Wie umweltfreundlich das Hybridauto wirklich ist – Seite 1

4,2 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer: Der Realverbrauch des Testwagens Toyota Corolla 1.8 Hybrid ist niedriger als bei den Wettbewerben in der Golf-Klasse. Es gelingt mühelos, sparsam zu fahren. Das wissen auch die Käuferinnen und Käufer: 81 Prozent der im Juli neu zugelassenen Corolla haben die Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor unter der Haube. Die insgesamt über 13 Millionen gebauten Hybrid-Pkw von Toyota gehen schonender mit fossilen Ressourcen um als konventionelle Autos. Trotzdem stehen Hybridautos von allen Herstellern pauschal in der Kritik: Sind sie wirklich besser für die Umwelt?

Es kommt darauf an. Das Beispiel Toyota zeigt: Die Hybridautos aus dem japanischen Konzern sind dafür konstruiert, weniger Superbenzin zu verbrauchen. Beim Verzögern und Bremsen arbeitet der Elektromotor als Generator und produziert Strom, der dann in der Batterie gespeichert wird. Im Fall des Corolla 1.8 Hybrid entspricht dieser ungefähr der Kapazität von zwei Pedelecs. Beim Beschleunigen wird diese elektrische Energie wieder genutzt. Zusätzlich hält ein per Software gesteuertes Planetengetriebe die Drehzahl des Verbrennungsmotors im Bereich der höchsten Effizienz. Im Ergebnis entstehen so deutlich niedrigere Emissionen als bei einem reinen Verbrennungsmotor.

Der größte Konkurrent von Toyota ist Volkswagen. Auch hier spielen Hybridautos eine immer wichtigere Rolle. Das Ziel ist auch in Wolfsburg, den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen zu senken. Wenn im Oktober die achte Generation des EU-Topsellers Golf vorgestellt wird, werden die meisten Motorvarianten als sogenannte Mildhybride ausgelegt sein. Auch sie gewinnen Bremsenergie zurück, können aber im Gegensatz zu den Japanern nicht rein elektrisch beschleunigen.

Mogelpackung Plug-in-Hybrid

Der Streit entzündet sich meistens an den Plug-in-Hybriden: Ihre Batterien sind erheblich größer und können am Stromnetz aufgeladen werden. Mit dieser elektrischen Energie ist es möglich, typische und kürzere Pendelstrecken ohne Verbrennungsmotor zu bewältigen – unklar ist aber, wie viele Fahrerinnen und Fahrer solcher Autos das auch regelmäßig tun. Plug-in-Hybridautos sind für die internationale Autoindustrie attraktiv, weil sie auf dem Papier sehr niedrige CO2-Emissionen haben. Aber dahinter steckt nicht etwa eine herausragende Effizienz, sondern eine Fantasieformel.

Denn Plug-in-Hybridfahrzeuge durchfahren die Messstrecke im Labor zweimal: Zuerst mit voller Batterie, danach mit leerer. Es gibt also zwei Verbrauchswerte, die wiederum auf Basis der elektrischen Reichweite gewichtet werden. Der Gesetzgeber – hier in Gestalt der UNECE-Norm R101 – geht davon aus, dass ein Plug-in-Hybrid mit mehr Batteriekapazität auf der Straße häufiger elektrisch fährt und hat hierfür einen zusätzlichen Nutzungsfaktor definiert. Das ist so kompliziert, dass die Hersteller eigene Fachabteilungen zur Berechnung beschäftigen. Und es führt zu verzerrten Verbrauchs- und CO2-Werten, mit denen potenzielle Kundinnen und Kunden in der Realität nichts anfangen können.

Fantasieformel führt zu geringen Emissionen

Bei der Sportlimousine Panamera von Porsche zum Beispiel wurden 46 Prozent der Neuzulassungen im Juli als Plug-in-Hybride ausgeliefert. Der Normverbrauch laut DAT-Leitfaden liegt in der Basisversion mit 340 kW (462 PS) Systemleistung und 2.245 Kilogramm (kg) Leergewicht bei nur 2,5 Litern. Die Topversion mit 500 kW (680 PS, 2.485 kg) kommt auf 2,9 Liter. Diese Kraftpakete ordnet der deutsche Staat als genauso förderungswürdig ein wie die Plug-in-Version des zur Golf-Klasse gehörenden Kia Niro (1,3 Liter Normverbrauch).

Vom Kaufpreis lassen sich – anders als bei den eingangs genannten gewöhnlichen Hybridautos – 3.000 Euro "Umweltbonus" abziehen, die je zur Hälfte vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) sowie vom Hersteller aufgebracht werden. Eine Summe, die zumindest im Hochpreissegment irrelevant ist und angesichts der generell überhöhten Preise von Autos mit Ladestecker wahrscheinlich nicht den Ausschlag gibt. Von größter Wichtigkeit ist dagegen eine Steuerentlastung, die seit 1. Januar in Kraft ist und die jüngst bis 2030 verlängert wurde.

Steuerentlastung unabhängig von Motorleistung, Gewicht und Größe

Konkret: Die pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung eines Dienstwagens sinkt von einem auf ein halbes Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat, wenn der Antrieb ein Plug-in-Hybrid oder batterieelektrisch ist. Davon profitieren vor allem Angestellte, die einen Geschäftswagen als Bestandteil ihres Vertrages erhalten. Die Bundestagsfraktion der Grünen möchte diese indirekte Subvention für Plug-in-Hybride am liebsten streichen, weil sie unter anderem davon ausgeht, dass diese Fahrzeuge nur selten geladen werden und meistens mit dem Verbrennungsmotor unterwegs sind.

Die Diskussion um die vielen verschiedenen Antriebsarten entlarvt einen Fehler im System, der von der Politik zurzeit nicht adressiert wird: Unabhängig von Größe, Gewicht und Motorleistung werden bestimmte Antriebe und Kraftstoffe als nur positiv oder ausschließlich negativ dargestellt. Es wird zum Beispiel nicht differenziert zwischen einem batterieelektrischen Opel Corsa-E oder einem 2,7 Tonnen schweren Elektro-SUV wie dem Tesla Model X. Hier wäre es dringend notwendig, eine detaillierte Betrachtung einzuführen, will man wirklich die für die Umwelt am wenigsten schädlichen Fahrzeuge fördern.

Dass es auch anders geht, zeigt unter anderem Norwegen: Dort wird die Erstzulassungssteuer nicht nur nach CO2-Emissionen, sondern auch nach Motorleistung und Gewicht erhoben. Und in Japan gibt es die Klasse der "Kei Cars": Sie dürfen die Maße von 3,4 Metern Länge und 1,48 Meter Breite nicht überschreiten. Mehr als 47 kW (64 PS) sind ebenfalls nicht erlaubt. Diese Kleinstwagen werden vom Staat begünstigt und machen über ein Drittel der Verkäufe aus. In Deutschland scheint die Förderung einer geringen Verkehrsfläche oder einer kleinen Motorleistung undenkbar – jedenfalls macht keine Partei dazu einen Vorschlag.