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Meldung

GI bezieht Stellung zur ergänzenden Empfehlung zur KMK-Strategie "Bildung in der digitalen Welt"

Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) bewertet die ergänzende Empfehlung „Lehren und Lernen in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz (KMK) als einen guten Schritt nach vorn, sieht aber weiteren Handlungsbedarf.

Berlin, 02. Februar 2022 – Am 9. Dezember 2021 hat die Kultusministerkonferenz die Empfehlung „Lehren und Lernen in der digitalen Welt“ als Ergänzung zur bereits 2016 veröffentlichten KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ veröffentlicht.1 Die Ergänzung soll laut KMK die bereits in der Strategie formulierten Ansätze vertiefen und davon ausgehend auch das Handlungsfeld „Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erziehenden und Lehrenden“ eröffnen. Die GI-Expert*innen sind sich einig, dass mit der KMK-Empfehlung ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde, dass damit aber Hausaufgaben einhergehen, sowohl für Bund und Länder als auch für Universitäten und Hochschulen.

KMK-Empfehlung sollte als Anregung für ein Pflichtfach Informatik verstanden werden

In der ergänzenden Empfehlung heißt es unter anderem: „Die Anbahnung grundlegender informatischer Kompetenzen im Rahmen bestehender Unterrichtsfächer kann z. B. durch die Einführung eines entsprechenden verpflichtenden Unterrichtsfachs an allgemeinbildenden Schulen ergänzt werden, das Themen der Informatik und Mediengesellschaft aufgreift“ (S. 8). Dazu erklärt Dr. Lutz Hellmig, Fachdidaktiker von der Universität Rostock und ehemaliger Sprecher des GI-Fachausschusses „Informatische Bildung in Schulen“ (FA IBS): „Immerhin: Der Name der Bezugswissenschaft Informatik findet in der ergänzenden KMK-Empfehlung erstmals Erwähnung. Ausdrücklich wird auch der Wert der informatischen Bildung neben den medienbildnerischen Themen benannt. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt mit Signalwirkung. Nun müssen insbesondere diejenigen Länder, die noch keinen verpflichtenden Informatikunterricht anbieten, den Ball aufgreifen und ihre Verantwortung für eine zeitgemäße und zukunftsweisende Bildung der Schülerinnen und Schüler wahrnehmen."

Informatikkompetenz muss in die Breite der Lehrkräftebildung

Die Empfehlung der KMK geht auch darauf ein, dass digitale Lernumgebungen systematisch genutzt werden sollen. „Lernmanagementsysteme sind ein gutes Beispiel für die komplexen Informatiksysteme, die unseren Schulalltag durchdringen. Um sie souverän einsetzen und die Tragweite der darin vollzogenen Handlungen abschätzen zu können, müssen sowohl Schüler*innen als auch Lehrkräfte diese Systeme und die darin wirksamen informatischen Prinzipien verstehen", mahnt Prof. Dr. Ira Diethelm, Professorin für Didaktik der Informatik an der Universität Oldenburg. Sie leitet den Arbeitskreis Lehrkräftebildung der GI, der gerade Empfehlungen für die informatische Bildung aller Lehrkräfte erarbeitet. In der vorab veröffentlichten Position des Arbeitskreises heißt es: „Zum Verständnis, zur Reflexion und zur Mitgestaltung dieser digital vernetzten Welt sind grundlegende Informatikkompetenzen notwendig. Dies gilt insbesondere für Lehrkräfte zur Erfüllung des Bildungsauftrags".2

Länder müssen bei der Lehrkräftebildung stärker voneinander lernen

Die KMK fordert ebenfalls, dass auch durch die Lehrkräfte „Kompetenzen für die digital geprägte Welt, darunter auch informatische Grundkompetenzen, über alle Phasen der Lehrkräftebildung hinweg erworben und vertieft werden müssen." Lehrkräfte sollen dazu befähigt werden, „beispielsweise algorithmische Strukturen in genutzten digitalen Medien und Werkzeugen zu erkennen" (S. 24).

Dazu erklärt Dr. Peer Stechert, am Schleswig-Holsteinischen Lehrkräftebildungsinstitut IQSH zuständig für die Informatik-Weiterbildungsoffensive und Sprecher des GI-Fachausschusses „Informatische Bildung in der Schule“: „Das ist eine wichtige Empfehlung. Und wir erwarten, dass sie bald in die Umsetzung geht. Gleichzeitig steht die Frage im Raum: Wer soll die Lehrkräfte mit den geforderten informatischen Kompetenzen versorgen? Der Arbeitskreis Lehrkräftebildung der GI hat daher gute Beispiele gesammelt und dokumentiert, die zeigen, mit welchen Konzepten und Veranstaltungen sich Universitäten und Hochschulen diesen Herausforderungen stellen.“3 Dabei wird eine Dimension berücksichtigt, die im KMK-Papier nur am Rand adressiert wird: In allen Beispielen wird dem Aspekt der informatischen Selbstkompetenz im Sinne von »Ich kann selbstständig gestalten…« Aufmerksamkeit geschenkt.

Informatikkompetenz muss standardisiert in den Lehrkräfte-Curricula verankert werden.

Um die notwendigen Informatikkompetenzen in die Breite der Lehrkräftebildung zu bringen, braucht es entsprechende Rahmenbedingungen. „Informatik braucht eine feste Verortung im Lehramtsstudium mit einem Umfang von mindestens 5 ECTS. In Oldenburg müssen beispielsweise fast alle der ca. 600 Lehramtsstudierenden pro Jahr verpflichtend dazu eine Klausur bestehen." so Prof. Dr. Ira Diethelm.

Prof. Dr. Ludger Humbert, Professor für Didaktik der Informatik an der Bergischen Universität Wuppertal (Fachexperte der GI-Fachgruppe Informatische Bildung Nordrhein-Westfalen) ergänzt: „In Wuppertal etablierten wir 2009 mit »Informatik im Alltag – Durchblicken statt Rumklicken« eine Veranstaltung, die im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrkräftebildung vom Vorlesungs- und Übungsbetrieb (2 ECTS) um ein an den Interessen der Teilnehmenden orientiertes Tutorium sowie ein Praktikum (6 ECTS) erweitert wurde. Unsere Erfahrungen mit den verschiedenen Formaten haben zum Beispiel sogar zu Fachwechseln hin zu Informatik bei Lehramtsstudierenden geführt: »Wenn ich früher gewusst hätte, was Informatik eigentlich ist, …« haben wir häufig im Anschluss an unsere mündlichen Prüfungen zu der Veranstaltung von Studierenden gehört."

 

 


[1]www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2021/2021_12_09-Lehren-und-Lernen-Digi.pdf

[2]ak-lk-bildung.gi.de/position

[3]ak-lk-bildung.gi.de/gute-beispiele

Drei junge Schülerinnen setzen ihr Projekt mit einem Calliope mini um. © Birte Zellentin - Gesellschaft für Informatik e.V.