GI-Radar 324: DNA-Daten

 

Liebe Leserinnen und Leser,

in den Kurzmitteilungen befassen wir uns in dieser Ausgabe unter anderem mit der Zukunft von Kryptowährungen. Das Thema im Fokus dreht sich um DNA-Daten. In den GI-Meldungen weisen wir Sie auf die Frequently Asked Questions zur GI-Mitgliedschaft hin – und im Fundstück drehen wir die Zeit zurück.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe!

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Kryptowährungen + Inseln im Metaverse + Mobilfunkabdeckung + Gamification + schreibende Roboter + DNA-Daten + Verifikation der GI-Wahlen + Promotionspreis Sicherheit + INFORMATIK(Festival) 2023 + FAQ zur GI-Mitgliedschaft + Spendenbescheinigung + IT-Business um 1850

KURZMITTEILUNGEN

Kryptowährungen, Börsenabsturz und Energieverbrauch und warum Bitcoin & Co vielleicht trotzdem eine Zukunft haben (ZEIT). Neben den politischen Turbulenzen gab es in den letzten Wochen auch solche in der Finanzwelt. Nachdem Kryptowährungen lange Zeit zumindest Manchen als das Geld der Zukunft galten, hat sich der Blick durch die Börsenpleite gewandelt. Hat digitales Geld trotzdem noch eine Chance?  weiterlesen

Reale Inseln vor dem Untergang im Metaverse (NZZ). Der Pazifikstaat Tuvalu wird in absehbarer Zeit durch den steigenden Meeresspiegel untergehen. Die Regierung von Tuvalu lässt seine Inseln deshalb sukzessive im Metaverse nachbauen, um zumindest die Erinnerung an die Heimat zu konservieren.  weiterlesen

Mobilfunk: Ziel eines flächendeckenden Internets verfehlt (SZ). Eigentlich sollten bis Ende des Jahres die weißen Flecken auf der Landkarte für den Internetempfang getilgt sein. Wer durch bestimmte Landstriche fährt, weiß jedoch, dass dieses Ziel nicht erreicht ist. Wie geht es jetzt weiter und woran hakt es?   weiterlesen

Danke fürs Gießen: Gamification und Klimaschutz (taz). Es gibt lästige Dinge im Leben, Zähneputzen beispielsweise, oder die Bäume vor dem Haus gießen zu müssen. Da jedoch der Mensch einfach gestrickt ist (viele jedenfalls, mich eingeschlossen), gibt es erste Ideen, vernünftiges Verhalten auf digitale Art und Weise zu belohnen. Das Kind steuert mit der Zahnbürste Comicfiguren und der Erwachsene bekommt vom Baum ein Dankeschön und beim Kurzduschen digitales Konfetti.  weiterlesen

(Zeitungs)Texte: steckt dahinter (noch) ein Mensch? Ein Experiment (taz). Es ist nicht so leicht, gut zu lesende und interessante Texte zu produzieren. Geht das nicht auch automatisiert? Eine Tageszeitung wird das jetzt ausprobieren und hat einen Roboter „engagiert“, um Kolumnen zu schreiben. Anmerkung in eigener Sache: wenn uns künftig die Beiträge für das Thema im Fokus ausgehen: wer weiß, was wir dann tun ...  weiterlesen

THEMA IM FOKUS

DNA-Daten im Fokus: Moderner Fingerabdruck oder Weg in die Dystopie? Wann ist der Punkt erreicht, an dem die Dystopie zur Gegenwart wird? Obwohl Überwachung (wikipedia.org) ein historisches Thema ist, das viele verschiedene Lebenswelten umfasst, sehen wir immer häufiger Beispiele dafür, wie moderne Technologien diese erleichtern, ausbauen und stützen. 

Allen voran: China. Immer wieder finden sich in den Schlagzeilen die Ereignisse in Hong Kong (zeit.de) oder die engmaschige und systemische Überwachung der Uiguren, über die wir bereits im Artikel „Big Brother in China: Dystopie oder Gegenwart?“ in Ausgabe 263 des GI-Radars berichteten. Neueste Erkenntnisse zeigen: Bereits seit 2016 laufen auch in Tibet Maßnahmen der chinesischen Überwachung (citizenlab.ca). Durch die Sammlung von DNA wurden genetische Fingerabdrücke der Bevölkerung gesammelt und nach Schätzungen der berichtenden Forscherinnen und Forscher der Universität von Toronto bereits etwa 32 Prozent der Bevölkerung erfasst (netzpolitik.org). Das Erschreckende sind dabei vor allem die uneingeschränkten Nutzungsrechte der chinesischen Polizei, die die gesammelten Daten für beliebige Zwecke verwenden darf (vice.com).

