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Meinung Bildung

Diese Schicksalsfrage entscheidet über Deutschlands Wohlstand

Lebenslanges Lernen ist das Ziel für künftigen Wohlstand Lebenslanges Lernen ist das Ziel für künftigen Wohlstand
Lebenslanges Lernen ist das Ziel für künftigen Wohlstand
Quelle: picture alliance / NurPhoto
Bildung und Wissen veralten heute schneller als früher. Das lässt nur einen Schluss zu: Die Bildung muss sich anpassen. Denn nichts ist wichtiger für Erfolg oder Misserfolg des Landes.

Worum geht es

Was wohl wird entscheidend sein für den künftigen Wohlstand in Deutschland und das Glück seiner Kindeskinder? Sind es Streit und Einigung darüber, ob Asylsuchende in Transitzentren, Transitzonen oder Expresszentren festgehalten werden, bis geprüft ist, ob ihre Asylanträge in Deutschland oder anderswo bearbeitet werden müssen?

Ist es die Frage, ob das Bundesnaturschutzgesetz zu verschärfen sei, damit ein aktives Wolfsmanagement zum Schutz der Weidetierhaltung und damit auch eine Obergrenze bei der hierzulande geduldeten Anzahl der Wölfe möglich werde? Oder könnte nicht eine ganz andere Thematik viel bedeutsamer sein und wirklich zentral dafür werden, wie erfolgreich und zufrieden künftige Generationen in Deutschland leben werden?

Sucht man nämlich die wissenschaftliche Literatur dahingehend ab, welche Faktoren für den Wohlstand von Volkswirtschaften und deren Bevölkerungen am wichtigsten sind, zeigt sich in allen Ländern ein und dasselbe Ergebnis: Der Bildungsstand der Bevölkerung ist DER Faktor, der im Kleinen für einzelne Menschen genauso wie im Großen für eine Gesellschaft insgesamt über Erfolg und Misserfolg bestimmt.

Zwar entscheidet gute Bildung nicht alles (und sind beispielsweise stabile politische Institutionen, ein funktionierendes Rechtssystem und demokratische Spielregeln auch wesentlich), aber ohne gute Bildung ist alles andere nichts!

Bildungsrendite steigt noch weiter

Der Stellenwert der Bildung war immer schon ein zentraler Wohlstandsfaktor. Er wird in Zukunft nicht ab-, sondern weiter zunehmen. Denn wie sonst, wenn nicht mit mehr Kreativität, höherer Kompetenz und besserem Können will der Mensch mit den gewaltigen Innovationen des 21. Jahrhunderts mithalten können?

Der Schweizer Ökonom und Migrationsforscher Thomas Straubhaar schreibt regelmäßig für WELT
Der Schweizer Ökonom und Migrationsforscher Thomas Straubhaar schreibt regelmäßig für WELT
Quelle: picture alliance / Jens Kalaene/

Bildung wird entscheiden, ob Digitalisierung zur Chance oder Gefahr für die Menschheit werden wird. Nichts anderes als sie wird in ähnlicher Weise dem Menschen helfen, die riesigen Möglichkeiten von Algorithmen, Big Data und selbstlernenden, autonomen Informationssystemen zum eigenen Vorteil und zu mehr Wohlstand für alle zu nutzen.

Und gleichzeitig wird und muss Bildung die Voraussetzungen schaffen, um die mit der Digitalisierung einhergehenden Risiken zu verringern, zum Spielball von Big Brother und Big Business zu werden.

Digitalisierung wird Bildung noch einmal wichtiger werden lassen, als sie es bis jetzt ohnehin bereits war. Für diese These spricht nicht zuletzt der Nachweis der Bildungswissenschaftler des Münchener ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, dass Bildungsrenditen in den letzten Jahren gestiegen sind.

Daraus lässt sich ableiten, „dass die Nachfrage nach gut ausgebildeten Personen in der heutigen Wissensgesellschaft stärker gestiegen ist als das Angebot an hoch qualifizierten Personen. Dadurch werden Investitionen in Bildung für den Einzelnen finanziell noch attraktiver“, so die ifo-Bildungsforscher.

