GI-Radar 242: Disruptive Modernisierung von Staat und Verwaltung

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

in diesem GI-Radar blicken wir aus den Perspektiven der Rechts- und Verwaltungsinformatik auf die Modernisierung des Staates durch digitale Technologien (Thema im Fokus und Fundstück). In den Kurzmitteilungen verweisen wir unter anderem auf einen informativen Comic, der KI erklärt. Die Ergebnisse unserer aktuellen Umfrage zu SciFi-KIs in der Popkultur präsentieren wir Ihnen in den GI-Mitteilungen.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.

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Geld oder Privatsphäre + Mädchen und Informatik + KI als Comic + Deutschlands Defizite in der Digitalisierung + Smart Home offline + freie Gedanken? + Verwaltungs- und Rechtsinformatik + Auszeichnung für Burkhard Monien + GI gefragt zu Gesundheitswesen + Wissenschaftlicher Nachwuchs vernachlässigt + Umfrage zur SciFi-Popkultur + Sprachassistenten im Kundenservice

KURZMITTEILUNGEN

Privatsphäre gegen Geld oder: mit den eigenen Daten Geld verdienen (Spektrum.de). Während große Konzerne mit den Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer viel Geld verdienen, haben diejenigen, die die Daten produzieren, keinen finanziellen Vorteil. Nun gibt es erste Überlegungen, wie sich die eigenen Daten zu Geld machen lassen. Allerdings droht so die Gefahr, dass sich künftig nur gut Betuchte den Schutz der eigenen Daten leisten können. Diverse Denkansätze werden hier zusammengetragen.  weiterlesen

Mädchen mögen Informatik nicht (BBC, engl.). Was in der GI allenthalben thematisiert wird, stellt auch in anderen Ländern ein Problem dar: Informatik ist für Mädchen und Frauen nicht attraktiv. Die BBC hat eine Studie mit (möglichen) Gründen veröffentlicht, die sich nahezu 1:1 auf Deutschland übertragen lässt.  weiterlesen

KI als Comic: was sind Algorithmen und wie funktioniert Autonomie? (SZ) In einem Comic stellen eine Grafikerin und eine Datenwissenschaftlerin verschiedene Fragen der Künstlichen Intelligenz bildlich dar. Damit möchten sie Ängste zerstreuen und Schlagworte verständlich erläutern.  weiterlesen*

Deutschlands Defizite in der Digitalisierung und der E-Mobilität (Handelsblatt). Der ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup skizziert, warum Deutschlands Wirtschaft im internationalen Vergleich zurückfällt, und wie ein Reformprogramm aussehen könnte, das Deutschland den Anschluss nicht (komplett) verpassen lässt.  weiterlesen*

Smart Home ohne Internet: weniger komfortabel, dafür sicher(er) (Golem). Smart Home wird im allgemeinen Sprachgebrauch immer mit dem Internet verbunden. Aber es geht auch offline. Zwar ist die Wohnung damit nicht von außen steuerbar, aber von innen bietet sie nach wie vor fast alle Funktionen des Smart Home. Vor- und Nachteile sowie die technische Umsetzung hat Golem untersucht.  weiterlesen

Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten (NZZ). Manche von Ihnen dürften das Lied aus verschiedenen Kontexten kennen. Nun macht sich die KI auf, Gedanken und Einstellungen zu lesen und sichtbar zu machen. Was sich für manchen nach dem puren Horror anhört, lässt die Herzen von Arbeitgebern und anderen vermutlich höherschlagen.  weiterlesen

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THEMA IM FOKUS

Disruptive Modernisierung von Staat und Verwaltung durch den gezielten Einsatz von smarten Objekten, CPS, RPA und KI. Die Fachtagungen Verwaltungsinformatik (FTVI) und Rechtsinformatik (FTRI) haben das Ziel, einen konstruktiven Dialog zwischen Wissenschaft, Verwaltungspraktikern und Juristen sowie Beratern zu fördern, indem Konzepte, Erfahrungen und Trends analysiert sowie Umsetzungsstrategien aufgezeigt werden. Die FTVI wird alle zwei Jahre von der Fachgruppe Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik ausgerichtet – 2019 zum zwölften Mal. Die FTRI wurde 2019 zum fünften Mal gemeinsam mit der FTVI ausgerichtet.

