Autonomes Fahren in die Praxis holen

Mobilität Autonomes Fahren in die Praxis holen

Lkw, die Waren selbstständig ins Güterverteilzentrum liefern, Pkw und Busse, die Fahrgäste genauso autonom wie sicher an ihr Ziel befördern – die Bundesregierung möchte in festgelegten Betriebsbereichen Fahrzeuge ohne Fahrer erlauben. Ihrem Gesetzentwurf hat nun auch der Bundesrat zugestimmt. Ein Überblick in Fragen und Antworten.

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Vielseitig, sicher, gut für Umwelt und Nutzer – an dieser Mobilität der Zukunft arbeitet die Bundesregierung. Deshalb sollen die Rahmenbedingungen für den Einsatz automatisierter und autonomer Fahrzeuge im Straßenverkehr stetig verbessert werden.

Welche Regeln gelten für das autonome Fahren bislang?

Seit dem 21. Juni 2017 gilt das Gesetz zum automatisierten Fahren. Es regelt den Betrieb hochautomatisierter Fahrzeuge. Diese können unter bestimmten Voraussetzungen selbstständig die Fahraufgabe übernehmen. Ein Fahrer ist dabei aber weiterhin notwendig.

Nun soll der nächste Schritt folgen. Das neue Gesetz stellt einen zentralen nächsten Baustein dar, um das autonome Fahren in die Praxis zu bringen und Einsatzchancen in verschiedenen Mobilitätsbereichen zu ermöglichen.

In welchen Bereichen möchte das neue Gesetz autonomes Fahren ermöglichen?

Autonomes Fahren soll für eine maximale Zahl von Einsatzszenarien ermöglicht und lediglich örtlich auf einen festgelegten Betriebsbereich begrenzt werden. Die unterschiedlichen Anwendungsfälle werden vorab nicht abschließend geregelt. 

Zu den Einsatzszenarien zählen etwa

  • Shuttle-Verkehre,
  • automatische Personentransportsysteme für kurze Strecken (People-Mover)
  • fahrerlose Verbindungen zwischen Logistikzentren (Hub2Hub-Verkehre)
  • nachfrageorientierte Verkehrsangebote in Randzeiten im ländlichen Raum,
  • Dual-Mode-Fahrzeuge wie zum Beispiel beim "Automated Valet Parking" (Hierbei kann der Fahrer direkt vor der Haustür aussteigen und das Fahrzeug anschließend per Befehl über das Smartphone selbstständig in die Parkgarage fahren lassen.)

Was regelt das Gesetz genau?

Mit dem Gesetz werden die Voraussetzungen für den Einsatz autonomer, also fahrerloser Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb sowie im gesamten nationalen Geltungsbereich geschaffen - allerdings in durch die zuständigen Landesbehörden vorher festgelegten Betriebsbereichen.

Geregelt werden unter anderem Pflichten der Halter und Hersteller sowie der neu eingeführten sogenannten Technischen Aufsicht. Diese steuert und führt das Fahrzeug allerdings nicht von außen aus der Ferne - die Fahrzeugsteuerung erfolgt ausschließlich durch die autonome Fahrfunktion im Fahrzeug.

Ebenso sieht das Gesetz die Ermöglichung sogenannter Dual-Mode-Fahrzeuge für zum Beispiel fahrerloses Parken vor. Für diese Fahrzeuge kann zunächst eine herkömmliche Typengenehmigung erlangt und diese Funktion später - bei Vorhandensein nationaler beziehungsweise internationaler Vorschriften - aktiviert werden.

Wie geht es mit dem autonomen Fahren weiter?

Deutschland ist mit dem Gesetz weltweit das erste Land, das fahrerlose Kraftfahrzeuge im Regelbetrieb sowie im gesamten nationalen Geltungsbereich erlaubt.

Ziel dieses Regelungsrahmens ist die schnelle Etablierung innovativer Technik, Funktionen und Services in Deutschland. Damit bietet der Regelungsrahmen Deutschland die Möglichkeit, Forschung und Entwicklung voranzutreiben und die Mobilität der Zukunft vielseitiger, sicherer, umweltfreundlicher und nutzerorientierter zu gestalten.

Deutschland hat als Exportnation ein großes Interesse an der Schaffung internationaler Regeln. Bereits heute treibt Deutschland auf UN-Ebene die internationale Harmonisierung für automatisierte Fahrsysteme wie zum Beispiel Spurhaltesysteme voran. Auch für das autonome Fahren wird eine zeitnahe Harmonisierung angestrebt.

Bedeutet automatisiert immer auch autonom?

In der Forschung und Entwicklung werden verschiedene Stufen der Automatisierung unterschieden. Diese sind in den "SAE-Levels" der Society of Automotive Engineers definiert:

Assistiertes Fahren (Stufe 1): Der Fahrer übernimmt dauerhaft entweder Lenkung oder Gas und Bremse. Die jeweils andere Teilaufgabe wird in bestimmten Situationen vom System ausgeführt. Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme bereit sein. Zu den Fahrassistenzsystemen zählen beispielsweise der Einparkassistent und der automatische Notbremsassistent.

Teilautomatisiertes Fahren (Stufe 2): Stufe 2 ist heute Stand der Technik. Das System übernimmt sowohl Lenkung als auch Gas und Bremse - allerdings nur für einen gewissen Zeitraum oder in bestimmten Situationen. Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme bereit sein. Ein Beispiel hierfür ist der Stauassistent.

Hochautomatisiertes Fahren (Stufe 3): Das System übernimmt für einen gewissen Zeitraum oder in bestimmten Situationen selbstständig Lenkung sowie Gas und Bremse. Der Fahrer muss das System nicht dauerhaft überwachen, aber jederzeit zur vollständigen Übernahme bereit sein - sofern ihn das System dazu auffordert.

Vollautomatisiertes Fahren (Stufe 4): Das System übernimmt für einen gewissen Zeitraum oder in bestimmten Situationen vollständig die Kontrolle und muss dabei nicht überwacht werden. Muss das System den Automationsmodus verlassen, fordert es den Fahrer zur Übernahme auf. Erfolgt dies nicht, stellt das System einen risikominimalen Zustand her. Beispiel: Das System bringt das Fahrzeug auf dem Seitenstreifen zum Stehen.

Autonomes Fahren (Stufe 5): Das System übernimmt die vollständige Kontrolle in allen Verkehrssituationen und bei jeder Geschwindigkeit. Der Mensch ist ausschließlich Passagier, sein Eingreifen ins Fahrgeschehen nicht mehr nötig.

Mit dem Gesetz zum autonomen Fahren wird eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Dort wurde als Ziel definiert, bis zum Ende der Legislaturperiode die rechtlichen Voraussetzungen für vollautonome Fahrzeuge auf geeigneten Infrastrukturen schaffen zu wollen.