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Große Transformationen der Alltagstechnologien verlangen nach großen Transformationen der Bildungspolitik. Weil Bekanntes und Wissen rasch(er) veraltet, Aktuelles obsolet und Neues in rascher Abfolge Realität werden wird, darf Bildung weniger denn je hauptsächlich als Aufgabe für junge Menschen verstanden werden.

90 Prozent der Bildungsausgaben für die ersten 25 Lebensjahre

Anpassung an die Digitalisierung ist eine Lebensaufgabe. Anders als es früher gesehen wurde, werden die Weichen nicht einmal am Anfang des Lebens gestellt, sondern immer wieder von Neuem. Digitalisierung wird den Strukturwandel weiter beschleunigen. Der Anpassungsbedarf an eine neue Arbeitswelt wird zunehmen – und zwar immer und immer wieder ein immer länger werdendes Arbeitsleben lang.

Noch richtet sich das Bildungssystem heute in überragendem Maße an junge Menschen. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes vom April 2018 über 280 Milliarden Euro für Bildung, Forschung und Wissenschaft ausgegeben.

Rund 190 Milliarden Euro davon fließen an den Elementarbereich, Schulen, den schulnahen Bereich, die betriebliche und Duale Ausbildung, Hochschulen und Universitäten (einschließlich Forschung und Entwicklung an Hochschulen). Mehr als 70 Milliarden Euro geben die Wirtschaft und private Einrichtungen für Forschung und Entwicklung aus.

Für die betriebliche Weiterbildung hingegen werden nur elf Milliarden Euro ausgegeben, für Volkshochschulen, Bildungseinrichtungen der Kammern und die Lehrerfortbildung weniger als vier Milliarden Euro.

Holzschnittartig zusammengefasst, werden von den reinen Bildungsausgaben (ohne Forschung und Entwicklung) etwa 90 Prozent in den ersten 25 Lebensjahren ausgegeben und für die restlichen rund sechzig weiteren zu erwartenden Lebensjahre gerade einmal weniger als zehn Prozent.

Diese Schieflage mit einer nahezu ausschließlichen Konzentration auf die Jugend muss korrigiert werden. Private wie staatliche Bildungsbudgets sollten von der Jugend ins fortgeschrittene Alter umgeschichtet werden, sodass alle immer wieder und ein Legen lang die Option haben, sich aus-, fort- und weiterbilden zu können.

Bildung ist die Schicksalsfrage

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Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung direkter Kosten – wie Teilnahme- oder Studiengebühren oder Kosten für Erwachsenenbildung. Ebenso bedeutsam, und für viele wichtiger, sind die indirekten Kosten, insbesondere die Zeitkosten und die Lücken und Löcher, die sich beim Haushaltseinkommen öffnen, wenn Monate oder Jahre aus eigener Arbeit nichts verdient werden kann, weil man sich weiterbildet.

Deshalb bedarf es neuer staatlicher Unterstützung, die nicht dem Schutz des Bestehenden vor Veränderung, sondern der Förderung der Anpassungsfähigkeit an Veränderungen dient.

Bildung ist die Schicksalsfrage Deutschlands. Wenig anderes ist von ähnlicher Bedeutung. Sie entscheidet, wer immer wieder und bis ins hohe Alter die Chance haben wird, gut zu verdienen und so den Wohlstand für sich selber, seine Kindeskinder und damit für die Gesellschaft insgesamt abzusichern.

Im Zeitalter der Digitalisierung kann man deshalb mehr denn je nicht zu viel, sondern nur zu wenig Geld in das Bildungswesen stecken. Ein gutes Bildungssystem mag teuer sein. Langfristig wird es mikroökonomisch im Kleinen wie gesamtwirtschaftlich im Großen aber eine Sache geben, die noch teurer ist als ein gutes Bildungssystem, nämlich ein schlechtes.

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