Am 17. September 1991 veröffentlichte der damals 21 Jahre alte finnische Student Linus Torvalds die erste Version des freien Betriebssystemkerns Linux. Der Kernel ist das Herzstück eines Betriebssystems: Er fungiert, vereinfacht gesagt, als Vermittlungsschnittstelle zwischen Hard- und Software eines Geräts – und fehlte anderen damaligen Entwicklungen eines freien Betriebssystems noch.

"Nur ein Hobby", schrieb Torvalds in einem Usenet-Post , in dem er die Veröffentlichung wenige Wochen zuvor angekündigt hatte. Tatsächlich ist das heutige Betriebssystem Linux als quelloffenes – sprich: frei verfügbares und kollaborativ ergänzbares – System inzwischen zu einem der wichtigsten Stützpfeiler der Softwarewelt geworden. Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit haben auch Sie heute schon Dienste, Anwendungen oder Geräte genutzt, die sich auch auf Linux stützen. Ein paar Beispiele

Übersicht:

Android

Lange, sehr lange war Linux eine Software, um die weniger erfahrene Computernutzerinnen und Computernutzer einen großen Bogen machten. 2008 änderte sich das grundlegend – als nämlich Google sein Smartphone-Betriebssystem Android veröffentlichte. Denn auf fast jedem Android-Gerät ist das Linux-Kernel zentraler Bestandteil der Software. Und das wiederum bedeutet: Auf weltweit mehr als 70 Prozent aller Smartphones läuft eine Software, die ohne Linux nicht auskäme. 

Diese weite Verbreitung hat Android auch erreicht, weil es ein offenes Betriebssystem ist, das auf den Smartphones vieler verschiedener Hersteller läuft. Möglich wird das unter anderem, weil Android eine quelloffene Software ist, also eine, die Programmierer nicht nur einsehen, sondern auch modifizieren können. Apples Betriebssystem iOS funktioniert hingegen nur auf iPhones, auch aus dem Quellcode der Software macht das Unternehmen ein Geheimnis. 

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Microsofts Cloud-Plattform Azure

Microsoft und Linux – das war über viele, viele Jahre hinweg ein Krieg der Welten. Hier das Großunternehmen, das mit dem Vertrieb von Betriebssystemen wie Windows und Bürosoftwarepaketen wie Office reich geworden war – und dort die Programmierergemeinschaft, die gemeinsam am Betriebssystem schraubte und das Ergebnis dann kostenfrei mit allen teilte.  

"Linux ist ein Krebsgeschwür, das in Bezug auf geistiges Eigentum alles befällt, was es berührt", sagte der damalige Microsoft-Geschäftsführer Steve Balmer 2001, beschimpfte es an anderer Stelle gar als "Kommunismus". Auch sonst ließ das von Bill Gates und Paul Allen gegründete Unternehmen wenig unversucht, um dem freien Betriebssystem-Konkurrenten Steine in den Weg zu legen – alles zu dem Zweck, seine eigene Software weiter gegen Geld an die Kundin zu bringen. Und das lange sehr erfolgreich. 

Gut zehn Jahre später vollzog aber sogar Microsofts Unternehmensspitze den Kurswechsel: 2014 verkündete der neue Microsoft-Chef Satya Nadella seine Liebe zu Linux. Eine Einsicht in Notwendigkeit: Längst hatte Linux enormen Einfluss darauf genommen, wie Unternehmen auf der ganzen Welt ihre Webseiten und Software bauen. Und Microsoft hat eingesehen, dass Geld in Zukunft weniger in Desktopsoftware, sondern vielmehr in der Cloud, also über das Internet verfügbare Rechenspeicher, zu verdienen ist.

Wer früher Betriebssystem sagte, meinte meist Windows – wer heute Cloud sagt, meint oft auch irgendwas mit Linux: Schon seit Jahren laufen 90 Prozent des öffentlichen Cloud-Workloads über Linux-Betriebssysteme, das zumindest berichtet die Linux-Foundation. Auch die Clouds von Amazon, Google und Alibaba setzen auf Linux.  

Weswegen für Microsoft-Chef Nadella aus dem Kurswechsel gegenüber Linux auch eine Überlebensfrage wurde: "Springt man auf das Neue nicht auf, überlebt man nicht", sagte er gegenüber Wired. Zwanzig Prozent aller Aktivitäten auf Azure gingen auf Linux zurück. 

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Wikipedia

Egal, ob Sie nachschauen, wie viele Vornamen Karl-Theodor zu Guttenberg hat oder wann der Westfälische Friede geschlossen wurde: Die Inhalte, die Autoren der Wikipedia gemeinsam zusammengetragen haben, werden Ihnen präsentiert dank Linux. Genau gesagt: dank der Software MediaWiki, die auf den kombinierten Einsatz von Programmen auf Linux-Basis zurückgeht und so dabei hilft, dynamische Webseiten zur Verfügung zu stellen. Selbst Google und Facebook laufen auch über Linux-Anpassungen, ebenso wie die meisten anderen populären Webseiten.

Es kann nicht überbetont werden, wie zentral Linux für das heutige Ökosystem des Internets ist, sagt Kees Cook, Sicherheitsforscher und Linux-Kernel-Ingenieur bei Google in einem Interview anlässlich des Linux-Geburtstags. "Sich auf das Internet zu verlassen, heißt, sich auf Linux zu verlassen." 

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Alle 500 Supercomputer der Welt

Sie tragen Namen wie Fugaku oder Summit und berechnen in atemberaubender Geschwindigkeit alles von biologischen Polymeren über Quantenmechanik bis hin zur Wettervorhersage: Supercomputer sind die absoluten Streber unter den Rechnern. Und laufen heute alle mit Linux oder Linux-Varianten.

Argumente für das freie Betriebssystem in Supercomputern ist Beobachtern zufolge neben dem Vermeiden von Lizenzgebühren für die ohnehin superteuren Supercomputer seine hohe Anpassungsfähigkeit und Skalierbarkeit. 

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Mars-Hubschrauber Ingenuity

Linux hat es bis auf den Mars geschafft: Auch der Bordcomputer der kleinen Drohne Ingenuity, die bei einem autonomen Flug über die Marsoberfläche im März Bilder aus der Vogelperspektive lieferte, läuft mit dem quelloffenen Betriebssystem. Es sei das erste Mal, dass die Nasa auf dem Mars mit Linux fliege, sagte Nasa-Ingenieur Tim Canham in einem Interview – und bezeichnete das als "Erfolg für Open-Source".

Auch auf der Raumstation ISS wurden mehrere Rechner 2013 von Windows XP auf die Linux-Distribution Debian 6 umgestellt, Gründe dafür seien laut einem verantwortlichen Netzwerktechniker der Wunsch nach einem "stabilen und verlässlichen Betriebssystem, das wir selbst aktualisieren und verändern können". 

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