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Zahlen für 2020 Ermittler überwachten rund 17.700 Anschlüsse von Verdächtigen

23 Mal haben sich deutsche Strafverfolger im Jahr 2020 in die Geräte von Verdächtigen gehackt. Das geht aus Angaben des Bundesamts für Justiz hervor.
WhatsApp kann nur über den Umweg der Quellen-TKÜ abgehört werden

WhatsApp kann nur über den Umweg der Quellen-TKÜ abgehört werden

Foto: Nick Ansell / dpa

Im Zuge von strafrechtlichen Ermittlungen sind in Deutschland 2020 etwas weniger Telefon- und Internetanschlüsse überwacht worden als im Jahr zuvor. Die Zahl der überwachten Anschlüsse sei um 2,7 Prozent auf 17.731 gesunken, teilte das Bundesamt für Justiz am Montag in Bonn mit . Die Zahl der Ermittlungsverfahren, in denen Gerichte eine solche Überwachung anordnete, blieb mit 5222 nahezu gleich.

Die meisten Verfahren gab es demnach in Bayern (1278), gefolgt von Hessen (798) und Baden-Württemberg (579). In Brandenburg (90), im Saarland (47) und in Bremen (35) liefen die wenigsten.

Drogenhandel im Fokus

Es gibt deutlich mehr überwachte Anschlüsse als Verfahren, da in einem laufenden Verfahren häufig mehrere Anschlüsse überwacht werden dürfen. Mit Abstand am häufigsten ging es in den Verfahren um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. In dieser Kategorie wurden 8117 Anschlüsse angezapft. Zur Aufklärung von Betrug und Computerbetrug wurden 2960 Anschlüsse überwacht, in Zusammenhang mit Bandendiebstahl 1746 und im Zusammenhang mit Mord und Totschlag 1681 Anschlüsse.

Auch Zahlen zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und zur Onlinedurchsuchung legte die Behörde vor. Die Quellen-TKÜ dient zur Überwachung laufender Kommunikation etwa über verschlüsselte Messenger wie WhatsApp oder Signal. Eine Onlinedurchsuchung hingegen erlaubt das Auslesen aller auf einem Gerät gespeicherten Kommunikationsinhalte. Die beiden umgangssprachlich als »Staatstrojaner« bezeichneten Methoden setzen voraus, dass die Ermittler das Zielgerät hacken und eine Überwachungssoftware installieren. Sie sind daher an vergleichsweise hohe rechtliche Hürden geknüpft.

Was sind Staatstrojaner?

Überwachungsprogramme, die Strafverfolger heimlich auf Geräten von Verdächtigen installieren, werden umgangssprachlich Staatstrojaner genannt. Unterschieden wird dabei zwischen dem Ziel, nur eine laufende Kommunikation zu überwachen, und dem, das ganze Zielgerät zu durchsuchen.

Doch auch wenn Richter eine solche Maßnahme anordnen, kann die Polizei nicht immer erfolgreich auf die Geräte zugreifen. Laut den nun veröffentlichten Zahlen wurde die Quellen-TKÜ im Jahr 2020 98 Mal angeordnet, aber nur 15 Mal wurde sie tatsächlich durchgeführt.

Auffällig an den Zahlen ist, dass die Behörden in Brandenburg 73 richterliche Anordnungen gemeldet haben, und damit etwa drei Viertel aller Anordnungen des gesamten Jahres. Umgesetzt wurden sie allerdings nur vier Mal.

Onlinedurchsuchungen gab es 2020 den Angaben zufolge nur acht, bei insgesamt 23 Anordnungen.

Gegen die Staatstrojaner respektive gegen das Gesetz, das ihren Einsatz erlaubt, gibt es mehrere Verfassungsbeschwerden.

Anmerkung der Redaktion: Auf Nachfrage des SPIEGEL hatte das Bundesamt zunächst nicht sagen können, ob es sich bei den Zahlen aus Brandenburg möglicherweise um eine Falschangabe handelt. Am 19. August teilte die Behörde dann mit, dass die Angabe tatsächlich falsch war, es habe in Brandenburg keine einzige Anordnung zur Quellen-TKÜ gegeben. Bereits im Vorjahr mussten die veröffentlichten Zahlen nachträglich nach unten korrigiert werden.

pbe/dpa