GI-Radar 301: Unterstützung für Obdachlose

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

willkommen zur diesjährigen Weihnachtsausgabe des GI-Radars. In den Kurzmitteilungen geht es unter anderem, Sie ahnen es vielleicht schon, um die Sicherheitslücke in der Software-Bibliothek log4j. Digitalisiert wird im Alltag ja fast alles – nun auch die Unterstützung für Obdachlose (Thema im Fokus). In den GI-Meldungen berichten wir über das Ergebnis der Wahlen zum GI-Vorstand. Weihnachtsstimmung kommt beim Fundstück auf.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe und erholsame Feiertage!

auf gi-radar.de weiterlesen

log4j-Sicherheitslücke + Vertrauen in KI + Rechenzentrum und Energie + Leben in virtuellen Welten + Hetze in Messenger-Diensten + Digitale Soziale Innovationen für obdachlose Mitmenschen + Tagungsband zur INFORMATIK 2021 + neuer Vorstand + INFORMATIK 2022: Call for Workshops + Danke an Sie! + dichtende Rechner

KURZMITTEILUNGEN

Alle Welt spricht über log4j: was ist das eigentlich? (Golem). Die Software-Bibliothek log4j bringt IT-Fachleute auf der ganzen Welt ins Schwitzen; schnelles Patchen ist angesagt, verwundbare Systeme sind vielerorts schon mit Schadsoftware infiziert. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat „Warnstufe Rot“ ausgerufen. Was macht diese Sicherheitslücke so gefährlich und wie geht es jetzt weiter? Eine technische Erklärung für Fachleute.  weiterlesen

Kollegin KI: wie schafft man Akzeptanz und Vertrauen? Eine Studie (SZ). Künstliche Intelligenz (KI) kann erkennen, ob Angestellte die richtige Dienstkleidung tragen oder ob die Hühner im Stall krank sind. Sie kann aber auch im Bewerbungsprozess oder bei Gehaltserhöhungsrunden maßgebliche Entscheidungen treffen. Wenn die Belegschaft dabei nicht eingebunden ist oder Angst hat, wird es schwierig. Unternehmen experimentieren deshalb mit mehr Transparenz und Mitwirkung.  weiterlesen

Stromfresser Rechenzentren: auf dem Weg zur Nachhaltigkeit (Manager Magazin). Rechenzentren sind selten auf dem Schirm, wenn es ums Energiesparen geht, und das, obwohl sie derzeit bereits für 3% des Energieverbrauchs zeichnen. Die Bundesregierung möchte Rechenzentren in den nächsten Jahren klimaneutral betreiben lassen.  weiterlesen

Virtuelle Welten fühlen sich von Zentralisierung bedroht (NZZ). Virtuelle Welten sind mittlerweile für viele eine zweite Heimat oder gar das eigene soziale Leben geworden. In verschiedenen virtuellen Realitäten finden sich Gleichgesinnte zusammen, spielen, teilen ihre Gedanken und finden ein Zuhause. Mit der Ankündigung eines neuen Metaversums wächst die Angst, dass die eigene kleine(re) Welt verloren gehen könnte.  weiterlesen

Messenger-Dienste als Hass- und Hetzinstrumente: was die Institutionen tun können, sollen und was nicht (taz). Corona rollt in der vierten Welle über das Land, in einigen Bundesländern entwickeln sich Demonstrationen zu Hetzjagden und Krawall, es werden Morddrohungen verbreitet und Hausbelagerungen verabredet. Die Regierung versucht seit einiger Zeit, die Anbieter zum Eingreifen zu bewegen, bislang erfolglos. Es stellt sich die Frage, welche Handhabe die Justiz hat und welche Maßnahmen sie ergreifen kann und will. Was in dem einen Kontext völlig folgerichtig erscheinen mag (verbieten, abschalten, Geoblocking), lässt sich in einem anderen Kontext oder anderen Land schnell als unberechtigter Eingriff oder Zensur verstehen. Über ein Dilemma der richtigen Entscheidungen.  weiterlesen

THEMA IM FOKUS

Digitale Soziale Innovationen für obdachlose Mitmenschen. Weltweit leben circa 1,6 Milliarden Menschen in inadäquaten Lebensräumen (un.org). Dabei kann Obdachlosigkeit mit Armut, gesundheitlichen Problemen, fehlender Sicherheit und Gewalt oder auch Nachteilen bezüglich Bildung und Beruf einhergehen (researchgate.net). Es erfordert langfristig den politischen Willen, allen Menschen das Recht auf Wohnen zu ermöglichen. Kurz- und mittelfristig können Digitale Soziale Innovationen genutzt werden, um obdachlosen Mitmenschen in akuten Situationen zu helfen (researchgate.net). Hierzu gibt es weltweit eine Vielzahl von Beispielen, die bereits im Einsatz sind.

