GI-Radar 322: Lernwerkzeuge für digitale Musikverarbeitung

 

Liebe Leserinnen und Leser,

in den Kurzmitteilungen geht es dieses Mal unter anderem um die schleppende Verbreitung von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung. Das Thema im Fokus behandelt Lehr- und Lernwerkzeuge für die digitale Musikverarbeitung. In den GI-Mitteilungen erinnern wir an die aktuell laufenden Wahlen für das GI-Präsidium. Das Fundstück zeigt auf, wie sich Informatik in die Schulen bringen lässt.  

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe!

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Funkmasten + Influencing in China + vernetzte Autos + Open Source in der Verwaltung + Lehr- und Lernwerkzeuge für die digitale Musikverarbeitung + GI-Präsidiumswahl + KI-Camp 2023 + KI im Recycling + Adresskontrolle + wie die Informatik in eine hessische Grundschule kommt

KURZMITTEILUNGEN

Förderbescheid für Funkmasten (Spiegel). Wer durch Deutschland fährt, staunt manchmal – wenn das Mobiltelefon plötzlich 3G oder gar nur noch E anzeigt. Um Funklöcher zu schließen, gibt es  seit zwei Jahren eine öffentliche Förderung für das Aufstellen von Funkmasten. Nun hat die entsprechende Gesellschaft den ersten Antrag bewilligt. weiterlesen

Kritik in China an Berichten über Menschenrechtsverletzung: staatliches Influencing (NZZ). Über Menschenrechtsverletzungen in China wird in westlichen Medien immer wieder berichtet. Nun steuert China gegen und fördert Influencing-Videos in sozialen Netzwerken. weiterlesen

Wer kontrollierte vernetzte Autos (Golem)? Die Vernetzung von Fahrzeugen schreitet fort. Immer mehr Kommunikation zwischen den Autos wird möglich. Doch wer hat darüber die Kontrolle? Die Autohersteller möchten diese behalten, die Regierung befürwortet eine unabhängge Stelle.  weiterlesen

Stiefkind Open Source in der öffentlichen Verwaltung (Netzpolitik). Bei der Digitalisierung und dem Zugang zu digitalen Dienstleistungen in Deutschland hakt es gewaltig. Unter anderem liegt dies am föderalen System und daran, dass die Länder häufig nicht kooperieren, es keine Schnittstellen zwischen den Systemen und keine kompatible Software gibt. Der vermehrte Einsatz von Open Source Software könnte hier weiterhelfen – und im Rahmen das Onlinezugangsgesetzes (OZG) hat der Bund dafür Mittel bereitgestellt. weiterlesen

THEMA IM FOKUS

FMP Notebooks: Interaktives Lehren und Lernen der Digitalen Musikverarbeitung. Die meisten Menschen haben einen intuitiven Zugang zur Musik. Daher sind viele Aufgabenstellungen der digitalen Musikverarbeitung hervorragend geeignet, um abstrakte Konzepte in Gebieten wie der Signalverarbeitung, Mustererkennung oder Zeitreihenanalyse zu motivieren und in einer konkreten Anwendung einzusetzen. In diesem Beitrag stellen wir die FMP Notebooks (audiolabs-erlangen.de) vor – eine neuartige Sammlung von webbasiertem Multimediamaterial für das interaktive Studium und die Umsetzung eigener Projekte (Anmerkung der Redaktion: der Autor des Beitrags ist an der Entwicklung der FMP Notebooks beteiligt).

Musik ist ein allgegenwärtiger und wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Aufgrund des Angebots digitaler Musikdienste wie Spotify, Pandora und iTunes sind wir heute mehr denn je von Musik umgeben und interagieren mit ihr auf vielfältige Weise. Angesichts der explosionsartigen Zunahme digitaler Inhalte werden verstärkt computerbasierte Werkzeuge und Methoden zum Auffinden, Organisieren, Analysieren und Modifizieren von Musikdaten benötigt. Aus dieser Notwendigkeit heraus hat sich das neuartige Forschungsgebiet der digitalen Musikverarbeitung entwickelt, das im Englischen auch als Music Information Retrieval (MIR) (ismir.net) bekannt ist. In ihren Anfängen hat die MIR-Forschung viele Ideen und Konzepte aus etablierten Disziplinen wie der Sprachverarbeitung oder der Computerlinguistik übernommen. Nach mehr als zwanzig Jahren ist MIR zu einem eigenständigen und interdisziplinären Forschungsgebiet gereift, das in engem Bezug mit unterschiedlichen Disziplinen wie der Informatik, den Ingenieurswissenschaften, der Signalverarbeitung, den Musikwissenschaften und den Digital Humanities steht.

