Zunächst sprachen alle von einem "Hackerangriff". Das war der Begriff, den der rbb am Freitagmorgen nutzte, als er als erstes Medium über die Veröffentlichung etlicher Daten von Politikern und Prominenten berichtete: "Hackerangriff auf Hunderte Politiker". Von dort aus verbreitete sich das Narrativ des Hackerangriffs in anderen Medien, darunter auch ZEIT ONLINE. Boulevardmedien machten daraus gar einen "Mega-Hack" (Focus Online) oder "Datenklau-Skandal" (bild.de).

Das klingt natürlich dramatisch. Nicht nur die Begriffe "Hackerangriff", "Mega-Hack" oder "Datenklau" an sich, auch der Zusatz, dass Politikerinnen und Politiker betroffen sind: Es klingt, als hätten Kriminelle potenziell relevante Informationen illegal abgegriffen, vielleicht Parteiinterna oder sogar Staatsgeheimnisse. Als könnte dahinter eine politisch motivierte Tat eines anderen Staates stecken.

All das hat sich nicht bewahrheitet. Mittlerweile scheint klar, dass man nicht von einer gezielten Attacke sprechen kann. Vielmehr könnte wohl ein tatverdächtiger 20-jähriger Schüler aus Mittelhessen (den aktuellen Stand lesen Sie hier) einfach mehrere Datensätze zusammengetragen haben: öffentlich einsehbare Informationen, älteres Material und, ja, teils auch offenbar illegal erworbene Daten. Es deutet aber nichts darauf hin, dass alle Informationen aus derselben Quelle stammen.

Keine Digitalisierung ist auch keine Lösung

Werden Daten illegal abgegriffen und veröffentlicht, dann ist immer schnell von "Hackern" und "Angriffen" die Rede. Die Begriffe sind so etwas wie ein Symbol für alles Schlechte im Digitalen. Sie stehen als Synonym für jegliche Datenunsicherheit im Netz. Sicherheitslücke bei Facebook? Cyber-Attacke! Datenleck bei Google+? Ein Hack! Schwachstelle in einer App? Leichtes Spiel für Hacker!

Wann immer persönliche Informationen in Gefahr sind, können es nur externe Angreifer gewesen sein, ominöse Menschen in Kapuzenpullis (glaubt man den Symbolbildern). "Hackerangriff", das suggeriert, dass irgendwelche Kriminellen in unseren Daten rumwühlen, sie illegal erwerben oder irgendwas mitlesen, was sie nicht mitlesen sollten. Der Begriff suggeriert damit Hilflosigkeit der Nutzerinnen und Nutzer: Diese bösen, bösen Menschen machen etwas mit meinen Informationen, und ich kann nichts dagegen tun.

Solche Narrative können eine gewisse Technologiephobie fördern, insbesondere die Ansicht, lieber doch gar nichts mit diesem digitalen Zeugs zu tun haben zu wollen. Natürlich ist das auch nicht die Lösung. Informationen auf Papier können genauso gut mitgelesen oder kopiert werden wie welche auf dem Smartphone – auch die Adresse aus dem Telefonbuch kann man im Internet verbreiten. Und Fax-Geräte können genauso gehackt werden wie E-Mails. Wer offline ist, ist nicht automatisch besser geschützt vor Datenleaks oder Doxing, also der Veröffentlichung persönlicher Informationen wie im aktuellen Fall. Früher durchwühlten Menschen Mülltonnen nach Informationen, heute alte Beiträge auf Facebook.