Die Bundesregierung hat sich nach langen Verhandlungen auf einen Kompromiss für die Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform geeinigt: Das Kabinett verabschiedete einen Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums am Mittwoch im Kabinett. Ministerin Christine Lambrecht (SPD) spricht von einem "fairen Interessenausgleich". Doch die verabschiedete Version geht stärker als vorherige Entwürfe auf Einwände von Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern ein. Oder anders gesagt: Ausnahmeregelungen zugunsten von Nutzerinnen und Nutzern wurden weiter zurückgestutzt.

So wurde die Zulässigkeit der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für Karikaturen, Parodien und Pastiches, also zum Beispiel Memes, eingeschränkt. Der maximale Text- oder Videoausschnitt, den man aus urheberrechtlich geschützten Werken noch problemlos übernehmen darf, wurde nach unten korrigiert. Und es wurde ein "roter Knopf" eingeführt, der "vertrauenswürdigen Rechteinhabern" erlaubt, die Sperrungen von Inhalten auch in umstrittenen Fällen umgehend zu erzwingen. Kurz gesagt: Wirklich übersichtlicher wird es nicht für Nutzerinnen und Nutzer von Plattformen in der Frage, welche Inhalte sie für ihre Schöpfungen auf Plattformen noch verwenden dürfen.

Ein Streit mit Deadline

Einfach war der Weg zu diesem Kabinettsentwurf nicht. Monatelang hatte das Bundesjustizministerium herumgeeiert, um für die Umsetzung der hoch umstrittenen EU-Urheberrechtsrichtlinie in deutsches Recht einen Kompromiss zu finden, der möglichst alle Seiten zufriedenstellt: Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften, Plattformen, Nutzerinnen und Nutzer. Die Zeit dafür drängt inzwischen: Am 7. Juni dieses Jahres läuft die Frist ab, bis dahin muss die Reform in deutsches Recht übergegangen sein.

Wie heftig der Streit darum auch innerhalb der Regierung geführt worden sein muss, lässt sich daran erkennen, dass eine Verabschiedung im Kabinett immer wieder erwartet und teils ungewöhnlich kurzfristig verschoben wurde.

Kein Wunder, denn das eigentlich dröge Thema Urheberrecht beinhaltet nicht nur jede Menge Lobbyinteressen, es wird auch sehr emotional diskutiert: Hunderttausende Nutzerinnen und Nutzer waren im Frühjahr 2019 auf die Straße gegangen, um vor allem gegen Artikel 17 der Richtlinie zu protestieren. Sie kritisierten, dass durch ihn der Einsatz automatisierter Uploadfilter zur Erkennung von Urheberrechtsverletzungen faktisch unumgänglich werden würde. Und sie befürchteten, dass die Kernidee der Reform – nämlich Plattformen für mögliche Urheberrechtsverstöße haftbar zu machen – die Gefahr berge, dass auch solche Inhalte gesperrt würden, die eigentlich legal auf den Plattformen stehen bleiben dürften. Dadurch sahen sie nicht nur die Meinungs- und Kunstfreiheit in Gefahr, sondern auch das Risiko einer allgemeinen Überwachung.

Die deutsche Regierung, insbesondere die CDU und das SPD-geführte Justizministerium unter der damaligen Ministerin Katarina Barley, hielt dagegen: Die Union veröffentlichte im März 2019 einen Vorschlag, laut dem der Einsatz von Uploadfiltern insgesamt vermieden werden können sollte. Und das deutsche Justizministerium ließ in einer Protokollerklärung bei der Zustimmung zur EU-Richtlinie im Frühjahr 2019 verlauten, dass Uploadfilter "nach Möglichkeit" zu verhindern seien.

Doch seit das Justizministerium, nun unter der Leitung von Lambrecht, 2020 erste Entwürfe für eine Umsetzung in deutsches Recht vorgelegt hatte, gingen nach und nach die Bedenken diverser Rechteinhaber ein: Sie fürchteten, dass die Reform zu ihren Ungunsten ausfallen könne. In der Folge wurde Stück für Stück nachgebessert. Wer die ersten Entwürfe mit dem nun verabschiedeten abgleicht, stellt fest: Die Interessen von Nutzerinnen und Nutzern der Plattformen gerieten dabei zunehmend ins Hintertreffen.