Ausländische Hacker sind in das als sicher geltende Datennetzwerk des Bundes und der Sicherheitsbehörden eingedrungen. Das berichteten übereinstimmend die dpa und die Süddeutsche Zeitung. Offenbar gab es im Auswärtigen Amt einen entsprechenden Vorfall. Das Verteidigungsministerium ist nach Informationen von ZEIT ONLINE nicht betroffen. Das hatte die dpa berichtet.

Das Bundesinnenministerium bestätigte einen "IT-Sicherheitsvorfall". Der Hackerangriff  sei "isoliert und unter Kontrolle gebracht" worden. "An dem Vorfall wird mit hoher Priorität und erheblichen Ressourcen gearbeitet", erklärte Ministeriumssprecher Johannes Dimroth.

Der Angriff betreffe "die Informationstechnik und Netze des Bundes". Die Verantwortlichen in den betroffenen Behörden seien informiert sowie Maßnahmen zur Aufklärung und zum Schutz getroffen worden. Es seien derzeit keine Stellen bekannt, die außerhalb der Bundesverwaltung lägen. Zu weiteren Details wollte sich das Ministerium wegen laufender Analysen und Sicherungsmaßnahmen zunächst nicht äußern.

Die dpa berichtete, dass eine Schadsoftware eingeschleust worden sei, die Angreifer hätten auch Daten erbeutet. Die Attacke sei von deutschen Sicherheitsbehörden im Dezember erkannt worden. Der Angriff sei da schon über eine längere Zeit gelaufen, womöglich bereits ein ganzes Jahr.

Verantwortlich soll die Gruppe APT28 sein, dahinter vermuten zahlreiche Computerfachleute auch russische Regierungsstellen. Die Gruppe soll auch verantwortlich für den Angriff auf den Bundestag im Jahr 2015 sein.

Mit dem Hackerangriff sei das Datennetz der Bundesverwaltung – der Informationsverbund Berlin-Bonn (IVBB) – infiltriert worden, heißt es. Seit Dezember bemühten sich die Behörden herauszufinden, wie tief die Hacker in das Regierungsnetz eingedrungen seien. Sollte das gesamte Datennetz des Bundes betroffen sein, käme dies einem "Super-GAU" gleich, dem "größten anzunehmenden Unfall", sagte ein Sicherheitsexperte.

Kriegerischer Akt

Die Ermittlungen werden vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem für Spionageabwehr zuständigen Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) geführt. Auch der Bundesnachrichtendienst ist als Auslandsgeheimdienst eingebunden.

Hinter dem Kürzel IVBB verbirgt sich so etwas wie das gesicherte Intranet des Bundes. Abgeschottet vom Internet kommunizieren dort Bundesrat, Bundeskanzleramt und Bundesministerien, Bundesrechnungshof sowie diverse Sicherheitsbehörden miteinander. Mail, Internet und Telefonie laufen über das IVBB – mit anderen Worten die gesamte Kommunikation. Ein Einbruch in dieses Netz kommt einem Einbruch in das Innerste der Bundesregierung gleich. 

Bereits der Angriff auf den Bundestag 2015 durch die russische Hackergruppe APT28, die auch hinter dem aktuellen vermutet wird, war gefährlich und bedrohlich. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes hätte die Bundesregierung den Bundestagshack damals wie einen kriegerischen Akt behandeln können. Der Hack des IVBB gleicht vom Ausmaß dagegen jedoch einem Atomschlag. Wenn er sich eindeutig einem anderen Land zuordnen lässt, könnte das zu ernsten diplomatischen Verstimmungen führen. 

Täglich 20 Angriffe auf die Bundesregierung

Handfeste Beweise, dass es sich bei APT28 um eine vom russischen Staat gelenkte Hackergruppe handelt, sind wie fast immer in solchen Fällen schwierig. Es gibt aber Indizien dafür. Dies sind vor allem die angegriffenen Ziele (siehe Infobox) und die verwendeten Server, von denen aus die Angriffe geführt werden. So waren frühere Attacken von APT28 gegen die Nato sowie Regierungsstellen und Journalisten in Osteuropa und im Kaukasus gerichtet – attraktive Ziele für russische Geheimdienstler. Die Abkürzung APT steht für Advanced Persistent Threat (etwa: fortgeschrittene andauernde Bedrohung).

Vor der Bundestagswahl hatten Politik und Verfassungsschutz befürchtet, dass vertrauliche Daten aus dem Bundestags-Hack im Wahlkampf auf Enthüllungsplattformen wie WikiLeaks auftauchen könnten. Eine Veröffentlichungswelle zur Manipulation der Wahl war aber ausgeblieben.

Das Datennetzwerk des Bundes ist viel umfassender gegen Angriffe von Hackern geschützt als das Netzwerk im Parlament. Es besitzt nur zwei Zugangspunkte zum normalen Internet. Beide werden durch vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik entwickelte und gewartete Hardware und Software geschützt. Bislang galt das IVBB als sicher. Es biete ein Maß an Sicherheit und Verfügbarkeit, das "richtungweisend" sei, fand die Bundesregierung bislang.

Die gesicherte Infrastruktur besteht aus mehreren Teilnetzen, von denen das IVBB nur eines ist. Bislang ist unklar, welche Netze genau betroffen sind.

Die Bundesregierung registriert nach eigenen Angaben pro Tag etwa 20 hochspezialisierte Hacker-Angriffe auf ihre Computer. Einer pro Woche habe einen nachrichtendienstlichen Hintergrund, erklärte die Regierung in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion. Zudem gebe es immer wieder Hinweise, dass russische Spione Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten anwerben wollten.