GI-Radar 284: Bilder statt Passwörter

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Passwörter sind allgegenwärtig. Inzwischen müssen sich schon Grundschüler damit herumplagen. In der Forschung wird schon seit Jahren an alternativen Mechanismen zur Authentifizierung gearbeitet – neuerdings auch aus dem Blickwinkel von Kindern (Thema im Fokus). In den Kurzmitteilungen beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe mit dem Thema Energieverbrauch – und zwar gleich zwei Mal. Studierende der Didaktik der Informatik können sich für einen Abschlussarbeitenpreis bewerben, wie in den GI-Mitteilungen nachzulesen ist. Das Fundstück erinnert an den Informatik-Pionier Nikolaus Lehmann.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe!

auf gi-radar.de weiterlesen

Energiesparen + verfremdete Videos + digitale Währung + Videospiele + Onlinehetze + Bilder statt Passwörter + Sponsoring der Jahrestagung + Didaktik-Preis + informatiCup + Infomaterial + 100. Geburtstag von Nikolaus Lehmann

KURZMITTEILUNGEN

Energiesparen durch Digitalisierung – in manchen Bereichen (ZEIT). Dass eine Videokonferenz deutlich weniger Energie verbraucht als ein Flug zu einer Vor-Ort-Besprechung, ist selbsterklärend. Der allgegenwärtige Einsatz von digitalen Techniken und die Produktion der entsprechenden Hardware macht allerdings noch immer rund 7% des gesamten Energieverbrauchs aus. Hier ist noch einiges an Einsparpotenzial vorhanden.  weiterlesen

Deepfake-Videos: wenn die Grünen-Chefin (vermeintlich) mit dem CDU-Vorsitzenden Händchen hält (SZ). Erst einmal geht der Mensch davon aus, dass das, was er sieht, der Realität entspricht. Zumindest war das früher so. Digitale Technik schafft mittlerweile jedoch so lebensechte Bilder, dass durch Montagen Menschen - vorwiegend bekannte Personen - vorgeführt, verunglimpft und bloßgestellt werden - indem beispielsweise ihre Gesichter in Pornosequenzen eingearbeitet werden.  weiterlesen

Digitale Währungen: Stromfresser, aber auch ein Unabhängigkeitsversprechen (NZZ). Der Bitcoin-Hype treibt Spekulationsfans an und verschafft digitalen Währungen einen großen Zulauf. Dabei dürften nur wenige wissen, wie genau digitales Geld funktioniert und was neben der Faszination damit einhergeht. Eine Erklärung, ein Abwägungsversuch und ein Blick in die Zukunft.  weiterlesen

Eskapismus oder Kurzurlaub: Videospielen in der Pandemiezeit (Netzpolitik). Videospielsucht wird seit 2018 als psychische Störung bei der Weltgesundheitsorganisation geführt. Krankenkassen haben die Veränderung der Videospielzeit vor und während der Pandemie verglichen und einen Anstieg festgestellt. Doch ob ein verändertes Nutzungsverhalten tatsächlich immer zur (behandlungsbedürftigen) Sucht ausartet, ist fraglich. Manch einer freut sich einfach über einen virtuellen Kurzurlaub im Spiel und überbrückt so die Zeit, bis reale Abenteuer wieder möglich werden.  weiterlesen

Onlinehetze künftig strafbewehrt (Spiegel). Anfang April ist das seit langem diskutierte Gesetz gegen Hasskriminalität im Internet in Kraft getreten. Die Verbreitung von Beleidigungen, Hassbotschaften und Bedrohung im Web kann künftig mit Gefängnisstrafe geahndet werden.  weiterlesen

THEMA IM FOKUS

Bilder statt Passwörter. Prof. Melanie Volkamer und Peter Mayer der Forschungsgruppe SECUSO am KIT (Karlsruhe) forschen an Verfahren zur Nutzer-Authentifizierung, die nicht nur sicher sondern auch benutzerfreundlich sind. Das häufigste Instrument zur Nutzer-Authentifizierung ist das Textpasswort. Seine Nutzung birgt viele bekannte Probleme, welche sich noch zusätzlich steigern für Menschen, die wenig geübt im Lesen, Schreiben und Merken komplizierter alphanumerischer Strings sind. Dazu gehören vor allem unsere jüngsten Nutzerinnen und Nutzer: Kinder. Jeder unsachgemäße Umgang mit Passwörtern ist eine Einladung an Hacker, und damit sind unsere Kinder umso stärker gefährdet.