Dank der Vielfältigkeit und Komplexität von Musik gibt es viele Aufgabenstellungen der digitalen Musikverarbeitung, die als motivierende Szenarien für die Einführung, Erläuterung und das Studium von Techniken der Digitalen Signalverarbeitung, des Information Retrieval oder des Maschinellen Lernens dienen können. Zum Beispiel sind bei der Suche in heterogenen Musikdatenbeständen ganz unterschiedliche Modalitäten und Datentypen wie Partituren (Bilddaten) (audiolabs-erlangen.de) und Musikaufnahmen (Audiodaten) (audiolabs-erlangen.de) zu berücksichtigen. Zur Verarbeitung solcher Daten kommen Methoden der Bildverarbeitung, der Audioverarbeitung, und der Mustererkennung zum Einsatz.

Für die Tempobestimmung (audiolabs-erlangen.de) benötigt man Verfahren zur Bestimmung von zeitlich, sich periodisch wiederholenden rhythmischen Mustern. Die Zerlegung von Musikaufnahmen in isolierte Instrumental- und Gesangsspuren (eine Problemstellung die allgemeinhin als Quellentrennung (github.com) bekannt ist) wird in den letzten Jahren insbesondere mittels Techniken des Deep Learning bewerkstelligt. Bei der Audioidentifikation (audiolabs-erlangen.de) kommen effiziente Indexierungsverfahren zum Einsatz. Das Lehrbuch Fundamentals of Music Processing (FMP) (audiolabs-erlangen.de) gibt einen umfangreichen Einblick in das Gebiet der digitalen Musikverarbeitung und vermittelt dabei allgemeine Grundlagen der Informatik und Signalverarbeitung in Theorie und Praxis.

Die frei verfügbaren FMP Notebooks (audiolabs-erlangen.de) verknüpfen und erweitern das Lehrbuch mit Online-Interaktion und E-Learning durch den Einsatz innovativer und neuartiger multimedialer Werkzeuge. Die FMP Notebooks basieren auf dem Open-Source Jupyter-Framework (jupyter.org), das im Bildungsbereich vieler technischer Disziplinen zum Standard geworden ist. Mittels dieser umfassenden Webanwendung können Benutzer Dokumente erstellen, die lauffähigen Code, textbasierte Informationen, mathematische Formeln, Bilder, Klangbeispiele und Videos enthalten. Durch die Nutzung des Jupyter-Frameworks schließen die FMP Notebooks die Lücke zwischen Theorie und Praxis. Hierbei werden technische Konzepte und mathematische Details mit Codebeispielen, Illustrationen und Musikbeispielen unter Berücksichtigung didaktischer Aspekte verschachtelt.

Die FMP Notebooks (audiolabs-erlangen.de) sind eine Sammlung bestehend aus mehr als 100 individuellen Notebooks. Beginnend mit einer Einführung in grundlegende technische Konzepte (audiolabs-erlangen.de), die für die Installation (audiolabs-erlangen.de) und Verwendung von Jupyter (audiolabs-erlangen.de) und Python (audiolabs-erlangen.de) notwendig sind, orientieren sich die FMP Notebooks eng an den acht Kapiteln des Lehrbuchs (audiolabs-erlangen.de), das zentrale MIR-Themen wie Musikdarstellungen (audiolabs-erlangen.de), Fourieranalyse (audiolabs-erlangen.de), Musiksynchronisation (audiolabs-erlangen.de), Strukturanalyse (audiolabs-erlangen.de), Akkorderkennung (audiolabs-erlangen.de), Beat-Tracking (audiolabs-erlangen.de), Musiksuche (audiolabs-erlangen.de) und Audiozerlegung (audiolabs-erlangen.de) behandelt.

