GI-Radar 239: Digitalisierung des öffentlichen Sektors

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

in den Kurzmitteilungen erinnern wir Sie mit einem Überblicksartikel an die vielen Sicherheitsupdates, die in den letzten zwei Wochen veröffentlicht worden sind. Das Thema im Fokus kommt aus unserem Fachbereich für Rechts- und Verwaltungsinformatik. Dass der Turing-Bus nun wieder auf Fahrt geht, erfahren Sie in den GI-Mitteilungen. Das Fundstück, das ebenfalls aus dem Themenbereich Rechtsinformatik kommt, geht der spannenden Frage nach, inwiefern die Digitalisierung die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

auf gi-radar.de weiterlesen

Sicherheitsupdates + Informatik und Ethik + Speicherung von Fluggastdaten + Facebookaustritt der GI in der Presse + digitale Wehrhaftigkeit + Informatik in der Schule + Digitalisierung des öffentlichen Sektors + Anmeldung zur INFORMATIK 2019 + Turing-Bus unterwegs + GI-DevCamps + Digitalisierung und richterliche Unabhängigkeit

KURZMITTEILUNGEN

Zahlreiche Sicherheitsupdates stehen an (Cyware). Selten wurden so viele Sicherheitsupdates auf einmal veröffentlicht. Intel muss seine Prozessoren aktualisieren, Microsoft unter anderem eine wurmfähige Lücke im Remote-Desktop patchen. Dazu kommen Updates von Adobe, Apple, Cisco, nVidia und SAP. Der Artikel fasst die Ereignisse der letzten zwei Wochen zusammen.  weiterlesen

Informatik und Ethik: Der Diesel-Skandal bei VW (Stern). Der Dieselskandal ist in aller Munde, es werden Prozesse geführt und Schadensersatzklagen verhandelt. Begonnen hat er mit der Anweisung an einen Softwareentwickler, die Software entsprechend zu manipulieren. Ein Fall für eine Diskussion um die Frage ethischen Handelns in unserer Profession.  weiterlesen

Klage gegen Speicherung von Fluggastdaten (ZEIT). Wussten Sie, dass beim Buchen eines Fluges nicht nur gespeichert wird, von wo nach wo sie fliegen, sondern auch, ob Sie Gepäck aufgeben wollen und womit Sie Ihr Ticket bezahlt haben? Insgesamt 19 Angaben werden pro Flug prophylaktisch aufgezeichnet und können jederzeit durchsucht werden. Dagegen wehrt sich nun die „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (GFF) mit einer koordinierten Klage.  weiterlesen

Facebook-Austritt der GI schlägt Wellen (ZDF). Warum die GI aus Facebook austritt, haben wir Ihnen im letzten Radar erläutert. Auch die Presse ist auf unsere Entscheidung aufmerksam geworden. Neben der taz und dem Deutschlandfunk hat auch das ZDF berichtet.  weiterlesen

Kann und will Deutschland den „digitalen finalen Rettungsschuss“ einführen? (SZ). Cyberkriminalität ist zu einem ernstzunehmenden Problem geworden. Nicht nur bei Wahlen und für Privatleute, sondern auch für Regierungen und die Wirtschaft. Während andere Länder hier schon recht offensiv agieren, wird in Deutschland noch darüber diskutiert, ob bzw. wie sich digitale Wehrhaftigkeit angemessen etablieren lässt. Allerdings muss dafür das Grundgesetz geändert werden.  weiterlesen*

Informatik in der Schule: Grundverständnis oder Programmieren? (ZEIT). Dass Kinder den souveränen Umgang mit digitalen Artefakten lernen müssen, ist unstrittig. Wie dies am besten zu passieren hat, darüber gibt es allerdings sowohl inhaltlich als auch organisatorisch unterschiedliche Auffassungen unter den Akteuren und auch den Bundesländern. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass es grundsätzlich zu wenig gut ausgebildetes Lehrpersonal gibt. Lutz Hellmig und Ira Diethelm von der GI zu Informatik in der Schule.  weiterlesen

* Artikel ist ggf. nur mit deaktiviertem Adblocker lesbar.

