GI-Radar 308: KI und Nachhaltigkeit

 

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

in den Kurzmitteilungen geht es dieses Mal unter anderem um die Frage, warum der deutsche Staat nicht dazu ermächtigt werden sollte, bei Angriffen zurückzuhacken. Das Thema im Fokus befasst sich mit der Nachhaltigkeit von KI-Systemen. In den GI-Mitteilungen erfahren Sie, wo Sie sich darüber informieren können, wie es um den Informatikunterricht in den Bundesländern steht. Im Fundstück wird dafür geworben, dass Lehrende einen sokratischen Eid ablegen sollten.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dieser Ausgabe!

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Hackbacks + Windrad-Hack + Quantentechnologie in Deutschland + 50 Jahre Taschenrechner + IT-Fachkräftemangel + KI und Nachhaltigkeit + Informatikuntericht + GI-Beirat WiN sucht Nachwuchs + Preis für Softwarequalität + sokratischer Eid für Lehrende

KURZMITTEILUNGEN

Grundgesetz ändern zum Schutz vor Cyberattacken? (ZEIT). Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag das oder den sogenannten „Hackback“, sprich bei Cyberangriffen zurückzuhacken, ausdrücklich ausgeschlossen. Angesichts der volatilen politischen Situation wird jetzt jedoch neu darüber nachgedacht. Sicherheitsfachleute warnen, dieser Ansatz sei zu kurz gedacht, berge nicht absehbare Risiken und sei abgesehen davon wohl ineffizient. weiterlesen

Hack legt Windräder lahm (SZ). Ende Februar sind in Deutschland bei 5800 Windkraftanlagen relevante Funktionen ausgefallen. Zwar liefen die Windräder noch, aber sie waren online nicht mehr zu erreichen. Der Ausfall gilt als Kollateralschaden eines Angriffs auf das Satellitennetzwerk Ka-Sat, das mit Beginn des Ukrainekrieges gestört wurde. Nun müssen zehntausende Modems an den Windkraftanlagen ausgetauscht werden. weiterlesen

Quantensensorik, Quantenchips und Quantentechnologie in und aus Deutschland (Wirtschaftswoche). Fragt man nach (modernem) Erfindergeist, fallen den meisten wahrscheinlich Firmen aus dem Ausland ein. Tatsächlich aber wird auch in Deutschland an zukunftsträchtiger Technologie geforscht, und in einem starken Mittelstand könnten innovative Technologien zum Zuge kommen und die Welt erobern.  weiterlesen

50 Jahre Taschenrechner (FAZ). In Zeiten des Smartphones scheint der Taschenrechner mitunter wie ein Dinosaurier. Als er jedoch vor 50 Jahren erfunden wurde, hat er manches revolutioniert, und auch heute wird er noch genutzt. Die Geschichte eines Siegeszuges für die Nostalgie. weiterlesen

Fachkräftemangel in der IT trifft StartUps besonders (heise). Dass allenthalben Fachkräfte fehlen, ist eine Binsenweisheit. Ebenso, dass große Arbeitgeber bekannter und damit oft auch beliebter sind. In der IT-Branche leiden darunter insbesondere StartUps, die – wiewohl oft attraktiv – häufig von Arbeitssuchenden gar nicht wahrgenommen werden. weiterlesen

THEMA IM FOKUS

KI & Nachhaltigkeit: Keine Kleinigkeit. Nachhaltigkeit ist ein großer Themenkomplex, der längst auch Einzug in die Informatik gefunden hat, wie unter anderem die 51. Jahrestagung der Gesellschaft für Informatik mit dem Titel „Computer Science & Sustainability“ (gi.de) im letzten Jahr zeigt. Neue Technologien aus dem Fachgebiet bieten Chancen für eine nachhaltigere Welt, sind aber gleichzeitig nicht ohne Kosten. Vordergründig werden diese oft durch den Ressourcenverbrauch der Technologien dargestellt. So erfordern Methoden des maschinellen Lernens, einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, einiges an Rechenleistung und verursachen dadurch wiederum einen enormen Stromverbrauch (informatik-aktuell.de). Nach einer Studie der University of Massachusetts Amherst gibt es Beispiele für neuronale Netze, die über den Verlauf eines Tages, den sie trainiert werden, etwa den gleichen CO2-Ausstoß produzieren wie fünf Autos inklusive Kraftstoff über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg. Im Vergleich dazu produziert ein Mensch im Jahr durchschnittlich rund 11.023 CO2e (lbs) und würde somit eine ähnliche Menge erst nach etwas über 56 Jahren erreichen (arxiv.org). Ein weiteres Beispiel für den hohen Stromverbrauch beim Einsatz von Methoden der Künstlichen Intelligenz ist IBM Watson, der bei seinem Sieg im Jeopardy-Duell in 2011 etwa 85.000 Watt benötigte (spektrum.de).

