GI-Radar 238: Die GI verlässt Facebook

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

der GI-Vorstand hat beschlossen, dass die GI ihre Facebook-Seite schließen wird. In den GI-Mitteilungen berichten wir über die Hintergründe dieser Entscheidung. Im Thema im Fokus stellen wir Ihnen die Grand Challenge „Systemische Risiken“ vor. Was wir in Sachen IT von Estland lernen können, lesen Sie in den Kurzmitteilungen. Im Fundstück geht es dieses Mal um die Programmiersprache Perl.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

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Vorbild Estland + Mozilla-Vorsitzende über neue Technologien + Urheberrecht und Bilder + KI: verlieren wir den Anschluss? + Grand Challenge: Systemische Risiken + GI verlässt Facebook + Aufruf: Geschichte der GI-Jahrestagungen + GI-Fellow kandidiert für DFG-Präsidentschaft + mit Farbspritzern Perl programmieren

KURZMITTEILUNGEN

Digitale Dienste in der öffentlichen Verwaltung: Vorbild Estland (brand eins) Die „kleinen Länder im Osten“ kommen in der öffentlichen Wahrnehmung häufig gar nicht vor, wenn es um IT-Fortschritte geht. In der öffentlichen Verwaltung jedoch kann uns Estland längst etwas vormachen.  weiterlesen

Die zwei Seiten von neuen Technologien: und jetzt? (ZEIT) Nicht überall sind Nutzen und Risiken so offensichtlich wie in der Rüstungsindustrie. Bei vielen neuen technischen Errungenschaften sind die Auswirkungen subtiler. Sich der Technik komplett zu verweigern, ist auch keine Lösung, findet Mitchell Baker, Vorsitzende der Mozilla-Foundation.  weiterlesen

Urheberrecht und Bilder: EuGH soll entscheiden (FAZ). Derzeit wird darüber gestritten, ob das sogenannte „Framing“ rechtlich in Ordnung ist. Darunter versteht man das Einbetten von urheberrechtlich geschützten Bildern im Kleinstformat auf Webseiten. Die Deutsche Digitale Bibliothek, die von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz getragen wird, streitet darüber mit der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Jetzt soll der Europäische Gerichtshof entscheiden.  weiterlesen

KI ist wie Erde für Pflanzen – warum Deutschland und Europa bei der KI abgehängt werden könnten (SZ). Während in den USA und vor allem in China massiv in die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz investiert wird, tut man sich in Europa noch immer schwer damit. Neben massiven Vorbehalten in der öffentlichen Wahrnehmung spielt auch mangelnde Akzeptanz und Finanzierung eine Rolle.  weiterlesen*

 

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THEMA IM FOKUS

Systemische Risiken in weltweiten Netzen – eine „Grand Challenge“ der Informatik. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien führen zu einer stärkeren Kopplung in und zwischen beinahe allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen. Beispiele sind elektronische Handelsplätze, die immer schnellere Transaktionen erlauben, weltweite Produktionsnetzwerke, die eine höhere Spezialisierung bei steigender Effizienz ermöglichen, und sog. Smart Grids, die durch flexible Steuerung die Bereitstellung von Energie im europäischen Binnenmarkt realisieren. Durch Information entstehen somit weltweite miteinander verbundene Netze, die zunehmend darüber entscheiden, ob Unternehmen nachhaltig wettbewerbsfähig sind.

Einhergehend mit der hohen Verarbeitungs- und Ausbreitungsgeschwindigkeit von Informationen in diesen Netzen entstehen systemische Risiken, z.B. sog. Flashcrashs im Hochfrequenzhandel (NZZ), Produktionsausfälle durch Lieferverzögerungen in nachgelagerten Fertigungsstufen (Süddeutsche*) oder Blackouts in Energienetzen (FAZ*). Diese resultieren aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Netze: Beispielsweise hatte der Ausfall einer Hochspannungsleitung in der Schweiz im September 2003 die Überlastung und schließlich auch den Ausfall von Kraftwerken im italienischen Energienetz zur Folge. Hieraus resultierende Störungen der Internet-Infrastruktur, welche auf die Energieversorgung angewiesen war, erschwerten daraufhin die Steuerung anderer Kraftwerke. Es kam zu einer Kaskade weiterer Ausfälle, die auf Grund der Kopplung von Energie- und Kommunikationsnetz zu einem beinahe landesweiten Zusammenbruch der Energieversorgung in Italien führte.

In einer von der GI gesteuerten Initiative wurde die „Beherrschung systemischer Risiken in weltweiten Netzen“ zu einer von fünf Grand Challenges der Informatik für die Zukunft gewählt (GI; Informatik Spektrum). Ziel dieser Grand Challenge ist die Etablierung eines interdisziplinären Forschungsfeldes, welches sich den durch Informatik verursachten Herausforderungen annimmt und über Methoden- und Domänengrenzen hinweg Forscherinnen und Forscher sowie Praktikerinnen und Praktiker zusammenbringt. Es sollen sowohl die Entwicklung von Theorien und Methoden, deren Kombination, aber auch der Erfahrungsaustausch zwischen Spezialisten mehrerer Disziplinen (z.B. Simulation, Künstliche Intelligenz, Prognosemethoden, Operations Research oder Statistik) und Wirtschaftszweigen (z.B. Banken, Industrie, Logistik und Versicherungen) verstärkt werden. So kann auch der domänenübergreifende Austausch von „Best-Practices“ gefördert werden mit dem Ziel der Identifikation von allgemeingültigen Lösungsansätzen, welche dann in einem gemeinsamen Methodenbaukasten gesammelt und situationsabhängig zur Verfügung gestellt werden. Mittel und langfristig könnten ganz neue (Teil-)Disziplinen entstehen. So wird auch ein Szenario gesehen, in dem die BWL des Unternehmens durch eine BWL der Netze ergänzt wird („In Zukunft siegt nicht das beste Unternehmen, sondern das beste Netz“).

