Immobilien und Big Data:Einblicke bis in den Keller

Altprojekt in Chile belastet Hochtief-Ergebnis

Bauen wird immer teurer.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Künstliche Intelligenz liefert immer exaktere Daten über Baukosten und Mieten. Aber auch darüber, wo sich gerade ein Szene-Kiez entwickelt.

Von Lars Klaaßen

Big Data ist längst auch in der Immobilienwirtschaft angekommen. Die Digitalisierung und die intelligente Nutzung großer Datenmengen wird die Branche grundlegend verändern, erwarten Experten wie Juri Ostaschov, Chief Data Scientist der Prea Group, eines Dienstleistungs- und Beratungsunternehmens für Immobilieninvestments. Ein Gespräch über gesäuberte Daten, einfache Strukturen und Prognosen.

Herr Ostaschov, welche Rolle spielt Big Data für Immobilieninvestments?

Juri Ostaschov: Alle Akteure können über Big Data relevante Informationen über kleinste geografische Ebenen erhalten. Einige sind nur auf der Postleitzahl-Ebene analysierbar, während andere Daten auf der Objekt-Ebene analysierbar sind. Bauträger finden schnellen Zugriff auf Rahmenbedingungen, was man zum Beispiel wo nach Bebauungsplan genau machen darf. Investoren bekommen einen guten Blick auf Kosten, wo wie viel Miete pro Quadratmeter drin ist, warum die Preise eine bestimmte Höhe haben, ob für die nächsten fünf Jahre die angelegte Miete noch nachhaltig realisierbar ist. Asset-Manager können sich frühzeitig über das Risiko potenzieller Zahlungsausfälle informieren. Solche Ergebnisse auf Basis von Big-Data-Erhebungen werden genutzt, um die Investmentperformance der Kunden zu optimieren und etwa das Eigen- und Fremdkapital besser zu strukturieren. Eine aktuell akute Frage könnte auch lauten: Wie stark ist ein Quartier womöglich von Corona betroffen?

Juri Ostaschov, Chief Data Scientist der PREA Group

Juri Ostaschov, Chief Data Scientist der Prea Group

(Foto: PR)

Auf welche Daten greifen Sie zu, um solche Antworten geben zu können?

Wir nutzen viele verschiedene Quellen. Dazu gehören Daten, die ohnehin öffentlich sind. Auch Online-Datenbanken wie zum Beispiel Geomap sind interessant. Daten kaufen wir unter anderem auch bei Forschungsinstituten ein. Haben wir die Quellen zu bestimmten Fragestellungen ausfindig gemacht, müssen die Daten gesäubert, transferiert und in den entsprechenden Kontext gestellt werden. Dazu braucht es Rechenpower. Wir können bis zu zwei Terabyte in 20 Sekunden abfragen. Das reicht aber noch nicht, man muss aus den großen Datenmengen auch qualitativ etwas machen.

Was bedeutet qualitativ?

Die Kunst der Datenanalyse ist es, aus gigantischen Beständen die gewünschten Antworten herauszufiltern. So arbeiten wir mit vielen Quellen, die vermeintlich nichts miteinander zu tun haben: Die Dichte von Restaurants zum Beispiel und wie sie auf bestimmten Portalen bewertet werden, kann Aufschluss darüber geben, wo sich ein Szene-Kiez entwickelt. Dies wird dann noch gekoppelt mit der Frage, wie sich die Wirtschaft gerade generell entwickelt. All das in belastbare Daten umzuwandeln, ist die Herausforderung. Als der erste rein digitale Investmentberater im Immobilienbereich hat Prea hierfür eigens eine KI entwickelt. Dabei geht es nicht darum, einen möglichst komplexen Algorithmus anzuwenden, einfache Strukturen machen ein System sicherer. Um hier immer wieder den besten Weg zu finden, entwickle ich die KI, bin aber auch für die Analysen verantwortlich.

Was kann Big Data, das bislang nicht möglich war?

Datensätze, die sich auf eine geografisch breit gestreute Basis stützen, konnten früher nicht auf lokale Punkte fokussiert werden. Das ist durch KI mit Big Data nun möglich. Interessant wird das unter anderem bei gering frequentierten Standorten. Uns reicht es heute nicht mehr, fünf vergleichbare Objekte zu Rate zu ziehen und auf dieser Basis eine Prognose zu treffen. Unsere Basis ist breiter, weil wir solche "Comparables" bündeln, kein Ort in Deutschland ist einzigartig. Clustering-Algorithmen helfen hier, die Standorte nach Ähnlichkeit zu analysieren und zu filtern. Entscheidend ist, auf die passenden Quellen in der erforderlichen Breite zugreifen zu können. Mit solchen Daten lassen sich exakte Simulationen erstellen. Die ist der zweite große Fortschritt: Big Data ermöglicht exakt bezifferte Aussagen, weit genauer als die Prognosen für vage Trends.

Welche Einblicke ermöglicht das jenseits abstrakter Zahlen?

Wir haben eine Big-Data-Analyse für die sieben größten deutschen Städte durchgeführt: Welche Charakteristiken einer Wohnung wirken sich wo und wie stark preisfördernd oder preismindernd aus? Dabei erfährt man Dinge, die zuvor vielleicht gar nicht bedacht worden sind. In Berlin sind etwa Parkettboden und eine offene Küche sehr preisfördernd. In Düsseldorf hingegen ist es wichtiger, dass es sich um eine Nichtraucher-Wohnung handelt und dass sie einen Vollkeller besitzt. In Stuttgart wiederum sind sehr preisfördernde Faktoren ein Parkettboden und eine Dachterrasse.

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