Die Form der Hilfe kann digital sehr unterschiedlich ausfallen. Sie erstreckt sich über viele unterschiedliche Bereiche: Informationen, Spenden, Verbindung zu Hilfsorganisationen, Unterstützung bei physischer und psychischer Gesundheit oder zum (Wieder-)Aufbau von sozialen Kontakten (researchgate.net).

Apps und Webseiten ermöglichen es Menschen beispielsweise, sich über Hilfsangebote zu informieren. Die Ausgestaltung solcher Angebote kann sehr unterschiedlich ausfallen. Die australische App AskLizzy ermöglicht die Suche nach Hilfsangeboten, die z.B. einen Schlafplatz, Essen oder Kleidung zur Verfügung stellen, durch eine klare Wegführung durch die Web-Anwendung (eusset.eu). Mokli, eine in Berlin entwickelte Web-Anwendung, ermöglicht es Nutzenden hingegen, sich frei die Hilfsangebote anzusehen. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, jedoch eint sie ein Problem: Die Aktualität der Informationen. Dabei können Meta-Informationen, etwa, wann Daten zuletzt überprüft worden sind, helfen.

Es gibt auch Apps zum Spenden an Obdachlose. Samaritan ist eine Lösung aus Seattle. Damit können Obdachlose, z.B. über Token, Spenden sammeln. Dabei werden potenzielle Spendende mit der Samaritan-App auf die Möglichkeit, an eine Person zu spenden, hingewiesen, sobald sie nah genug an ihr vorbei gehen. Dazu wird das Profil der Person in der App angezeigt. Bei der App OpenStreetPay lässt sich über die Informationspreisgabe hingegen selbst entscheiden. Dabei ist es für die Obdachlosen möglich, sowohl Menschen um eine Spende zu bitten als auch über einen Solidartopf eine Spende zu beziehen. Diese App befindet sich jedoch noch in der Entwicklung.

Bei der Entwicklung von solchen Digitalen Sozialen Innovationen sollten jedoch auch die Schattenseiten der Innovationen untersucht und nach gemeinsamen Werten aller direkten und indirekten Stakeholder gesucht werden (researchgate.net; tandfonline.com hinter Paywall). Denn auch, wenn das Bestreben da ist, Menschen zu helfen, können solche Innovationen negative Effekte haben. Ein Beispiel, das wir während unserer Suche nach Digitalen Sozialen Innovationen fanden, untermauert die Bedeutung von Ethik und Moral bei der App-Entwicklung. Mit einer App sollten App-Nutzende Bilder (ohne das vorherige Einholen der Zustimmung) von obdachlosen Mitmenschen machen und mit Standortangabe und entsprechenden Hashtags versehen. Die Einträge konnten von allen Nutzenden eingesehen werden. Auch wenn der erste Gedanke war, dass Menschen, die Hilfe brauchen könnten, damit hätten unterstützt werden können, wurde ihre Privatsphäre verletzt – und genutzte Hashtags wie „AgressiveBegging“ oder „#Threat“ führten zu ihrer Entmenschlichung und Objektivierung (sqwabb.wordpress.com). Die App ist mittlerweile nicht mehr aktiv.

Der französische Schriftsteller und Philosoph Albert Camus fasst in seinem Werk „Die Pest“ in wenigen Worten zusammen, was auch bei der Entwicklung von Digitalen Sozialen Innovationen gilt: „Das Böse in der Welt rührt fast immer von der Unwissenheit her, und der gute Wille kann so viel Schaden anrichten wie die Bosheit, wenn er nicht aufgeklärt ist“. Sollten Sie als Leserinnen und Leser den Wunsch haben, ebenfalls Menschen mit Technologien zu helfen, so ist es ratsam zu fragen, ob die Person, die die Hilfe empfangen soll, diese denn auch möchte oder sich dadurch beispielsweise in ihrer Privatsphäre oder Sicherheit bedroht fühlt (lancs.ac.uk).