Obwohl die Betrachtung des Ressourcenverbrauchs für eine Nachhaltigkeitsanalyse sicher der richtige Einstieg ist, reicht es nicht aus, die messbaren Kosten zu betrachten. Bereits seit dem 18. Jahrhundert ist das vorausschauende Handeln ein weiterer, wichtiger Aspekt der Thematik. Wie etwa bei Hans Carl von Carlowitz, dem Begründer der nachhaltigen Forstwirtschaft, der sich mit der Frage auseinandersetzte, wie im Einklang mit der Wissenschaft die Forstwirtschaft nachhaltig, beständig und erhaltend eingesetzt werden kann (wikipedia.org).

Implizit beinhaltet diese Voraussicht also auch eine Verpflichtung. So muss man sich heute wie damals die Frage stellen, ob eine entwickelte und eingesetzte Methode auch von kommenden Generationen weiter genutzt werden kann, oder ob dadurch vielleicht unerwünschte Strukturen gefördert werden. Ist eine verwendete Methode nachvollziehbar? Kann man dem Ergebnis vertrauen? Und wie ist das Ergebnis entstanden? Hier gilt es, den Umgang mit KI zu schulen, sodass sowohl die zugrunde liegenden Daten korrekt gewählt, als auch die Ergebnisse richtig interpretiert werden können. (informatik-aktuell.de).

Noch weitaus komplexer wird die Betrachtung, wenn man den Nutzen, den die Künstliche Intelligenz für die Nachhaltigkeit bieten kann, ihren Kosten gegenüberstellt. Zum Beispiel, wenn das Unternehmen everwave (everwave.de) mit Hilfe von KI der Herkunft von Müll in Flüssen auf den Grund geht, oder das Startup BeetleForTech (beetlefortech.com) KI-Methoden nutzt, um die nachhaltige Waldbewirtschaftung und Forstwirtschaft digital abzusichern – ganz im Sinne von Herrn von Carlowitz. Im Projekt NaLamKI (nalamki.de) wiederum sollen landwirtschaftliche Prozesse durch KI-Methoden und (teil-)autonome Fahrzeug- und Agentenverbünde optimiert werden, um diese nachhaltiger, effizienter und transparenter zu gestalten.

Wie gleicht dieser Nutzen also die Kosten der eingesetzten Methoden aus, wenn sich diese womöglich sogar noch in der Entwicklung befinden und die tatsächliche Einsparung im verbesserten Prozess lediglich vermutet werden kann?

Die Antwort auf diese Frage sowie die damit verbundene Bewertung erfordert nicht nur das Fachwissen der Fachleute aus Entwicklung und Forschung, die Vorteile, Nachteile und Kosten transparent darzustellen und die Möglichkeiten, sowie die Beschränkungen klar aufzuzeigen, sondern auch eine gesellschaftliche und politische Verpflichtung: sich vorab, im Rahmen der Technikfolgenabschätzung über den Ressourcenverbrauch hinaus zu informieren und an den richtigen Stellen anzusetzen, zu fördern und zu schulen. Das Thema Nachhaltigkeit betrifft uns alle.

Dieser Überblick wurde verfasst von Sarah Groos aus der Redaktionsgruppe „SocIeTy“. Da sowohl gesellschaftlich als auch politisch insbesondere im Rahmen der Verwendung neuer Technologien immer wieder Diskussionsbedarf entsteht, freuen wir uns, gemeinsam einen Diskurs zu genau solchen Themen zu gestalten. Verlinken (und folgen) Sie uns gerne auf Twitter unter @society_read. Sie erreichen uns außerdem unter redaktion.sozioinformatik@cs.uni-kl.de.