Dies sind Ausmaße, von denen wir in Europa zum Glück noch weit entfernt sind. Doch auch in Deutschland werden DNA-Daten von öffentlichen Stellen erfasst - die Erfassung und Analyse von DNA-Daten ist dabei streng gesetzlich geregelt. Eine molekulargenetische Untersuchung kann im Rahmen von Straftaten an gefundenem oder einer verdächtigen Person entnommenem Material durchgeführt werden. Dabei hat man bislang jedoch ausschließlich nicht-codierende DNA-Stränge untersucht, die eine eindeutige Identifikation ermöglichen, aber keine Rückschlüsse auf z.B. die Haar- oder Hautfarbe und weitere Merkmale zulassen. Diese hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens im Dezember 2019 dahingehend erweitert, dass im Falle einer unbekannten Person auch Feststellungen über Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie Alter der Person getroffen werden dürfen (dejure.org). Diese Entscheidung ist die nach wie vor umstritten (aerzteblatt.de). Hauptkritikpunkt ist der ausgeweitete Eingriff in den Kern der Persönlichkeit sowie die Tatsache, dass die Zuverlässigkeit der Bestimmung phänotypischer Merkmale deutlich unterhalb der bisher genutzten reinen DNA-Identifikation liegt, sodass ein Vorteil bei den Ermittlungen fragwürdig scheint. Gespeichert werden die Daten in Deutschland in der sogenannten DNA-Analyse-Datei (DAD), diese umfasst Stand April 2022 etwa 800.000 Personendatensätze, auf die ein bundesweiter polizeilicher Zugriff möglich ist (bka.de). Im Rahmen der Prüm-Kooperation tauscht Deutschland Informationen zu DNA-Daten mit über 20 europäischen Ländern aus Die umfassendste Datenbank besitzt dabei Großbritannien mit über 4,5 Millionen Einträgen (enfsi.eu, S.28).

Dem stark regulierten Umgang mit DNA-Daten in Deutschland steht die in China durchgeführte massenhafte, anlasslose Sammlung und Analyse von DNA-Daten gegenüber, die einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre darstellen. Vor dem Hintergrund des politischen Regimes in China in Verbindung mit den immer wieder aufkommenden Berichten über die massive Unterdrückung von Minderheiten ist denkbar, dass die aus den DNA-Daten gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden, um Druck auf unliebsame Personen auszuüben.

Auch wenn die politische Ausgangsgrundlage in Deutschland eine andere ist, muss man sich die Frage stellen, inwieweit sich die Gegenwart der Dystopie annähert. Bereits bei der Funkzellenabfrage wurde gezeigt, wie Grenzen verschwimmen und Daten auch außerhalb der vorgegebenen, gesetzlichen Nutzbarkeit verwendet werden (ccc.de).

Trotzdem wird der Ausbau der Überwachung auf verschiedenen Ebenen immer stärker gefordert, etwa im Kontext der Chatkontrolle (chat-kontrolle.eu) oder der Vorratsdatenspeicherung (datenschutz.org). Dies sind Maßnahmen, die neben der biometrischen Massenüberwachung (GI-Radar 314) in China bereits zum Alltag gehören.

Aufgrund verschiedener Faktoren, wie zum Beispiel den unterschiedlichen politischen Systemen, ist es schwer vorstellbar, zeitnah in Europa tatsächlich ähnliche Verhältnisse zu erreichen. Es ist wichtig, über mögliche Alternativen zu einer Zukunft gläserner Bürgerinnen und Bürger zu sprechen und zu diskutieren. Mögliche Ansätze sind eine erhöhte Transparenz auf staatlicher Seite, strenge gesetzliche Regularien, sowie ein offener Diskurs über das Verständnis des Sicherheitsbegriffs in der Gesellschaft.

Essenziell für die Einführung und Umsetzung aller Maßnahmen sollte allen voran das Einbinden der Bevölkerung, in die jeweiligen Prozesse stehen. Dazu werden politische Entscheider benötigt, die die zugrundeliegenden technischen Systeme in ihren Potenzialen und Limitationen nachvollziehen sowie notwendige Regelungen verständlich kommunizieren können.