Aufgrund der Heterogenität von Methoden und Theorien geht mit der Beherrschung systemischer Risiken eine Vielzahl an Herausforderungen einher. Neben formalen Modellen interdependenter Netze, System-Dynamics-Methoden und Maschinellem Lernen bietet sich auch Simulation als Analysemethode an, um die Entstehung von Risiken frühzeitig zu erkennen und um geeignete Maßnahmen vorab evaluieren zu können. In diesem Zusammenhang ergeben sich insbesondere Herausforderungen bei der Modellbildung (z.B. Datenbestände einer Vielzahl von heterogenen Institutionen), der Simulationsdurchführung (z.B. Anpassung/Parametrisierung an neue Entwicklungen) sowie der personalisierten Auswertung der generieren Daten (z.B. Visualisierung und Interpretation von quantitativen Ergebnissen).

Zur Initiierung und Etablierung eines solchen Forschungsfeldes fand im Rahmen der diesjährigen 14. Internationalen Tagung Wirtschaftsinformatik in Siegen der erste Workshop zu „Systematischen Risiken in weltweiten Netzen“ statt (WI 2019). Hierbei wurden 15 Beiträge zur Analyse weltweiter Netze, Gestaltung von Prozessen und Netzwerken in der Praxis sowie Risiko- und Krisenmanagement vorgestellt. Gegenstand der Diskussionen waren darüber hinaus die Schaffung eines gemeinsamen Forschungsrahmens, die Identifikation von Widersprüchen in aktuellen Paradigmen und Potenziale der Erweiterung von existierenden Ansätzen. Getragen von den Fachbereichen Künstliche Intelligenz und Wirtschaftsinformatik der GI streben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops darüber hinaus die Beantragung eines koordinierten DFG-Programms im Herbst 2019 an.

Dieser Überblick wurde verfasst von Fabian Lorig, Ingo J. Timm und Peter Mertens. Vielen Dank!

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GI-MELDUNGEN

GI verlässt Facebook. Der GI-Vorstand hat beschlossen, die zentrale GI-Präsenz auf Facebook zu schließen. Hintergrund sind unter anderem die zahlreichen und zunehmenden Datenschutz- und Privatsphäreverletzungen des Konzerns. Bis Mitte Mai bleibt die Facebook-Seite noch online, um den dortigen „Followern“ die Möglichkeit der Kommentierung zu geben, anschließend werden wir sie schließen. Auf unserer Webseite finden Sie eine ausführliche Begründung und Antworten auf häufig gestellte Fragen. Darüber hinaus können Sie unterhalb der FAQ die Entscheidung des Vorstands kommentieren.  weiterlesen

GI-Geschichte: Wir brauchen Ihre Hilfe. Auf unserer Webseite haben wir eine Liste mit den Jahrestagungen der vergangenen Jahre zusammengetragen. Dort sind auch die alten Programmhefte hinterlegt. Es ist spannend, welche Themen schon vor vielen Jahren im Fokus standen. Nun sind wir auf der Suche nach weiterem Material. Wenn Sie noch Programmhefte vergangener Jahrestagungen haben, die in der Liste fehlen, würden wir uns freuen, wenn Sie sie uns einscannen und zusenden könnten. Dann veröffentlichen wir sie im Web.  weiterlesen

GI-Fellow Dorothea Wagner bewirbt sich um DFG-Präsidentschaft. Die Informatikerin Dorothea Wagner aus Karlsruhe möchte Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) werden. Die DFG ist die größte deutsche Institution für Forschungsförderung. Zusammen mit zwei weiteren Personen tritt sie das Rennen um die Spitze an, das Anfang Juli entschieden wird. Wir wünschen ihr viel Erfolg und würden uns sehr freuen, eine Informatikerin dort zu sehen.  weiterlesen

FUNDSTÜCK

Gültiges Perl aus Farbspritzern. Bevor es PHP, Python und JavaScript gab, war Perl die wohl wichtigste Skriptsprache. Perl-Kritiker spotten gern, dass es durchaus möglich sei, gültige Perl-Programme zu schreiben, die nur aus Sonderzeichen bestünden. Diese Behauptung war vielleicht die Vorlage für das Projekt, das wir Ihnen im Fundstück präsentieren. Hier wurde der Frage nachgegangen, ob es möglich sei, Farbe an die Wand zu spritzen, ohne dass dabei ein gültiges Perl-Programm entsteht. In Versuchen wurden dazu Bilder von Farbspritzern mit der OCR-Software Tesseract in Text umgewandelt. Das Ergebnis wurde dann dem Perl-Interpreter zur Ausführung übergeben. Die überraschende Antwort dieses nicht ganz ernstgemeinten Experiments: Immerhin 7% der Farbspritzer sind tatsächlich kein gültiger Perl-Code…    Zur Webseite (colinm.org, engl.)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 238 des GI-Radars. Zusammengestellt hat sie Dominik Herrmann, der froh ist, dass er den Versand des GI-Radars nicht mit Perl programmieren muss. Die Mitteilungen hat wie immer GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 17. Mai 2019.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.