THEMA IM FOKUS

Once-Only und Verwaltungsplattformen: Bausteine zur Digitalisierung des öffentlichen Sektors. Die Fachtagungen Verwaltungsinformatik (FTVI) und Rechtsinformatik (FTRI) haben das Ziel, einen konstruktiven Dialog zwischen Wissenschaft, Verwaltungspraktikern und Juristen sowie Beratern zu fördern, indem Konzepte, Erfahrungen und Trends analysiert sowie Umsetzungsstrategien aufgezeigt werden. Die FTVI wird alle zwei Jahre von der Fachgruppe Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik ausgerichtet – 2019 zum zwölften Mal. Die FTRI wurde 2019 zum fünften Mal gemeinsam mit der FTVI ausgerichtet.

Teil des Programms bildeten die Themen Once-Only und Verwaltungsplattformen. Diese beiden Konzepte, so nicht nur das Ergebnis der Diskussion auf der Fachtagung, sind zentrale Bausteine für eine breite Digitalisierung des öffentlichen Sektors in Europa. Sie sind wichtige Faktoren, um E-Government-Anwendungen einfach und bequem erreichbar und nutzbar zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Einrichtungen zu erleichtern. Aber nicht nur aus Sicht der Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen bieten sie Vorteile. Auch die Verwaltungen selbst profitieren von diesen Bausteinen. Je mehr Anträge und Datenaustausch digital erfolgt, desto einfacher sind sie für die Verwaltungen verarbeitbar. Findet der Austausch harmonisiert bzw. standardisiert, basierend auf sicheren Datenquellen statt, erleichtert es das alltägliche Leben in den Verwaltungen gleichermaßen.

Once-Only bzw. das Once-Only Prinzip (OOP) ist zentraler Baustein des aktuellen E-Government Aktionsplans der Europäischen Kommission. Die Idee hinter dem OOP ist es, dass Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen Informationen über sich nur noch einmalig den Verwaltungen mitteilen müssen, wenn sie eine Dienstleistung in Anspruch nehmen wollen. Sobald die Information einmal in die öffentliche Verwaltung gelangt ist, sollen die Verwaltungen untereinander diese Daten im Bedarfsfall austauschen und die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen mit dieser Aufgabe nicht mehr belastet werden. Verschiedene Rahmenbedingungen sind nötig, beispielsweise eIDAS, um dieses Prinzip zu realisieren.

Verschiedene Erhebungen und Befragungen, beispielsweise des Nationalen Normenkontrollrats (Jahresbericht 2018) machen deutlich: die Bürgerinnen und Bürger wollen das. Sie wollen nicht mehrfach und immer wieder dieselben Informationen geben müssen. Unter anderem widmet sich das Forschungsprojekt SCOOP4C dieser Thematik und prüft, wie im Rahmen aktueller politischer und rechtlicher Vorgaben Once-Only in digitalen Services für Bürger bereits implementiert ist und wie dies künftig noch effektiver gestaltet werden könnte. Aufbauend auf Good-Practice-Lösungen wurden Zukunftsszenarien für grenzüberschreitende digitale Services mit dem OOP in verschiedenen Bereichen wie Steuern, Soziales, Mobilität, Bildung und Gesundheit entwickelt. Aus dem Abgleich bestehender Lösungen und künftiger Szenarien wurden Roadmaps und Handlungsempfehlungen an die Politik abgeleitet. Der auf der Fachtagung vorgestellte Beitrag diskutiert Ergebnisse für den Bereich Steuern und zeigt hier exemplarisch den Nutzen auf (Link zum Beitrag in der Digitalen Bibliothek der GI).