Seit vielen Jahren weisen Studien darauf hin, dass sich aus naheliegenden Gründen nicht nur Kinder, aber besonders auch diese, Bilder besser merken können als komplexe alphanumerische Strings. Statt also auf schwache Passwörter auszuweichen ist es eine verlockende Strategie, Bilder zur Authentifizierung beim Login einzusetzen. Die Nutzerinnen und Nutzer müssten diese auch nicht aktiv erinnern und reproduzieren (wie bei der Eingabe von Passwörtern), sondern es können erkennungsbasierte Verfahren eingesetzt werden, welche deutlich benutzerfreundlicher sind, ohne Sicherheit einzubüßen. Insbesondere wurden drei erkennungsbasierte Verfahren in Studien mit Kindern erprobt. Dabei wurde nicht nur der Erfolg der Verfahren gemessen, sondern den Kindern vor allem die Gelegenheit gegeben, Rückmeldungen zu geben.

Bei allen drei Verfahren dient ein Tiersymbol als „User-Id“ für das Kind. Individuelle grafische Elemente dienen als „Passwort“. Zum Login klickt ein Kind dann sein Tiersymbol an. Statt einer Passwortabfrage werden dem Kind nun mehrere (sechs oder neun) grafische Elemente angezeigt. Die Aufgabe des Kindes ist es das individuelle Passwort zu erkennen, indem es darauf zeigt oder es anklickt.

Das erste Verfahren beruht auf dem Wiederkennen eines Passfotos einer Person aus dem Umfeld des Kindes, das gegenüber fünf anderen vom System künstlich erzeugten, aber lebensecht wirkenden Passfotos herausgefunden werden muss. Der Vorteil hierbei ist eine sehr hohe Wiedererkennbarkeit. Dieses Verfahren wurde mit acht vier- bis fünfjährigen Kindern erprobt, die sehr gut damit zurechtkamen. Sie äußerten sich positiv zu dem Verfahren. Nachteile sind ein klarer Personenbezug der Passfotos zum Kind und ein relativ hoher Aufwand zum Einrichten für jedes Kind (und für die Eltern).

Dieselben Vor- und Nachteile hat das zweite Verfahren, bei dem statt Passfotos Doodles verwendet werden. Das Kind produziert bei der Registrierung ein selbst gezeichnetes Doodle und muss es beim Login unter fünf anderen Doodles herausfinden, die von anderen Personen – hier vom Forschungsteam – erstellt wurden. Dieses Verfahren wurde von neun fünf- bis sechsjährigen Kindern mit demselben Erfolg getestet.

Das dritte Verfahren ist dagegen am leichtesten einzurichten und hat den geringsten Personenbezug zu den Kindern: Die Rolle der Passbilder und Doodles für das Passwort wird hier von allgemein zugänglichen Fotos von Objekttypen, wie zum Beispiel Autos, Schiffen usw. übernommen. Jedem Kind wird als „Passwort“ ein individuelles Bild zugeordnet, das es gegenüber anderen Fotos desselben Objekttyps herauszufinden hat.

Um festzustellen, wie gut Kinder Fotos – wie sie im dritten Verfahren eingesetzt werden – im Gedächtnis behalten, haben wir eine Studie mit 21 acht- bis neunjährigen Kindern einer 3. Klasse sowie mit 23 neun-bis zehnjährigen Kindern einer 4. Klasse der Christian-Morgenstern-Grundschule in Darmstadt durchgeführt. Ohne zu wissen, dass sie etwas im Gedächtnis behalten sollten, wurden den Kindern in insgesamt nur einer halben Minute je ein Foto eines Tiers, eines Schiffs, eines Autos und einer Städteansicht auf dem Smartboard der Klasse gezeigt. Dies konnte unauffällig geschehen, weil es nicht von einem fremden Forschungsteam, sondern am Anfang einer normalen Unterrichtsstunde allein vom vertrauten Lehrer durchgeführt wurde. Deshalb konnte der Lehrer danach ohne weitere Erklärung zum normalen Unterricht übergehen.

