Ziel technologischer Souveränität Europas. Die GI fordert daher Kommission und Parlament auf, dem Vorschlag des Ministerrats ein starkes europäisches Recht auf Verschlüsselung entgegenzusetzen.

Siehe auch:

GI-Präsident Prof. Dr. Hannes Federrath
© Kathrin Richter - GI e.V.