Smart, CPS, RPA, KI – viele Abkürzungen, welche der öffentlichen Verwaltung zum Nutzen gereichen sollen. Was steckt hinter diesen Technologien und Konzepten und warum können sie in der öffentlichen Verwaltung sinnvolle Anwendung finden? Dies diskutierten die Teilnehmer der Fachtagung Verwaltungsinformatik und Rechtsinformatik.

Der Einsatz von smarten Objekten, cyberphysischen Systemen (CPS), IoT-Plattformen, Robotic Process Automation (RPA) und künstlicher Intelligenz (KI) wird das Regieren und das Verwalten in den kommenden Jahren verändern. Ziel ist die Modernisierung von Staat und Verwaltung. Hierbei bieten die Technologien nicht weniger als das Potenzial für derzeit noch unvorhersehbare und damit disruptive Folgen. Im vergangenen Jahrzehnt haben Wissenschaftler aufgezeigt, dass eben jene smarten Objekte und CPS maßgeblich die Art und Weise verändern werden, wie künftig produziert, geliefert und Dienstleistungen erbracht werden. Vielfältige Handlungsempfehlungen wurden abgegeben, die zu industriepolitisch bedeutsamen Leitbildern wie etwa Industrie 4.0 führten. Mehrfach wurde eine "Verwaltung 4.0" propagiert, wobei inhaltlich mit diesen Programmen überwiegend eine vierte Generation an E-Government-Diensten gefördert werden soll. Smarte Objekte, CPS und KI liegen bisher kaum im Fokus verwaltungspolitischer Aktivitäten in Deutschland wohingegen einigen Staaten Asiens und in Australien die staatliche Nutzung dieser Technologien einen hohen Stellenwert einnimmt. Sie eröffnen Perspektiven, die aus wirtschafts- und verwaltungspolitischen Gründen genutzt werden sollen. Entscheidungsträger in Deutschland und in Europa sind gut beraten, sich diese Aktivitäten anzusehen und ihr eigenes Handeln zu reflektieren.

Auf der Fachtagung wurde diskutiert, welche smarten Objekte, CPS und Ansätze von KI wie etwa Smartphones, smarte Straßenlaternen, Flugdrohnen, smarte Verkehrssteuerungen und smarte Überwachung in Südkorea, Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Australien, der Republik China (Taiwan) und Singapur schon wichtige Rollen spielen und welche Erkenntnisse in pluralistischen Gesellschaften wie etwa Deutschlands daraus gezogen werden können (Link zum Beitrag).

Weiter gedacht wird die Automatisierung ein wichtiger Aspekt bei der Digitalisierung und Modernisierung öffentlicher Verwaltungen sowie ihrer Arbeitsprozesse sein. Automatisierung bzw. "autonomes Handeln" von technischen Geräten wird hierbei als Vision gesehen. Automatisierte Systeme sollen Arbeitsprozesse ausführen und Probleme lösen. Der Einsatz automatisierter Systeme in der öffentlichen Verwaltung kann dabei Menschen unterstützen, effizienter und effektiver zu arbeiten. Vor allem Routinetätigkeiten mit keinem oder geringem Entscheidungsspielraum sind zunächst in den Blick zu nehmen. Dieses Thema wird unter dem Oberbegriff Robotic Process Automation (RPA) als ein wichtiges Konzept des Geschäftsprozessmanagements diskutiert. Während das Konzept des traditionellen oder klassischen RPA (regelbasiertes oder wissensbasiertes RPA) schon länger existiert, nutzt vor allem der Einsatz von Konzepten, Methoden und Techniken aus dem Bereich der bereits angesprochenen KI die Möglichkeiten des RPA auf eine höhere Ebene und ermöglicht sogenannte kognitive RPA-Anwendungen und darauf aufbauend sogenannte kognitive Dienste. Die verschiedenen bisher hier beleuchteten Technologien greifen hier also ineinander, ermöglichen die autonome, automatisierte Bearbeitung.

