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Umstrittenes Siegerbild Werk aus KI-Generator gewinnt bei Kunstwettbewerb

Mit sogenannten Text-zu-Bild-Generatoren werden gerade jeden Tag zigtausendfach schöne wie schräge Motive generiert. Eine solche Aufnahme sorgt nun für heftige Diskussionen. Was ist da los?

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Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis solch eine Meldung die Runde macht : Bei einem Kunstwettbewerb im US-Bundesstaat Colorado hat sich ein Teilnehmer durchgesetzt, dem manche Menschen nun absprechen, dass er überhaupt ein Künstler ist – weil er für das Erstellen des Siegerbilds eine Software namens Midjourney  nutzte. Midjourney ist ein sogenannter Text-zu-Bild-Generator, der mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) auf Basis von Texteingaben Bilder generiert.

Solche Generatoren sind derzeit ein großer Netztrend: Die Ergebnisse, die sie liefern, sind teils spektakulär gut (mehr dazu lesen Sie hier). Mit Programmen wie Midjourney, Crayion und Stable Diffusion sind derzeit gleich mehrere Tools im Umlauf, die Bilder generieren, die teils kaum noch oder gar nicht mehr von Fotos oder den Werken professioneller Illustratoren zu unterscheiden sind.

In Colorado gelang es nun dem Brettspielentwickler Jason Allen, in einer für Amateure offenen Kategorie zehn Mitbewerber auszustechen und auf dem ersten Platz zu landen. Das ausgezeichnete Werk »Théâtre D’opéra Spatial«, entstanden mithilfe von Midjourney, kombiniert die Ästhetik einer Opernaufführung mit Science-Fiction-artigen Bildelementen .

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Ein Discord-Beitrag, der auf Twitter viral ging

Auf der Plattform Discord berichtete Allen zunächst selbst von seinem Erfolg. Mehr Aufmerksamkeit aber bekam sein Posting auf Twitter, wo ein Screenshot des Discord-Beitrags mehr als 11.000-mal retweetet wurde . »Jemand hat mit einem KI-generierten Werk an einem Kunstwettbewerb teilgenommen und den ersten Preis gewonnen«, hatte der Twitter-Nutzer, der den Screenshot verbreitete, dazu geschrieben: »Ja, das ist ziemlich beschissen.«

In den sozialen Medien wird nun heftig darüber diskutiert, ob Allen ein Künstler ist oder nicht, und ob er den Preis, den er bei der Colorado State Fair  gewann, wieder aberkannt bekommen sollte – weil er ein KI-Tool für sich arbeiten ließ.

Bei genauerer Betrachtung jedoch ist der vermeintliche Kunstskandal nicht einmal ein Skandälchen: So gibt Jason Allen selbst zu Protokoll, er habe bei der Einreichung des Werks – übrigens auf Leinwand – mündlich und schriftlich darauf hingewiesen, dass Midjourney im Spiel gewesen sei. Als Signatur habe er »by Jason M. Allen via Midjourney« angegeben, schreibt er auf Discord.

Dass Allen den Einsatz von Midjourney nicht verheimtlicht hat, ist mittlerweile auch von Olga Robak, die für die Colorado State Fair Pressearbeit macht, bestätigt worden . Unklar ist allerdings, ob die Jury etwas mit dem Namen der Software und der Technologie dahinter anzufangen wusste.

Das Bild wurde noch nachbearbeitet

Eingereicht hatte Allen sein Werk zusammen mit zwei ähnlich betitelten KI-Bildern  auch in einer passenden Kategorie namens »Digitale Kunst«/»Digital manipulierte Fotografie« . Digitale Kunst wird hierfür definiert als »künstlerische Praxis, die digitale Technologie als Teil des kreativen Prozesses oder der Präsentation nutzt«. Einen expliziten Hinweis, ob KI-Tools wie Midjourney erlaubt sind oder nicht, enthalten die Richtlinien nicht. Pressesprecherin Olga Robak sagte, laut einer vorläufigen Prüfung habe Allen keine Regeln gebrochen.

Im Gespräch mit der Lokalzeitung »The Pueblo Chieftain« wies Allen auch darauf hin, dass sein Siegerbild nicht eins zu eins so wie eingereicht aus dem KI-Tool gekommen sei. Er habe alle drei eingereichten Bilder noch in Photoshop nachbearbeitet und dann mit der Software Gigapixel hochskaliert . Auf Discord spricht Allen von einem Photoshop-Anteil von »mindestens zehn Prozent«. Insgesamt sind ihm zufolge rund 80 Stunden Arbeit in das Projekt geflossen. Seine drei Motive habe er aus insgesamt 900 Optionen ausgewählt.

Kritikern seines Vorgehens wirft Allen Heuchlei vor. Auf Discord schreibt er, es sei »interessant zu sehen, dass all die Leute auf Twitter, die gegen KI-generierte Kunst sind, die Ersten sind, die jemanden den Wölfen zum Fraß vorwerfen, indem sie das menschliche Element diskreditieren«.

»Ich werde mich nicht dafür entschuldigen«

Er habe mit der Einreichung der KI-Werke ein Zeichen setzen wollen, sagte Allen im Gespräch mit dem »The Pueblo Chieftain«. »Ich habe das Gefühl, dass mir das gelungen ist, und ich werde mich nicht dafür entschuldigen.« Für die Zukunft, so Allen, könne er sich auch eine eigene Wettbewerbskategorie speziell für KI-Kunst vorstellen.

Die Vorurteile gegenüber KI-Kunst vergleicht er laut der Zeitung mit der anfänglichen Ablehnung der Fotografie, als manche Leute dachten, Fotos zu machen, bedeute »nur dazustehen und auf einen Knopf zu drücken«. »Viele Leute sagen: ›KI wird niemals die kreativen Berufe übernehmen, das wird niemals etwas sein, worüber sich Künstler und Bildhauer Sorgen machen müssen‹«, so Allen. Dabei habe die Diskussion bereits begonnen, und man müsse sich »gerade jetzt damit auseinandersetzen«.

Sein erster Preis hat Allen laut dem Bericht neben einigen Hasskommentaren im Netz übrigens gerade einmal 300 Dollar Preisgeld eingebracht. Die Leinwandfassung seines Siegerbilds will er nun verkaufen – für 750 Dollar.