Dieser Überblick wurde von Larissa Gebken verfasst. Vielen Dank!

GI-MELDUNGEN

Finaler Tagungsband der INFORMATIK 2021 erschienen. 1800 Seiten geballtes Wissen, Dokumentation aller Workshops der INFORMATIK 2021 und ein großer Fundus aktueller Forschungsergebnisse: so präsentiert sich der finale Tagungsband der diesjährigen Jahrestagung. Das Komplett-PDF des Tagungsbandes finden Sie auf den Webseiten der INFORMATIK 2021, die Einzelartikel sowie den Komplettband in unserer digitalen Bibliothek hinter dem Link.  weiterlesen

Neuer GI-Vorstand gewählt. Während Sie das letzte GI-Radar gelesen haben, haben wir die GI-Wahlen ausgezählt. Und wenn Sie es noch nicht mitbekommen haben: die GI hat einen neuen Vorstand. Zum ersten Mal in der Geschichte der GI steht mit Christine Regitz eine Frau an der Spitze der Fachgesellschaft. Mit Martin Wolf zieht zum ersten Mal seit 25 Jahren ein Vertreter der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in den Vorstand ein. Ulrike Lucke von der Universität Potsdam ist zum zweiten Mal dabei, Erhard Rahm von der Universität Leipzig ist neu an Bord. Wir wünschen dem neuen Vorstand eine glückliche Hand.  weiterlesen

Call for Workshops für die INFORMATIK 2022: „Informatik in den Naturwissenschaften“ in Hamburg. Der scheidende Präsident Hannes Federrath wird im kommenden Jahr mit seinem Team die INFORMATIK 2022 in Hamburg ausrichten. Derzeit läuft der Call for Workshops. Bis zum 24. Januar bitten wir um spannende Vorschläge zur hoffentlich wieder in Präsenz stattfindenden INFORMATIK 2022.  weiterlesen

In eigener Sache. Ein Dankeschön an die treuen Leserinnen und Leser, an alle, die unser Radar kommentieren und bereichern! Alle zwei Wochen lesen Sie von uns. Manches mag Sie aufregen, anderes interessieren, wieder anderes kaltlassen. Aber immer sind Sie uns treu verbunden, geben uns Rückmeldung, etliche von Ihnen schreiben ein Thema im Fokus, liefern uns Meldungen und Fundstücke, kritisieren oder loben uns. Wir registrieren jede Rückmeldung (und beantworten sie möglichst auch): ist sie doch für uns ein Zeichen, dass Sie unsere Arbeit wahrnehmen und goutieren. Darüber freuen wir uns sehr und danken Ihnen für Ihre Treue. Wir sind zuversichtlich, Sie im kommenden Jahr in gleicher Weise zu informieren, zu amüsieren und das eine oder andere Mal eventuell auch zu provozieren und zum Nachdenken anzuregen. Ihnen allen wünschen wir friedliche, gesunde und festliche Tage und freuen uns auf ein Wiederlesen im kommenden Jahr. Ihr Redaktionsteam Dominik Herrmann und Cornelia Winter.

 

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues.

FUNDSTÜCK

Weihnachtsgedichte von und für Nerds? Oder doch lieber klassisch? „Markt und Straßen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus“, „Morgen Kinder, wird's nichts geben“, „Ein Kind – von einem Schiefertafel-Schwämmchen umhüpft – rennt froh durch mein Gemüt“, „Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt und manche Tanne ahnt wie balde sie fromm und lichterheilig wird“. So dichten Joseph von Eichendorff, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz und Rainer Maria Rilke zum Advent und zu Weihnachten. Wer etwas Neues abseits der alten Schätze sucht, kann einen Rechner beauftragen, ein neues Weihnachtsgedicht zu kreieren. Aber ob der die selbe Sentimentalität aus Kindertagen hinbekommt? Zum Fundstück (hnf.de)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 301 des GI-Radars. Zusammengestellt hat sie Dominik Herrmann, der Sie angesichts der Gedichte im Fundstück gerne darauf hinweist, dass man sich Passwörter bzw. Passphrasen leichter merken kann, wenn man die Bestandteile so wählt, dass sie sich reimen. GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter hat die Mitteilungen und Meldungen zusammengetragen. Wir verabschieden uns nun in die Weihnachtspause. Das nächste GI-Radar erscheint dann im neuen Jahr am 14. Januar 2022.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.