Die Potenziale und Herausforderungen von RPA für die öffentliche Verwaltung vor dem Hintergrund des aktuellen Modernisierungsprozesses der Verwaltung aufzuzeigen war Ziel und Diskussion auf der FTVI & FTRI. Konzepte zur automatisierten Datenidentifikation, -extraktion und -verarbeitung in einem Gewerbesteuer-Veranlagungsszenario an der Schnittstelle zwischen Steuerbehörden und einem Unternehmen wurden dabei exemplarisch zur Diskussion gestellt und besprochen, inwieweit – auch disruptive – Potenziale zugrunde liegen (Link zum Beitrag).

Dieser Beitrag wurde beigesteuert von David Richter, Sprecher des Fachbereichs Informatik in Recht und Öffentlicher Verwaltung (RVI) und Dr. Michael Räckers, Sprecher der Fachgruppe Verwaltungsinformatik. Vielen Dank!

GI-MELDUNGEN

GI-Fellow Monien in NRW ausgezeichnet. Burkhard Monien, einer der Fellows der ersten Stunde und Initiator des GI-Junior-Fellow-Programms, ist von der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften mit der Ehrennadel ausgezeichnet worden. Monien ist Emeritus der Universität Paderborn und hat dort das Fach Informatik maßgeblich geprägt. Wir gratulieren!  weiterlesen

GI kommentiert „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“. Das Gesundheitsministerium hat einen Entwurf zur besseren Versorgung im Gesundheitswesen vorgelegt, der von den relevanten Fachgesellschaften kommentiert werden konnte. Aus der GI hat sich die Fachgruppe Digital Health gemeinsam mit dem Präsidiumsarbeitskreis Datenschutz des Entwurfs angenommen und eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen gemacht.  weiterlesen

GI-Beirat für den wissenschaftlichen Nachwuchs beklagt Situation in Deutschland. Obwohl Deutschland auf exzellente Forschung angewiesen ist, werden die Belange des wissenschaftlichen Nachwuchses vernachlässigt. Der GI-Beirat für den wissenschaftlichen Nachwuchs (WiN) fordert daher, Promovierenden und PostDocs bessere Bedingungen zu bieten, um das Ausbluten (Brain Drain) der Wissenschaft zu verhindern.  weiterlesen

#KI50-Umfrage zur SciFi-Popkultur. Im Rahmen des Projekts #KI50: Künstliche Intelligenz in Deutschland – gestern, heute, morgen hat die GI die Bevölkerung in Deutschland gefragt, welche Science Fiction-Maschinen ihre Vorstellung von KI am stärksten geprägt haben. Warum viele dieser fiktionalen KIs es wahrscheinlich auch noch lange bleiben werden, hat Ingo Timm, Sprecher des GI-Fachbereich „Künstliche Intelligenz“ MDR-Wissen erklärt.  weiterlesen

FUNDSTÜCK

Integration digitaler Sprachassistenten in den Kundenservice. Die Nutzung von digitalen Sprachassistenten wie Amazon Alexa oder Google Assistant nimmt in privaten Haushalten stark zu. Ihre Popularität verdanken sie der Art der Interaktion zwischen Menschen und Maschine, die deutlich natürlicher ist als bei einer Website oder App. Dank ihrer großen Verbreitung und der einfachen Erweiterbarkeit, liegt es nahe, Sprachassistenten als zusätzlichen Kanal für den Kundenservice in kommunalen Unternehmen einzusetzen. Dabei sind eine Reihe von technischen Herausforderungen wie Authentifizierung des Nutzers, Integration mit Backend­-Systemen sowie datenschutzkonforme Verarbeitung zu adressieren. Wie die Integration von Sprachassistenten in den Kundenservice technisch und fachlich gelingen kann, wurde auf der FTVI & FTRI vorgestellt und diskutiert.  Zum Beitrag (dl.gi.de)

Dieses Fundstück hat David Richter eingesandt. Vielen Dank! Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 242 des GI-Radars. Zusammengestellt hat sie Dominik Herrmann, der Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch in Zukunft lieber über das GI-Radar und nicht mittels eines Sprachassistenten ansprechen wird. Die Mitteilungen hat wie immer GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 12. Juli 2019.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.