Jeder dieser acht Teile besteht wiederum aus einer Übersichtsseite, die auf circa 10 bis 15 Notebooks verweist. Diese Notebooks enthalten Einführungen zu den jeweiligen MIR-Fragestellungen, geben zentrale mathematische Definitionen und beschreiben die algorithmischen Verfahren im Detail. Ein Hauptzweck der FMP Notebooks besteht darin, für diese Verfahren leicht verständliche Referenzimplementationen bereitzustellen. Diese werden dann anschließend auf konkrete und gut nachvollziehbare Musikbeispiele angewendet. Weiterhin kann die Benutzerin oder der Benutzer die Verfahren auf eigene Beispiele anwenden, mit Parametern experimentieren und die berechneten Ergebnisse durch geeignete Visualisierungen (audiolabs-erlangen.de) und Sonifikationen (audiolabs-erlangen.de) erfahrbar machen und damit besser verstehen. Diese Vorgehensweise ermöglicht auch die Generierung von Abbildungen und Illustrationen, die in Vorträgen und wissenschaftlichen Artikeln verwendet werden können. Auf diese Weise ergänzen die FMP Notebooks das eher theoretisch ausgerichtete Lehrbuch (audiolabs-erlangen.de) und gehen weit darüber hinaus.Während in den FMP Notebooks Code und Implementierungen mit Lehrbuchelementen verquickt werden, stellte die Python-Bibliothek libfmp (github.com) modularen und didaktisch aufgearbeiteten Code in einem öffentlich zugänglichen GitHub-Repository (github.com) mit API-Dokumentation (meinardmueller.github.io] zur Verfügung. Hierdurch erweitern die FMP Notebooks bestehende forschungsorientierte Python-Bibliotheken zur Audio- und Musikverarbeitung wie zum Beispiel librosa (librosa.org) oder madmom (madmom.readthedocs.io). Zusammenfassend hoffen wir, dass die FMP Notebooks bestehende Open-Source-Toolboxen gut ergänzen und Bildung sowie Forschung im Bereich der digitalen Musikverarbeitung und allgemein in der Informatik fördern. Hierbei sollen Studierende in ihrer Entwicklung von Lernenden zu Forschenden unterstützt und Lehrende bei der Erstellung von Lehrmaterialien inspiriert werden.

Dieser Beitrag wurde von Meinard Müller verfasst, der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und bei den International AudioLabs Erlangen an Techniken zur digitalen Musikverarbeitung forscht. Vielen Dank für diesen ausführlichen Einblick!

GI-MELDUNGEN

Sechs (neue) Köpfe gesucht: Präsidiumswahl 2022 läuft. Schon gewählt? Seit Mitte Oktober läuft die Wahl zum GI-Präsidium – und gut 1500 Mitglieder haben bereits gewählt. Bis zum 9. Dezember können ordentliche und korporative Mitglieder darüber entscheiden, wer ihre Positionen im GI-Präsidium vertreten kann und soll. Neun engagierte Mitglieder haben Lust, dies zu tun und stellen sich im besten Licht dar. Wir freuen uns auf eine hohe Wahlbeteiligung. weiterlesen

Dritte Runde für das KI-Camp: jetzt für das kommende Jahr bewerben. Im Frühjahr 2023 bringen die GI und das Bundesministerium für Bildung und Forschung junge KI-Talente mit renommierten KI-Fachleuten aus aller Welt beim KI-Camp 2023 zusammen. Wer mit oder über Künstliche Intelligenz forscht und arbeitet, kann sich bis zum 5. Dezember bewerben. Darüber hinaus sind Nominierungen für herausragende KI-Talente in fünf Kategorien als KI-Neulinge 2023 erwünscht. Weitere Informationen hinter dem Link.  weiterlesen

KI kümmert sich um Kunststoff-Recycling. Theoretisch ist Kunststoffmüll ein wertvoller Rohstoff. Allerdings stellt das fachgerechte Recycling häufig ein Problem dar, sodass Ressourcen verschwendet werden. Anhand von KI-Methoden soll dies verbessert werden. Die GI begleitet das entsprechende Projekt.  weiterlesen

Keine Post von der GI: Adressen aktuell? Normalerweise treten wir per E-Mail mit Ihnen in Kontakt. Bei der Präsidiumswahl war das anders, hier haben die Wahlberechtigten Briefe bekommen, von denen einige Hundert zurückgekommen sind. Daher unsere Bitte an Sie: schauen Sie bitte ab und zu in Ihre persönlichen Daten und aktualisieren Sie diese. Das geht ganz einfach online und erspart Ihnen den Verlust von Informationen und uns die zeitaufwändigen Nachforschungen nach Ihrem Verbleib.  weiterlesen

 

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues oder auch ältere Fundstücke.

FUNDSTÜCK

Informatik und die GI-Plakate in einer Grundschule in Hessen: GI-Fellow erklärt die (Informatik-)Welt. Dass manche Kinder ihren Eltern im Umgang mit dem Rechner haushoch überlegen sind, ist allgemein bekannt. Da dies aber nicht für alle Kinder gilt, ist GI-Fellow Rüdiger Grimm nach seiner Emeritierung zum Grundschullehrer mutiert und erklärt den Grundschülerinnen und -Schülern – auch anhand der GI-Poster zu den Informatikpersönlichkeiten – Menschen und Technik der Informatik. Für dieses Engagement wurde die Schule nun ausgezeichnet.  Zum Fundstück (rtl.de)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 322 des GI-Radars vom 04.11.2022. Zusammengestellt wurde diese Ausgabe von Dominik Herrmann, der sich darüber freuen würde, wenn die GI-Poster mit Informatik-Persönlichkeiten an möglichst vielen Schulen hängen würden. GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter hat die Mitteilungen und Meldungen zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 18. November 2022.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.