Der Beitrag zu Ansätzen einer neuen Verwaltungsplattform in Österreich (oesterreich.gv.at) hat eine gleichartige Stoßrichtung. Digitale Technologien werden im alltäglichen Leben immer präsenter. Längst werden Online-Plattformen auch von der öffentlichen Verwaltung eingesetzt. Die österreichische Regierung verfolgt derzeit die Implementierung der Plattform oesterreich.gv.at, begleitet von einer mobilen Agenda. Hier zeigt sich, dass Österreich an dieser Stelle Deutschland einen Schritt voraus ist. Während das Onlinezugangsgesetz in Deutschland 2017 die erste rechtliche Grundlage für die Einführung eines bundesweiten Portalverbundes geschaffen hat, gehen die Bemühungen zur Einrichtung einer zentralen Verwaltungsplattform in Österreich bereits weiter. So sind die aktuellen Aktivitäten besonders und verstärkt auf den mobilen Kanal ausgerichtet.

Der Auf der Fachtagung vorgestellte Beitrag untersucht, aus welchen Elementen eine solche Plattform besteht und wie diese eingesetzt werden können (Link zum Beitrag).

Dieser Überblick wurde eingesandt von David Richter, Sprecher des Fachbereichs „Informatik in Recht und Öffentlicher Verwaltung“ (RVI). Vielen Dank!

GI-MELDUNGEN

INFORMATIK 2019: jetzt anmelden. Die Anmeldung zur GI-Jahrestagung INFORMATIK 2019 ist freigeschaltet. Bis zum 20. Juni gilt noch die Frühbucherfrist. In Kassel werden wir unter anderem darüber debattieren, wie sich der Spagat zwischen Informatik und Gesellschaft zufriedenstellend bewerkstelligen lässt. Außerdem gedenken wir, die GI für ihren runden Geburtstag gebührend zu feiern. Wir freuen uns auf Sie.  weiterlesen

Turing-Bus reloaded. Nach dem großen Erfolg des Turing-Busses im vergangenen Jahr tourt er auch in 2019 wieder durch den ländlichen Raum. Auf der re:publica in Berlin wurde er vorgestellt. Einen Mitschnitt dazu gibt es hinter dem Link.  weiterlesen

Erfolgsgeschichte GI-DevCamps. Ein Bericht aus Stuttgart. In der vergangenen Woche fand in Stuttgart das DevCamp mit dem Schwerpunkt „KI, Mobilität und Cybersicherheit“ statt. Einen bebilderten Bericht gibt es auf der GI-Seite. Und vormerken: auch für das nächste DevCamp am 24. Mai kann man sich hier anmelden.  weiterlesen

FUNDSTÜCK

IT-Outsourcing für die Justiz: Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit? Die Bundesregierung wurde durch den Haushaltsausschuss des Bundestages bereits im Juni 2013 mit einem Konzept beauftragt, um die Rechenzentren und die Netzinfrastruktur der Bundesverwaltung zu konsolidieren und die Beschaffung von Informationstechnik zu bündeln. Diesem Auftrag kam die Bundesregierung mit dem „Grobkonzept zur IT-Konsolidierung Bund“ nach. Das 2015 begonnene Projekt hat zum Ziel, die Informationstechnik des Bundes bei wenigen IT-Dienstleistern zu bündeln. Dafür werden IT-Aufgaben von verschiedenen Einrichtungen des Bundes an IT-Dienstleister übertragen; aus Sicht der betroffenen Einrichtungen ein Outsourcing. Vom beabsichtigten Outsourcing sind potentiell auch die Bundesgerichte betroffen. In ihrem Zusammenhang stellen sich mehrere rechtliche Fragen, da das Grundgesetz die rechtsprechende Gewalt der Judikative anvertraut hat. So ist ein wesentlicher Grundsatz unseres Verfassungsstaates die Garantie richterlicher Unabhängigkeit. Anhand einer abstrakten sowie ganz konkret an den sog. „Netzklagen“ geführten Debatte wird erläutert, wie ein solches Outsourcingverhältnis verfassungskonform ausgestaltet werden kann.    Zum Artikel (Digitale Bibliothek der GI)

Dieses Fundstück hat ebenfalls David Richter zur Verfügung gestellt. Vielen Dank! Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 239 des GI-Radars. Zusammengestellt hat sie Dominik Herrmann, an dessen Unabhängigkeit – zumindest bei der Zusammenstellung des Radars – hoffentlich auch in Zukunft keine Zweifel bestehen. Die Mitteilungen hat wie immer GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 31. Mai 2019.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.