GI-MELDUNGEN

Informatik Monitor zum Informatikunterricht in den Bundesländern erschienen. Dass der Schulunterricht in den Ländern durchaus unterschiedlich ist, wissen alle Eltern. Gerade, wenn es um Fächer wie die Informatik geht, ist der Unterricht in den Ländern heterogen. In einer breit angelegten Studie hat die Universität Rostock ihre Synopse aus dem Jahr 2001 fortgeführt und veröffentlicht, wie es um den Informatikunterricht in den einzelnen Bundesländern bestellt ist.  weiterlesen

GI-Beirat für den wissenschaftlichen Nachwuchs (WiN) sucht selbst Nachwuchs. Der WiN ist Ansprechpartner bei Fragen rund um den wissenschaftlichen Nachwuchs. Dazu zählen u.a. Doktorandinnen/Doktoranden, Postdocs, Nachwuchsgruppenleitungen und Juniorprofs bzw. der sogenannte wissenschaftliche Mittelbau im Allgemeinen. Wir suchen Mitglieder, die den Beirat und somit den wissenschaftlichen Nachwuchs unterstützen möchten. Derzeit bereiten wir den 3. Workshop zur Karriereplanung für Nachwuchswissenschaftler*innen auf der INFORMATIK 2022 vor. Außerdem arbeiten wir aktuell an einer Umfrage zur Lage und den Bedürfnissen des Mittelbaus. Des Weiteren haben wir das Mentoringprogramm für Masterstudierende und Promovierende zusammen mit den Juniorfellows auf die Beine gestellt. Für weitere Informationen und bei Interesse schreiben Sie uns:  weiterlesen

GI-Fachgruppe TAV lobt Preis für Softwarequalität aus. Gemeinsam mit dem Netzwerk ASQF und dem German Testing Board lobt die GI-Fachgruppe TAV zum zweiten Mal einen Preis für Softwarequalität aus. Mit dem Preis sollen Personen, Unternehmen, Initiativen etc. ausgezeichnet werden, die sich um Qualitätssicherung, Weiterbildung und Normen in Bezug auf die Verbesserung von Software verdient machen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. weiterlesen

 

Kennen Sie eigentlich den GI-Pressespiegel? Dort sammeln wir die Berichterstattung über unsere Fachgesellschaft in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen. Diesmal berichtet die österreichische Zeitung Der Standard über den von GI und dem europäischen Dachverband CEPIS initiierten Brief zum strittigen Thema Chatkontrolle. Heise berichtet über unseren oben genannten Informatik Monitor und den Jugendwettbewerb Informatik. Schauen Sie rein, es gibt da immer wieder Neues oder auch ältere Fundstücke.

FUNDSTÜCK

Was macht gute Lehrende aus? Gedanken über den sokratischen Eid (NZZ). Der hippokratische Eid als Verpflichtung für Ärztinnen und Ärzte dürfte den meisten geläufig sein. Aber wussten Sie auch, dass es einen sokratischen Eid für Lehrende gibt? Bildung und Ausbildung sind auch für die GI ein höchst relevantes Thema, natürlich immer mit dem Fokus auf die Informatik. Aber wie unsere Kinder grundsätzlich ausgebildet werden, ist für Sie, für uns und die Gesellschaft äußerst wichtig. Häufig jedoch hängt die Qualität von Unterricht von den Unterrichtenden ab. Warum diese eine besondere Verpflichtung haben und welche Grundsätze hier zu bedenken sind, fasst der sokratische Eid zusammen.  Zum Fundstück (nzz.ch)

Welches Fundstück hat Sie zuletzt inspiriert? Senden Sie uns Ihre Ideen!

 

Dies war Ausgabe 308 des GI-Radars. Zusammengestellt hat diese Ausgabe Dominik Herrmann, der Sie, liebe Leserinnen und Leser noch einmal dazu aufruft, sich mit Ideen und Texten bei uns zu melden, damit wir im GI-Radar weiterhin interessante Themen im Fokus vorstellen können. GI-Geschäftsführerin Cornelia Winter hat die Mitteilungen und Meldungen zusammengetragen. Das nächste GI-Radar erscheint am 22. April 2022.

Im GI-Radar berichten wir alle zwei Wochen über ausgewählte Informatik-Themen. Wir sind sehr an Ihrer Meinung interessiert. Für Anregungen und Kritik haben wir ein offenes Ohr, entweder per E-Mail (redaktion@gi-radar.de) oder über das Feedback-Formular bei SurveyMonkey. Links und Texte können Sie uns auch über Twitter (@informatikradar) zukommen lassen.