Nach etwas über einer Stunde und im Falle der Viertklässler erneut nach einer Woche wurden den Kindern dann jeweils neun verschiedene Tierbilder, Schiffsbilder, Autobilder und Städteansichten vorgelegt, aus denen sie in nur einer Minute das jeweils ganz am Anfang gezeigte Bild markieren sollten. Die Wiedererkennungsrate war überwältigend, bei drei der vier Objekttypen fast hundert Prozent. Bei den Städteansichten gab es vereinzelte Ausreißer. Die Kinder liebten das „Spiel“ und verlangten in der Folgestunde eine Wiederholung. Eine Überprüfung nach über drei Monaten zeigte ähnlich gute Resultate.

Als Ergebnis nehmen wir mit, dass Kindern diese Art von Authentifizierungsverfahren gut liegt. Man muss aber bei der Auswahl der Objekttypen darauf achten, nahe an der Erlebniswelt der Kinder zu bleiben. Tiere sind jedenfalls sehr gut geeignet, und über alle Tests hinweg haben sich Autos am zweitbesten bewährt.

Weitere Informationen über dieses Projekt und andere Forschungsvorhaben zu Usability und Security finden sich auf den Forschungsseiten von SECUSO.

Diesen Beitrag haben Rüdiger Grimm, Peter Mayer und Melanie Volkamer beigesteuert. Vielen Dank!

GI-MELDUNGEN

INFORMATIK 2021: Sponsoringpartner werden? Das Programm unserer Jahrestagung INFORMATIK 2021 wächst immer weiter. Die Workshops stehen fest, viele Beitragende ebenso, und nun sind wir auf der Suche nach potenziellen Sponsoren. Wie Sie sich bei uns vor geschätzt weit über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern präsentieren können, entnehmen Sie unserem Sponsoringkonzept.  weiterlesen

Endausscheidung des informatiCup live schauen. Der informatiCup steht vor der Entscheidung. Die besten Teams sind eingeladen, sich und ihre Lösungswege zu präsentieren und sich anschließend persönlich den Fragen zu stellen. Am 22. April ab 16:00 Uhr können Sie live dabei sein.  weiterlesen

Beste Master- oder Staatsexamensarbeit aus der Didaktik gesucht. Die GI-Fachgruppe Didaktik der Informatik (DDI) lobt erstmals einen Preis für die beste Didaktik-Abschlussarbeit aus. Bis zum 30. Juni können entsprechende Arbeiten bei der Fachgruppe eingereicht werden. Voraussetzungen und Details hinter dem Link.  weiterlesen

Wollen Sie die GI bekannt(er) machen? Können Sie sich vorstellen, vor Ihren Studierenden oder Kolleginnen und Kollegen etwas über die GI zu erzählen? Oder wollen Sie sich einfach mal schlau machen, was die GI im Überblick bietet (viel mehr, als die meisten wissen): Dann schauen Sie in den GI-Mitgliederbereich, wo Sie zahlreiches Material, auch zum Bearbeiten, finden. Und wenn Ihnen etwas fehlt: melden Sie sich sich. Wir freuen uns über Anregungen.  weiterlesen

 

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Letzte Woche fand die GI bei heise unter anderem mit dem erfreulichen Zwischenergebnis des Jugendwettbewerb Informatik Erwähnung. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues.

FUNDSTÜCK

100. Geburtstag von Nikolaus Lehmann. Die Entwicklung von Hard- und Software schreitet mitunter so schnell voran, dass die Anfänge häufig garnicht mehr präsent sind. In Kürze feiern wir den 100. Geburtstag der Maschine Z3, und vor Kurzem wäre Nikolaus Lehmann, Begründer der maschinellen Rechentechnik, 100 geworden. Bereits 1989 hat ihn die GI mit der Konrad-Zuse-Medaille ausgezeichnet. Der Geburtstag ist ein guter Anlasse, sich noch einmal erste Schritte unserer Disziplin zu vergegenwärtigen.  Zum Fundstück (heise.de)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 284 des GI-Radars. Zusammengestellt hat sie Dominik Herrmann, der jetzt grob überschlägt, wie viele Kombinationen aus Tierarten und Automarken es gibt. Die Mitteilungen und Meldungen hat GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 23. April 2021.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.