Dieser Beitrag wurde verfasst von Sarah Groos und Johannes Korz aus der Redaktionsgruppe „SocIeTy“. Da sowohl gesellschaftlich als auch politisch insbesondere im Rahmen der Verwendung neuer Technologien immer wieder Diskussionsbedarf entsteht, freuen wir uns, gemeinsam einen Diskurs zu genau solchen Themen zu gestalten. Verlinken (und folgen) Sie uns gerne auf Twitter unter @society_read. Sie erreichen uns außerdem unter redaktion.sozioinformatik@cs.uni-kl.de.

GI-MELDUNGEN

Transparenz und Offenheit: Tools zur Verifikation der GI-Wahlen gesucht. Wir alle vertrauen im Prinzip darauf, dass Anwendungen fehlerfrei funktionieren. Dennoch wäre es manchmal spannend, das auch kontrollieren zu können. In Zusammenarbeit mit unserem Wahlanbieter wollen wir Tools entwickeln, um in Zukunft die eigene Stimmabgabe im Nachhinein kontrollieren zu können. Hierfür suchen wir Interessierte, die entsprechende Tools programmieren möchten. Details finden Sie hinter dem Link.  weiterlesen

Promotionspreis des Fachbereichs SICHERHEIT ausgeschrieben. Der GI-Fachbereich „Sicherheit – Schutz und Zuverlässigkeit“ vergibt 2023 erneut zusammen mit dem CAST e.V. einen mit 3.000 Euro dotierten Promotionspreis für eine hervorragende Leistung aus der IT-Sicherheit. Die Dissertation muss in einem Themengebiet des Fachbereichs Sicherheit angesiedelt sein. Einsendeschluss ist der 8. Januar 2023 (23:59 Uhr). Weitere Details gibt es hinter dem Link.  weiterlesen

INFORMATIK(Festival) 2023: Webseite und Call for Workshops. Berlin ruft! Unter dem Motto „Designing Futures“ findet im kommenden Jahr die GI-Jahrestagung in Berlin statt. Schwerpunktmäßig wird es um die Gestaltung digitaler Technologien gehen, anhand derer wir die Veränderungen des Lebens verantwortungsbewusst begleiten und vorantreiben wollen. Weitere Informationen und Workshopanmeldung befinden sich – Sie ahnen es schon – hinter dem Link.  weiterlesen

GI-Mitgliedschaft: wissen Sie eigentlich alles? Als Sie Mitglied geworden sind, haben wir Sie über alle relevanten Dinge die GI betreffend informiert. Aber es kommen immer wieder neue Services hinzu, Dinge ändern sich, manche gehören aufgefrischt … Damit Sie einen schnellen Überblick über Angelegenheiten Ihrer Mitgliedschaft haben, haben wir Ihnen eine ausführliche FAQ-Liste zusammengestellt.  weiterlesen

Wunsch nach Spendenbescheinigung anmelden. Der GI-Mitgliedsbeitrag ist bei der Steuerklärung wahlweise als Werbungskosten oder als Spende absetzbar. Wenn Sie eine Spendenbescheinigung wünschen, können Sie dies in Ihrem persönlichen Profil hinterlegen und müssen dann nicht mehr jedes Jahr darum bitten.  weiterlesen

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues oder auch ältere Fundstücke.

FUNDSTÜCK

IT-Business um 1850. Denkt man an ein Start-Up, denkt man (wahrscheinlich) an eine kleine und hippe Gruppe aus dem Jahr 2000. Dass allerdings bereits in wilhelminischer Zeit ein Unternehmen unter ähnlichen Vorzeichen entstand, wissen wohl die Wenigsten zu erzählen. Im Jahr 1847 schlossen sich ein Leutnant der preussischen Armee und ein Feinmechaniker zusammen, um Telegraphen, Läutewerke für Eisenbahnen und Drahtisolierungen zu produzieren. Damit läuteten sie in einem Berliner Hinterhof die Geburt des Siemens-Konzerns ein.  Zum Fundstück (deutschlandfunk.de)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 324 des GI-Radars vom 02.12.2022. Zusammengestellt wurde diese Ausgabe von Dominik Herrmann, nicht in einem Berliner Hinterhof, sondern in seinem Bamberger Büro. GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter hat die Mitteilungen und Meldungen zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 16. Dezember 2022.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.